Medien: Biden erlaubt Raketen gegen Russland – Habecks Kandidaten-Kür – Zoff in Brüssel
● Grüne: Habeck und die K-Frage |
● EU: Stillstand bei Spitzen-Posten |
● Antibiotika: Fehler von Kliniken |
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Liebe Leserin, Lieber Leser,
eines vorweg: Es gibt kaum einen dümmeren Trend, als das Geläster über „alte weiße Männer“. Wer über sie herzieht, ist selbst zu beschränkt, um die Expertise von Menschen mit jahrzehntelanger Berufs- und Lebenserfahrung zu würdigen – unabhängig davon, ob man die jeweiligen Positionen teilt. Und ja, natürlich kommen manche Exemplare der Silberrücken etwas zu professoral daher. Andere trauern offenkundig der früheren Chef-Position nach, die ihnen stets Gehör verschaffte – was außer Dienst nicht mehr automatisch so ist. Vielleicht hatte Thomas Haldenwang genau davor Sorge, als der 64-Jährige auf das bevorstehende Ende seiner äußerst erfolgreichen Beamten-Karriere blickte. Sie hat ihn an die Spitze des Bundesamts für Verfassungsschutz geführt. Und hätte ihn sicher auch im Ruhestand gut beschäftigt – Verwaltungshochschule Speyer, Keynote-Speaker, Autor… Stattdessen will er in den Bundestag. Für die CDU. Deren Parteizentrale in Berlin ist davon in etwa so begeistert, wie von Fußpilz. Doch das Adenauer Haus kann und wird nicht eingreifen, weil nun mal – innerparteiliche Demokratie – Wuppertal am Ruder ist. Die Entscheidung dort fällt am 30. November. Bislang teilt der Kreisverband Haldenwangs Instinktlosigkeit. |
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| Ex-Verfassungsschutzschef Thomas Haldenwang erweist dem Staat einen Bärendienst (© AP) |
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Der „taz“ sagte der frische gebackene Ex-Verfassungsschutzchef jetzt: „Mir geht es um die parlamentarische Arbeit. Ich strebe kein höheres Amt mehr an.“ Dabei könnte man meinen, Bundestagsabgeordneter sei genau das, ein höheres Amt. Erstaunlich, wie man mit dem Staatsverständnis eines Grottenolms an die Spitze einer Bundesbehörde gelangt ist. Der Verfassungsschutz ist nicht irgendein Bundesamt, es geht nicht um Bauwesen, Kartographie oder Strahlenschutz. Es ist der Inlandsgeheimdienst. Er verfolgt Verfassungsfeinde – und darf niemals, wie die Politische Polizei im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und erst recht unter den Nazis gegen politische Gegner instrumentalisiert werden. Deshalb muss seine Leitung, mehr noch als alle anderen Staatsdiener, über jeden Verdacht der Parteilichkeit erhaben sein. „Ich habe mein Amt immer neutral ausgeübt“, betont Haldenwang. Und tut mit seiner Kandidatur alles, um genau das in Zweifel zu ziehen. Es reicht der böse Anschein. Und natürlich kostet die AfD, die der Verfassungsschutz – zurecht – im Visier hat, das nun genüsslich aus. Kaum vorstellbar, dass Haldenwang das nicht vorausgesehen hat. In den USA können wir seit Jahren live beobachten, wie das Vertrauen in staatliche Institutionen untergraben wird – mit dramatischen Folgen. Bei uns hat Thomas Haldenwang gerade die Schaufel in der Hand genommen. Oder sehe ich das zu kritisch? Schreiben Sie uns an [email protected] |
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| Die neue Grünen-Spitze um Robert Habeck (© EPA) |
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Robert Habeck: Ein bisschen Kanzlerkandidat |
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Die Grünen haben jetzt auch offiziell ihren Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl: Beim Parteitag in Wiesbaden wurde Robert Habeck mit 96,5 Prozent gewählt. Das Wort „Kanzlerkandidat“ sucht man im Beschlusspapier vergebens. Statt dessen steht da: „Robert Habeck hat das Zeug zu einem guten Bundeskanzler.“ „Ich will Verantwortung suchen und tragen“, war der zentrale Satz seiner einstündigen Bewerbungsrede. Ein weiterer: „Wenn es uns ganz weit trägt – dann auch ins Kanzleramt.“
Habecks wichtigste Unterstützer sind Außenministerin Annalena Baerbock, 44, sowie die neuen Parteivorsitzenden Franziska Brantner, 45, und Felix Banaszak, 35. Die Reala und der linke Pragmatiker waren Habecks Wunschduo. Die beiden müssen die Parteizentrale schnell kampagnenfähig machen und die Basis mobilisieren. Laut Brantner weiß man nun auch, warum Grüne bei Parteitagen so gerne stricken. „Die Antwort heißt: Winter-Wahlkampf“.
Warm anziehen muss sich auch Habeck. Als Wirtschaftsminister hatte er drei Jahre Zeit für „soziale Klimapolitik“. Das missglückte Gebäudeenergiegesetz – bei vielen Bürgern „Heizungsverbot“ – will er als Learning eines politischen Praktikers verkaufen. Sein Versprechen: Energie bald preiswerter machen für Bürger und Wirtschaft.
In den Umfragen liegt seine Partei jedoch nur bei 12 Prozent. Hoffnung machen ihr die 11.000 Parteieintritte seit dem Ampel-Aus – ein Vertrauensvorschuss, den die kräftig angeschlagenen Grünen erstmal rechtfertigen müssen. |
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| In Rio de Janeiro beginnt der G20-Gipfel (© Reuters) |
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G20-Gipfel im Schatten des Ukraine-Kriegs |
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Ab heute versammeln sich die Staats- und Regierungschefs der Industrie- und Schwellenländer zum G20-Gipfel in Rio de Janeiro. Im Mittelpunkt stehen neben Klimawandel und Energiewende vor allem die Kriege in Nahost und der Ukraine. Bundeskanzler Scholz äußerte sich enttäuscht, dass Gastgeber Brasilien den ukrainischen Präsidenten Selenskyi nicht zu dem zweitägigen Gipfel eingeladen hat.
Vladimir Putin, gegen den ein internationaler Haftbefehl vorliegt, wird durch Russlands Außenminister Lawrow vertreten. US-Präsident Joe Biden, der bereits in Brasilien angekommen ist, hat der Ukraine laut Medienberichten den Einsatz von US-Langstreckenraketen vom Typ ATACMS gegen russische Ziele im Landesinnern genehmigt. Bislang geltende Einsatz-Beschränkungen seien aufgehoben, heißt es unter Berufung auf Regierungsvertreter. Die Raketen haben eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Die „New York Times“ berichtet, es gehe zunächst um die von Ukrainern besetzte westrussische Region Kursk. Dort zeichnet sich eine Gegenoffensive Moskaus ab. Laut „Washington Post“ ist es eine Reaktion auf den Einsatz tausender nordkoreanischer Soldaten in der Region.
Erst am Sonntagmorgen hatte Russland einen der bislang schwersten Angriffe auf die Ukraine geflogen, vor allem auf Strom- und Wärmekraftwerke. Dabei seien mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen, hieß es, weitere acht beim späteren Beschuss eines Wohnhauses. Heute beginnen landesweite Stromabschaltungen. |
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| Kommissionschefin Ursula von der Leyen (© dpa) |
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EU-Kommission: Streit bei Spitzen-Personalien |
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Bis Freitag muss über die neue EU-Kommission entschieden sein, um im Zeitplan zu bleiben. Doch die Abmachung zwischen der bürgerlichen EVP und den Sozialdemokraten droht zu kippen. Im Europaparlament (EP) ist der Streit um drei geplante Kommissions-Vizepräsidenten festgefahren: Olivér Várhelyi (Ungarn, Gesundheit und Tierschutz), Raffaele Fitto (Italien, EU-Regionalfonds) und Teresa Ribera (Spanien, Wettbewerb). Várhelyi: Die Sozialdemokraten lehnen Viktor Orbáns Kandidaten ab. EVP-Chef Manfred Weber will Várhelyi jedoch nicht mithilfe der rechtskonservativen und -nationalistischen Gruppen im EP durchsetzen. Der CSU-Mann befürchtet u.a., dies könne der Union im Bundestagswahlkampf schaden.
Fitto: Die Sozialdemokraten wehren sich auch gegen soviel Einfluss für den Meloni-Gefolgsmann. Ein EVP-Vertreter ließ gegenüber FOCUS durchblicken, die Personalie sei lösbar, etwa, indem ein Ressort für Sozialdemokraten großzügiger zugeschnitten wird.
Ribera: Die spanische Umweltministerin ist enge Vertraute des sozialdemokratischen Regierungschefs Pedro Sánchez. Seit der Flutkatastrophe in Valencia reißt die Kritik an ihr nicht ab – spanische Konservative im EP wollen sie als Kommissarin verhindern.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will am 1. Dezember mit der neuen Kommission starten. Die Uhr tickt. |
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| Die Wall Street liebt Trump (© AP) |
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Trump-Boom: Wall Street hängt europäische Börsen ab |
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Nach dem Wahlsieg von Donald Trump dürften US-Aktien den Investoren 2024 erneut stärkere Kursgewinne bescheren als europäische Werte. Nach der aktuellen Kursentwicklung (Stand: Freitag, 20h) hat etwa der wichtigste US-Index S&P 500 seit Jahresanfang rund 24 Prozent gewonnen und zwischenzeitlich ein Rekordhoch bei 6017 Punkten erreicht. Der Dax kam im selben Zeitraum lediglich auf ein Plus von gut 14 Prozent.
Der Grund sei eine „Trump-Prämie“, so die Analysten von Barclays. Trump hatte angekündigt, die Unternehmenssteuern auf 15 Prozent zu senken. Bereits in seiner ersten Amtszeit (2017-2021) hatte er die nationale Körperschaftsteuer von 35 auf 21 Prozent reduziert. Je nach Bundesstaat kommen lokale Aufschläge hinzu. Außerdem will Trump die US-Industrie stärken, auch über Strafzölle.
Kritiker sagen zwar, dass diese Pläne nur mit einem weiteren Anstieg der ohnehin rekordhohen Verschuldung zu stemmen seien. Doch an der Wall Street sorgen die Pläne für Euphorie. Anders als in Europa: Viele Anleger „befürchten, dass Europa im kommenden Handelskrieg an vorderster Front stehen wird“, warnt etwa ING-Aktienexperte Chris Turner. |
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Montag: Airbus: Übergabe des ersten von 62 bestellten Hubschraubern H145M an Bundesminister Boris Pistorius (SPD) in Donauwörth Ukraine: 1000. Tag des russischen Einmarschs und des Kriegsbeginns Euro Finance Week: In Frankfurt treffen sich ab heute die Chefs von Banken und Notenbanken Dienstag: Brüssel: Treffen der EU-Verteidigungsminister. Präsident Wolodomyr Selenskyj spricht vor dem Europaparlament Fußball Nations League: In Budapest trifft die deutsche Nationalmannschaft auf Ungarn (20:45 Uhr, ZDF) Trump: Ein New Yorker Gericht entscheidet, ob der designierte US-Präsident trotz Schuldspruch im Schweigegeld-ProzessImmunität erhält Mittwoch: Corona: Der BGH entscheidet über die Verurteilung eines Richters wegen Rechtsbeugung. Er hatte Schulkinder in Weimar entgegen des Hygienekonzepts von der Maskenpflicht befreit. Donnerstag: EU: Die Handelsminister der 27 Mitgliedsstaaten beraten insbesondere über die künftigen Handelsbeziehungen mit den USA Beaujolais: Der erste Wein des laufenden Produktionsjahrs aus Beaujeu und Lyon geht in den Verkauf Freitag: COP29: In Baku endet die Weltklimakonferenz Jusos: Start des dreitägigen Kongresses der SPD-Jugendorganisation Jungsozialisten Samstag: Baden-Baden: Im Museum Frieder Burda beginnt mit „Yoshitomo Nara“ die erste große Retrospektive des japanischen Künstlers in Deutschland
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| Antibiotika: Ohne China geht es nicht (© dpa) |
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Kliniken: Antibiotika oft zu „breitbandig“ |
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Fachärzte der Universitätsklinik Freiburg haben „deutliche Defizite“ im Umgang mit Antibiotika festgestellt. Bei den überprüften zehn Krankenhäusern in Baden-Württemberg sei etwa ein Viertel der Therapien mit den Wirkstoffen „nicht adäquat“ gewesen. Zu den häufigsten Fehlern zählte, dass das jeweilige Mittel zu wenig auf den speziellen Erreger zugeschnitten war, im Fachjargon: zu „breitbandig“. Oft unterließen es die Klinikärzte auch, anfangs das Blut des Patienten genau zu untersuchen. Nur in einem Drittel der Fälle wurde, wie empfohlen, der Erfolg nach zwei bis drei Tagen kontrolliert.
Falsch eingesetzte Antibiotika sind ein wachsendes globales Problem – die Bakterien können resistent werden. Die heute beginnende „Awareness Week“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) macht darauf aufmerksam. Laut WHO sind Antibiotika-Resistenzen an rund fünf Millionen Todesfällen pro Jahr beteiligt. In Europa sterben etwa 35.000 Menschen daran.
Antibiotika werden in Europa außerdem immer wieder knapp, so der Pharma-Verband „progenerika“. Er warnt, die Abhängigkeit von China als mit Abstand größtem Hersteller sei „riesig“. Nur noch ein Fünftel der Produktionsstätten sitze in Europa. |
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Gewinner: Mit 600 wolligen Stars quer durch Nürnberg! Tim Gackstatter, Wanderschäfer in Ausbildung, hat die Schafherde seines Vaters wie jeden Herbst erfolgreich durch die Innenstadt auf ihre Winterweiden getrieben – und das Spektakel zieht immer mehr Schaulustige an. Die Schafe sind städtische Landschaftspfleger: Sie lockern den Boden auf, schaffen so Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen und sind sogar günstiger, als Rasenmäher. | |
Verlierer: Der Wahlkampf hat begonnen und Rolf Mützenich, 65, verliert keine Zeit, um das Niveau zu senken. Der SPD-Fraktionschef nannte Christian Lindner am Wochenende „ehrlos“. Hintergrund sind Medienberichte, wonach die FDP einen Ampel-Ausstieg schon länger geplant habe. Allerdings hat Bundeskanzler Scholz bereits seit Monaten Lindners Entlassung erwogen. Also bitte rhetorisch abrüsten. | |
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… geht der Trend doch wieder zum Fossilen. In Paris hat gerade jemand, der es sich offenbar leisten kann, 4,7 Millionen Euro für das größte Urzeit-Skelett hingelegt, das je versteigert wurde. Zum Glück muss der französische Privatsammler zuhause nicht umräumen, um den 20,5-Meter-Apatosaurier unterzubringen: Das vormals pflanzenfressende Getüm (Spitzname „Vulcain“) kommt als Dauerleihgabe ins Museum. | | Vulcain: das größte Dino-Skelett, das je unter den Hammer kam (© dpa) | Der Fossilien-Markt boomt: Erst im Juli kam in New York bei Sotheby’s ein rund 150 Millionen Jahre alter Tyrannosaurus rex für gut 45 Millionen Dollar unter den Hammer. Falls Sie also noch Inspiration für ein Weihnachtsgeschenk suchen… gern geschehen. Herzliche Grüße | | Tanit Koch |
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