1. Die neue Umsatzsteuerbefreiung fr Wohlfahrtspflegeeinrichtungen
Das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Frderung der Elektromobilitt und zur nderung weiterer steuerlicher Vorschriften" bringt fr gemeinntzige Einrichtungen eine ganze Reihe von nderungen bei den Umsatzsteuerbefreiungsregelungen. Wir erlutern hier und in den folgenden Ausgaben unseres Newsletters die Neuerungen. Hinweis: Unsere bersicht ber die steuerlichen nderungen zum Jahreswechsel in letzten Vereinsinfobrief enthielt einen Fehler: Die nderungen im Umsatzsteuergesetz treten schon zum 1.01.2020 in Kraft. Die Rechnung des 4 Nr. 18 UStG lautet knftig: "eng mit der Sozialfrsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des ffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, drfen nicht verteilt, sondern mssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Fr in anderen Nummern des 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht." Das entspricht weitgehend Artikel 132 Abs. 1 g der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL). Diese befreit "eng mit der Sozialfrsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenstnden, einschlielich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des ffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden". Art. 132 Abs. 1 g MwStSystRL befreit aber nur als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Organisationen. Der neue 4 Nr. 18 UStG setzt dagegen nur die fehlende Gewinnerzielungsabsicht voraus. Voraussetzungen fr die Steuerbefreiung Die neue Regelung des 4 Nr. 18 UStG nennt drei Voraussetzungen fr die Steuerbefreiung: Es muss sich um eng mit der Sozialfrsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handeln. Die Leistungen mssen von Einrichtungen ohne systematische Gewinnerzielung erbracht werden. Die Leistung darf nicht unter eine andere Regelung des 4 UStG fallen - also nicht schon nach anderen Vorgaben befreit sein. Was ndert sich? In der Neuregelung fehlen mehrere Anforderungen der bisherigen Befreiungsvorschrift: Die formelle Gemeinntzigkeit wird nicht mehr verlangt, sondern nur ein fehlendes Gewinnstreben. Die Mitgliedschaft in einem anerkannten Wohlfahrtsverband ist nicht mehr erforderlich. Es ist also nicht mehr gefordert, dass die Preise unter denen vergleichbarer nicht begnstigter Unternehmen liegen. Hinweis: Von Bedeutung ist vor allem, dass die Mitgliedschaft in einem anerkannten Wohlfahrtsverband entfllt. Vielfach wurden gemeinntzige Einrichtungen hier bisher nur Mitglied, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen. Einrichtung ohne Gewinnstreben Einrichtungen drfen nach der neuen Vorschrift keine systematische Gewinnerzielung anstreben und drfen etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, nicht verteilen, sondern mssen sie zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwenden. Dabei hlt der EuGH es ausdrcklich fr zulssig, Rcklagen fr die Finanzierung der Erhaltung und knftigen Verbesserung der Anlagen zu bilden. Die Einrichtung darf sogar systematisch danach streben, berschsse zu erwirtschaften, wenn sie sie anschlieend fr die Durchfhrung ihrer Leistungen verwendet (EuGH, 21.3.2002, Rs C-174/00). Damit sind nach den deutschen Steuervorschriften gemeinntzige, mildttige oder kirchliche Einrichtungen in jedem Fall Einrichtungen ohne Gewinnstreben im Sinn des neuen 4 Nr. 18 UStG. Grundstzlich gilt die Steuerbefreiung auch fr nicht als gemeinntzig anerkannte Einrichtungen. Unklar ist aber, wie solche Einrichtungen den Nachweis des fehlenden Gewinnstrebens fhren knnen. Nach Auffassung des EuGH ist es Sache der zustndigen nationalen Stellen (in Deutschland also der Finanzmter), zu prfen, ob eine Einrichtung nach ihrem satzungsmigen Zweck und unter den konkreten Umstnden des Falles die Voraussetzungen erfllt (EuGH, Urteil vom 21.3.2002, Az. Rs C-174/00). Die Frage, ob das Fehlen eines Gewinnstrebens auch ohne formelle Gemeinntzigkeit angenommen werden kann, hat der BFH dem EuGH zur Prfung vorlegt (XI R 29/08).Eine Entscheidung steht aber noch aus.
Eng mit der Sozialfrsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen Eng mit der Sozialfrsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen liegen vor, wenn sich die Leistung unmittelbar hilfsbedrftige Menschen richtet. Der Gesetzentwurf bezieht das insbesondere auf wirtschaftliche Hilfsbedrftigkeit. Insgesamt ist damit weiterhin gewhrleistet, dass die Hauptaufgaben der anerkannten Verbnde der freien Wohlfahrtspflege und deren Mitglieder unverndert von der Umsatzsteuer befreit sind. Der Begriff "eng" wird im Sinn von "unmittelbar" verwendet. Insofern gilt hier die gleiche Vorgabe wie in der alten Vorschrift. Nicht mehr unter die Befreiung nach 4 Nr. 18 UStG fllt die Verpflegung von Schlern und Studenten. Die Steuerbefreiung dieser Leistungen ist knftig in 4 Nr. 23c UStG geregelt.
Einzelflle Zu den eng mit der Sozialfrsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenstnden gehren nach bisheriger Rechtsprechung: die Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung krperlich oder wirtschaftlich hilfsbedrftiger Personen sowie Leistungen der ambulanten Pflege die Gestellung einer Haushaltshilfe (BFH, Urteil vom 30.7.2008, XI R 61/07), Leistungen der Kinderbetreuung (EuGH, Urteil vom 9.2.2006, C-415/04), Betreuungsvereine bei rechtlicher Betreuung nach 1900 BGB (BFH, Urteil vom 25.4.2013, V R 7/11). Hausnotrufdienste (BFH, Urteile vom 3.8.2017, V R 52/16) Arbeitsvermittlung an Arbeitsuchende mit einem Vermittlungsgutschein nach 421 g SGB III (BFH, Urteil vom 29.7.2015, XI R 35/13) Verwaltungsleistungen fr Zivildienstleistende und -trger (BFH, Urteil vom 23.7.2009, V R 93/07), sofern die Einsatzstellen mit den Freiwilligen Aufgaben im sozialen Bereich erfllen. Verfahrensbeistnde zur Vertretung der Kindesinteressen bei familienrechtlichen Verfahren (BFH, Urteil vom 17.7.2019, V R 27/17) Der Gesetzentwurf nennt auerdem folgende Flle: Leistungen der Schuldnerberatung im auergerichtlichen Insolvenzverfahren, die Leistungen der "Tafeln", der Frauenhuser nach 36a SGB II, die Beratung und Hilfe fr Obdach-und Wohnungslose, Beratungsleistungen fr Angehrige drogen- oder alkoholabhngiger Menschen, Leistungen im Zusammenhang mit Migration Leistungen der Beratungsstellen fr Ehe-und Lebensfragen, Beratung und Hilfe fr Strafentlassene sowie fr Prostituierte. Keine Erweiterung anderer Befreiungsregelungen Der neue 4 Nr. 18 UStG regelt in Satz 3 ausdrcklich, dass fr Leistungen die nach anderen Regelungen des 4 befreit sind, die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht kommt. Das soll sicherstellen, dass 4 Nr. 18 UStG nicht zur Ausweichregelungen fr Flle wird, bei denen die Voraussetzungen der einschlgigen Befreiungsregelungen nicht vollstndig erfllt sind. => zum Seitenanfang |