Wird diese Nachricht nicht richtig dargestellt, klicken Sie bitte hier. Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser Heute lesen Sie mehr über Eincheckzeiten und Sicherheitskontrollen. Zeitungen sind schon jetzt voll mit Hiobsbotschaften. Dazu gehören auch die Fluggastrechte. Wie leicht können die Rechte aus der Fluggastverordnung 261/2004 in der Schweiz durchgesetzt werden? Und ersetzt eine Stadtrundfahrt ein Musical? Sie dürfen diesen Newsletter gerne an interessierte Leserinnen und Leser weiterleiten, hier kann man «Travel ius» abonnieren Anmeldung "Travel ius" . Wer den Newsletter als PDF-Datei downloaden möchte, hier der Link: "Travel ius"-Bibliothek Hinweis: Webinare zum neuen Datenschutzgesetz sind in Vorbereitung.
Viel Vergnügen mit diesen "Travel ius".
Rolf Metz, Rechtsanwalt
| 1. Risiko Eincheckzeiten und Sicherheitskontrollen
In Zeitungen wird schon jetzt vor langen Eincheckzeiten und langen Schlangen bei den Sicherheitskontrollen gewarnt. Und so kommt ein Anruf eines Reisbüros nicht überraschend, welches wissen wollte, wer denn hafte, wenn man aus diesen Gründen den Flug verpasse. Nun Warte-schlangen gibt es z.B. bei Ferienbeginn immer wieder, das Thema ist also nicht neu.
Gemäss der Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 muss der Fluggast rechtzeitig einchecken und sich rechtzeitig beim Gate einfinden. «Rechtzeitig» bedeutet gemäss den Zeiten der Fluggesellschaft. Das heisst Wartezeiten vor dem Einchecken resp. bei Sicherheitskontrollen gehen zu Lasten des Fluggastes. Er muss solche Zeiten bei der Planung berücksichtigen. So kann man auch nicht damit rechnen, dass die Sicherheitskontrolle schlank erledigt werde. Selbst wenn keine Schlange besteht, kann es sein, dass man zur Kontrolle ausgewählt wird (z.B., wenn der Logarithmus des Systems einen auswählt) und dann kann es lange dauern.
Der Deutsche Bundesgerichtshof musste gerade einen solchen Fall entscheiden. Auf einigen deutschen Flughäfen besteht das EasyPASS-System, ein automatisiertes Grenzkontrollsys-tem.
Eine Familie wollte dieses nutzen. Doch das klappte nicht, da eines der Kinder nicht das Min-destalter hatte. Darauf kam es bei Passkontrolle zu weiteren Verzögerungen. Die Familie verpasste ihren Flug. Sie verklagte dann den Flughafen auf 2’80.08 Euro, da dieser die Voraussetzungen für die Nutzung von EasyPass nicht korrekt kommuniziert habe. Die Klage wurde abgeschmettert.
Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass der Passagier selbst einen ausreichenden Zeitpuffer für Sicherheits- und Passkontrolle einrechnen muss. Auf Verzögerungen und Wartezeiten müsse sich der Passagier einstellen. Und er könne sich auch nicht auf ständige Betriebsbereitschaft der computergesteuerten elektronischen Grenzkontrolle verlassen. Zudem muss er sich selbst über die Voraussetzungen für die Nutzung von EasyPass bei der kompetenten Stelle (Bundespolizei) erkundigen. (Urteil vom 8.12.2022, Aktenzeichen III ZR204/21).
Hinweis: Gemäss einem anderen Urteil muss die Fluggesellschaft eine angemessene Anzahl Checkin-Schalter betreiben, um die Passagiere innert nützlicher Frist «abarbeiten» zu können. Und es gibt auch ein anderslautendes Urteil zu Sicherheitskontrollen. – Doch was nützen diese Urteil, die Ferien beginnen gleichwohl schlecht.
Für Reisebüros wichtig: Auf Bestätigungen und Reiseunterlagen sollte nicht nur die späteste Check-In-Zeit angegeben werden, sondern auch ein Hinweis auf die empfohlene Einfindungs-zeit des Flughafens resp. der Fluggesellschaft. |
| 2. Fluggastrechte
Die Durchsetzung der Fluggastrecht (EU-Verordnung 261/2004) ist in der Schweiz nicht ganz einfach.
Einerseits liegen Urteile der Gerichte von Basel-Stadt und Bülach vor, welche die Anwendbar-keit der Verordnung für die Schweiz einschränken wollen und andererseits sind die Schreiben der Fluggesellschaften manchmal etwas «eigenartig», indem sie den Begriff «aussergewöhnli-che Umstände», sehr zu ihren Gunsten interpretieren, weitab von der gängigen Gerichtspraxis. Doch man sollte sich nicht entmutigen lassen.
Es gibt verschiedene Wege, um zu seinem Geld zu kommen:
Die Durchsetzung der Rechte im EU-Ausland kann einfacher sein und da können sich die Fluggesellschaften auch nicht auf die schweizerischen Urteile berufen.
Wenn diese Weg nicht möglich ist und die Fluggesellschaft nicht zahlen will, kann man sich an das Bundesamt für Zivilluftfahrt wenden und eine Anzeige machen hier Link zur Webseite des BAZL
Der dritte Weg ist der zu einem spezialisierten Inkassobüro. Doch hier ist Vorsicht gebo-ten, wie das BAZL auf der zitierten Webseite schreibt. Also vorher im Internet recherchieren.
Und der letzte Weg geht vor Gericht. Das ist der Weg, der mit dem grössten Risiko ver-bunden ist. Muss doch der Passagier u.U. einen Anwalt beiziehen, dann einen Gerichtskos-tenvorschuss bezahlen und trägt das sogenannte Prozesskostenrisiko. Sollte das Gericht die Klage abweisen, muss der Passagier alle Gerichtskosten übernehmen, der Gegenseite eine Entschädigung bezahlen und, wenn er selbst einen Anwalt beigezogen hat und dessen Honorar. Also ein grosses finanzielles Engagement.
Doch Fluggesellschaften kennen ihre Rechte und Pflichten genau und so kann es sein, dass sie bei einem drohenden Prozess einen Vergleich vorschlagen oder wenn die Klage bereits eingereicht ist, die Forderung begleichen. Dies zeigt der Artikel von Sebastian Reichle, Dr. iur. und Rechtsanwalt in Zusammenarbeit mit Tobias Scheiwiler (B.A. HSG) «Kreisgericht Rorschach VV.2019.18.18-RO3ZE-MLU: Rückflug von Kapstadt nach Zürich mit über 16 Stunden Verspätung – wie man (auch) in der Schweiz zur Ausgleichszahlung gemäss Fluggastrechteverordnung (EG) 261/2004 kommt». Die Autoren schildern eindrücklich, wie mühsam Gerichtsverfahren sein können und wie Fluggesellschaften ein Urteil zu ihren Ungunsten vermeiden. – Doch der Aufwand ist gross. (AJP/PIA 3/2020, S. 372 ff.).
| 3. Programmänderungen nach Abreise
Wir nehmen ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes zum Anlass, die rechtliche Seite von Programmänderungen nach Reisebeginn zu erläutern.
Ein Reiseveranstalter hatte eine Pauschalreise «Fahrt ins Blaue» angeboten. Reiseziel und Reiseprogramm waren anlässlich der Buchung nicht bekannt. Bei Beginn der Reise wurde den Reisenden das Reiseprogramm ausgehändigt. Neben Hotelunterkunft in Hamburg und verschiedenen Aktivitäten wurde auch der Besuch des Musicals «Cirque du Soleil Paramour» aufgeführt. Doch aus dem Musical wurde nichts. Der Besuch war nicht möglich*. Stattdessen wurde eine dreistündige begleitete Stadtrundfahrt durchgeführt.
Eine Reisegruppe war damit nicht einverstanden und forderte eine Minderung des Reisepreises. Was der Bundesgerichtshof bejahte. (Urteil vom 14. Februar 2023, Aktenzeichen X ZR 18/22).
Nun wie sieht die Rechtslage in der Schweiz aus? Pauschalreisen «Fahrt ins Blaue» sind in der Schweiz unbekannt. Doch das Urteil wirft eine wichtige Frage auf: Unter welchen Umständen kann das Reiseprogramm geändert werden? Im vorliegenden Fall hatte die Reise schon begonnen und der Reiseveranstalter hatte mit der Übergabe des Reiseprogramms seine Auswahlfreit wahrgenommen und die zu erbringen Leistungen festgelegt. In der Regel werden die Leistungen in der (Prospekt-)Ausschreibung definiert und im Reiseprogramm allenfalls noch im Detail beschrieben. Daraus ergeben sich die Verpflichtungen des Reiseveranstalters. Und sobald die Reise begonnen hat (z.B. Check-In auf dem Flughafen bei einer Flugpauschalreise) werden Leistungsänderungen nach Art. 12 und 13 des Bundesgesetzes über Pauschalreisen beurteilt. Und die Sachlage ist eigentlich einfach: Ein Mangel der Reise liegt vor, wenn der «IST-Zustand» = erbrachte Leistungen vom «SOLL-Zustand» = vereinbarte Leistungen abweicht. Das ist ein rein objektiver Vergleich. Und daraus ergibt sich, dass auch nach Schweizer Recht ein Musicalbesuch nicht mit einer Stadtrundfahrt ersetzt werden kann. Die Reise ist mangelhaft und eine entsprechende Minderung geht zu Lasten des Veranstalters.
Hinweise wie «Programmänderungen vorbehalten» ändern an dieser Sachlage nichts.
*Hinweis: Das Musical wurde aufgrund von Corona abgesagt. Dieser Umstand spielt bei den allgemeinen Erläuterungen zu Art. 12 f. PauRG keine Rolle. – Ob die vielbeschworene «höhere Gewalt» vorgelegen hätte, müsste abgeklärt werden (war im Gerichtsverfahren kein Thema).
| Diesen Newsletter können Sie als PDF-Datei unter "Travel ius"-Bibliothek herunterladen. Mit freundlichen Grüssen Ihr Rolf Metz
| Wir beraten Sie in allen rechtlichen Fragen. Insbesondere bei Gründung eines Reisebüros, Ausarbeiten von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der rechtlichen Gestaltung von Internetseiten und Vertragsabschlüssen.
| Sämtliche Angaben erfolgen ohne Gewähr. Copyright Rolf Metz, 2023 |
|
Wenn Sie diese E-Mail (an: [email protected]) nicht mehr empfangen möchten, können Sie diese hier kostenlos abbestellen. Reisebuerorecht.ch Casella Postale 509 6614 Brissago [email protected]
|