hier kommt unser Wochenüberblick mit den aktuellen Publikationen, Veranstaltungen und Jobs. Von nun an immer mit der Kurzanalyse ein*er DGAP-Expert*in zu Beginn. Russland nach Putin – Der Wandel kommt aus den Städten und Regionen von Stefan Meister, Leiter des Programms Internationale Ordnung und Demokratie bei der DGAP WORUM ES GEHT: Lokale Abgeordnete aus Moskau und St. Petersburg fordern den Rücktritt von Präsident Putin bzw. dessen Absetzung und Anklage wegen Hochverrats. Der Chef der kommunistischen Partei Russlands Gennadi Andrejewitsch Sjuganow spricht in der Duma von einem Krieg. Kreml-treue Journalisten kritisieren die militärische Kriegsführung. Ultrapatrioten fordern eine Generalmobilisierung und Umstellung auf eine Kriegswirtschaft. WAS AUF DEM SPIEL STEHT: Mit den massiven Geländegewinnen der Ukraine in der Region Charkiw wächst die Kritik an Wladimir Putin und der Armeeführung. Das Klima der Angst im Land weicht Kritik aus verschiedenen Lagern. Die Fassade des schnellen Sieges und der Spezialoperation bröckelt. Nicht nur in den beiden größten Städten melden sich kritische Stimmen, auch in Regionen, die massive Verluste an Soldaten verzeichnen, wird die Kritik lauter. Aufgrund der schwierigen militärischen Lage der russischen Armee verlangen nationalistisch gesinnte Kräfte die Ausrufung des Kriegsrechts. Eine Generalmobilmachung wäre jedoch unpopulär und würde die regionalen Eliten massiv unter Druck setzen. Deshalb hat sich das Regime für eine Teilmobilisierung entschieden sowie für Scheinreferenden in den besetzten Gebieten. Das heißt: Putin steht unter Druck, aber wird auf absehbare Zeit nicht fallen. Jedoch je mehr die Ukraine diesen Krieg für sich entscheiden kann, umso mehr wird sein Machtsystem bröckeln. WAS ZU TUN IST: Je mehr Waffen die westlichen Bündnispartner an die Ukraine liefert und Soldaten ausbildet, umso mehr beeinflussen sie die innenpolitische Stabilität des Systems Putin. Hier gibt es einen direkten Einflusshebel auf den Verlauf dieses Krieges, die Zukunft der Ukraine und auch Russlands. Die Teilmobilisierung und repressivere Gesetze zeigen vor allem, wie stark das Regime unter Druck steht. Es fehlen jedoch Debatten, wie es mit Russland nach Putin weitergeht. Es braucht neue Konzepte, was zu tun ist, wenn das System Putin kollabiert, Russland geschwächt ist bzw. der postsowjetische Raum sich weiter desintegriert. Ein Ansatz könnte in einer Stärkung der Städte, einer Regionalisierung und Föderalisierung des Landes liegen. Eine reine Isolation ist nicht der richtige Weg. Auch wenn viele Russen gegangen sind, bleiben progressive Kräfte im Land. Nur ein demokratisches Russland kann Stabilität und Sicherheit für die Ukraine und Europa gewährleisten. Wir brauchen eine langfristige Vision für ein anderes Russland. |