hier erhalten Sie unseren Wochenüberblick mit den neuesten Publikationen, Veranstaltungen und Jobangeboten. Wie gewohnt, finden Sie am Anfang eine Kurzanalyse von einer DGAP-Expertin oder einem DGAP-Experten. Frankreichs „Pivot to Europe“ Jacob Ross, Research Fellow, deutsch-französische Beziehungen WORUM ES GEHT: Während der Bundeskanzler in der Taurus-Frage weiter in der Defensive ist, positioniert sich Emmanuel Macron als europäischer Taktgeber. Seine Äußerungen zu Bodentruppen in der Ukraine wurden zwar vielerorts zurückgewiesen. Gerade osteuropäische Verbündete sind insgeheim aber dankbar, dass Macron dem Kreml die Stirn bietet. Litauens Präsident Gitanas Nauseda etwa lobte bei der Eröffnung des Paris Defense and Strategy Forums, das letzte Woche erstmals stattfand: Macron habe „neue Perspektiven eröffnet“. WAS AUF DEM SPIEL STEHT: Außenpolitisch kommen die Äußerungen Macrons nicht überraschend. Spätestens seit seiner Rede in Bratislava, 2023, positioniert er Frankreich in Europa neu, unterstützt die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine (eine historische Kehrtwende), betont die „strategische Solidarität“ Frankreichs. Macron stößt zudem Debatten an – über die „europäischen Dimension“ französischer Nuklearwaffen bis hin zur Diskussion um westliche Bodentruppen in der Ukraine. Kritiker fordern mit Blick auf die französische Unterstützung der Ukraine, die im EU-Vergleich bisher bescheiden ausfällt, aber mehr Taten, statt Worte. Sie vermuten innenpolitische Gründe für die neue Linie Macrons. Seine Wiederwahl gelang ihm 2022 schließlich auch dank der Inszenierung als Oberbefehlshaber in Kriegszeiten – für die Opposition wurde er in dieser Rolle unangreifbar. Doch die Bodentruppen-Äußerungen bergen Risiken für Macron, dessen Partei in Umfragen aktuell weit hinter den Rechtsaußen des Rassemblement National zurückliegt. WAS ZU TUN IST: Macron ist es ernst mit dem neuen Engagement für die europäische Sicherheit, das über ein kurzfristiges Wahlkalkül zu der Europawahl im Juni hinausgeht. Drei Jahre bleiben ihm, seine Vision einer souveränen EU, die er seit 2017 vorantreibt, in ein europapolitisches Erbe zu formen, das ihn überdauert. Bei der Umsetzung braucht Macron Hilfe, auch von der Bundesregierung. Denn die europäische Neuausrichtung stößt international auf Skepsis, da vielfach klassische französische Interessenspolitik vermutet wird. Und auch in Frankreich, wo die außen- und sicherheitspolitischen Rückschläge in Westafrika eine veritable Identitätskrise ausgelöst haben, wird sie kritisiert und befeuert die Frage, wieviel Einfluss Frankreich in der Welt noch hat. Aus deutscher Perspektive ist Macrons Rückbesinnung auf Europa zu begrüßen, da sie eine Annäherung der strategischen Kulturen fördert. Die Bundesregierung täte gut daran, Frankreich in den eigenen Führungsanspruch in Mitteleuropa einzubinden. |