Wird diese Nachricht nicht richtig dargestellt, klicken Sie bitte hier. Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser Unfälle mit Personen sind ein besonderes Risiko bei Pauschalreisen. In der Regel geht es um viel Geld, man landet in den Medien und Social Media mit einem möglichen Reputationsschaden. Auch wenn wir in der Schweiz gegen Unfälle versichert sind, heisst das nicht, dass der Veranstalter nicht bezahlen muss. (Sozial-)Versicherungen haben bei Schadenversicherungen ein Regressrecht (z.B. Art. 95c Versicherungsvertragsgesetz) und also können ihre Leistungen beim Schädiger zurückholen. Umso wichtiger ist zu wissen, wann der Veranstalter bei (Sport-)Unfällen haftet. Dazu ein kürzlich ergangenes Urteil.
Und dann die Frage, können auch Reiseleiter oder Tourguides eingeklagt werden?
Viel Vergnügen mit diesen "Travel ius".
Rolf Metz, Rechtsanwalt ________________________________________________________________________ Wir beraten Sie bei der rechtlichen Gestaltung von Websiten, Anmeldeformularen, Flyern, Prospekten, Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Datenschutzbestimmungen usw. Nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Hier geht es zum Formular. Sie dürfen diesen Newsletter gerne an interessierte Leserinnen und Leser weiterleiten, hier kann man «Travel ius» abonnieren . Wer den Newsletter als PDF-Datei downloaden möchte, hier der Link. ________________________________________________________________________
| 1. Sport- und andere Unfälle - wer haftet?
Reiseveranstalter, die Aktiv-Ferien anbieten, haben immer Angst, bei Unfällen haftbar zu sein. Ist das so? Dem wollen wir nachgehen. Anlass dazu ist ein kürzlich publiziertes Urteil zu einem Motorradunfall.
Der Reisende hatte ein Motorradreise in Kroatien gebucht. Im Pauschalpreis war der Trans-port des Motorrades nach Kroatien, sieben geführte Touren sowie sieben Übernachtungen mit Frühstück enthalten.
Die Teilnehmer wurden in Kroatien in drei Gruppen eingeteilt, wobei die erste Gruppe die bes-ten Fahrer umfassen sollte. Jeder Teilnehmer teilt sich selbst einer Gruppe zu. Unser Reisende teilt sich die Gruppe der besten Fahrer ein. – Sechs Touren verliefen gut. Auf der siebten Tour verunfallte der Reisende schwer und verstarb mehrere Wochen später. Die Heilbehand-lungskosten beliefen sich auf 112.164,09 €. – Musste der Veranstalter oder der Tourguide diese Kosten übernehmen?
Das Gericht stellte als erstes fest, dass der Reisende auf seinem eigenen Motorrad am Ausflug teilgenommen hatte. Und der Veranstalter also für den Zustand des Motorrades nicht haftet. So hatte er auch keine Transportverpflichtung übernommen, da jeder Teilnehmer sein Motorrad selbst steuerte. Mit anderen Worten haftet der Veranstalter nur für eigene Reiseleistungen.
Jetzt musste geklärt werden, ob der Reiseveranstalter allfällige Fürsorgepflichten verletzt hatte. Der Veranstalter hat nämlich Reisende auf Gefahren hinzuweisen, welche mit den Reiseleistungen in Verbindung stehen und mit denen der Reisende nicht rechnen muss oder sie nicht kennen kann. – Das ist einer der wichtigsten Punkte bei der Haftung bei Aktivitäten. Der Veranstalter hat entweder solche Gefahren zu beseitigen (Verkehrssicherungspflicht) oder die Teilnehmer darüber zu unterrichten, sodass sie sich in Kenntnis des Risikos für die Teilnahme entscheiden können.
Das Gericht führt dazu aus: «Allerdings muss der Reiseveranstalter nicht gegen alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritt Abwehrmassnahmen treffen. Er schuldet grundsätzlich nur solche Vorkehrungen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter (fett RM) Angehöriger der jeweiligen Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Per-sonen vor Schaden zu bewahren, und … die den Umständen nach zuzumuten sind.»
Das Gericht hält fest, dass der Verunfallte über den «grossen Motorradführerschein» (darf alle Motorräder führen) verfügte, dass auch in Kroatien die Verkehrsregeln einzuhalten sind, der Fahrer selbst dafür verantwortlich ist, dass Motorrad nach seinem Können und den Strassenverhältnissen zu führen, und er nicht verpflichtet war, dem Guide direkt nachzufahren. Es lagen daher keine Besonderheiten vor, welche eine Aufklärungspflicht begründet hätten.
So kommt das Gericht zum Schluss, dass weder der Veranstalter noch der Tourguide für den Unfall verantwortlich waren und wies die Klage ab.
In der Schweiz würde man zum gleichen Schluss kommen: Das Bundesgericht hat in ei-nem Fall zum Gleitschirmfliegen, die Eigenverantwortung des Gleitschirmpiloten hervor-gehoben. Und eine entsprechende Klage abgewiesen.
Auch wenn man eine Pauschalreise bucht, muss man sein eigenes Wissen und Können einsetzen. – Der Reiseveranstalter ist kein «Kindergärtner».
Urteil Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 10.11.2023, Aktenzeichen 3 U 23/23
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| 2. Kann man Reiseleiter, Tourguides einklagen?
Ja, man kann. Einklagen kann man immer.
Das Gericht muss dann prüfen, ob der Reiseleiter oder Tourguide selbst, d.h. persönlich haftet. Zwischen (verunfallten) Reisenden und Reiseleiter, resp. Tourguide besteht kein Vertrag. Nach Schweizer Recht käme somit höchstens die ausservertragliche Haftung zum Tragen. Und da müsste der Reiseleiter/Tourguide verschuldeterweise den Reisenden schädigen. Z.B. dass er beim Barbecue die Glut mit Brennflüssigkeit überschüttet und eine Stichflamme einen Reisenden verletzt.
Wichtig zu wissen ist, dass angestellte Reiseleiter/Tourguides in der Regel durch die Haft-pflichtversicherung des Reiseveranstalters versichert sind. Doch «free lance» Reiseleiter, Tourguides, d.h. selbstständig Erwerbstätige, sind nicht durch die Reiseveranstalter-Haftpflichtversicherung versichert. Diese brauchen eine eigene Berufshaftpflichtversicherung.
| Mit freundlichen Grüssen Ihr Rolf Metz
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