Putin zu Gespräch mit Merz bereit
● Umfrage zur Russland-Politik |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, der Fall „White Tiger“, der gestern zur Festnahme eines mutmaßlich pädokriminellen 20-Jährigen in Hamburg führte, ist zu grausam, um hier Details zu schildern. Ich sprach mit einer Freundin darüber, die als Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche arbeitet. Selbstverletzungen begegnen ihr oft in der Therapie, doch hier, sagt sie, gehe es um „psychische Gewalt mit System“, um manipulativ gesteuerte Täter-Opfer-Dynamik. Sie frage sich: Wer oder was in unserer Gesellschaft hat den Selbstwert junger Menschen so reduziert, dass sie Opfer solcher Täter werden – und weiter den Kontakt suchen, trotz massiver körperlicher und seelischer Verletzungen? Viele Teenager fühlen sich unverstanden oder nirgends zugehörig. Doch „manche entwickeln die Überzeugung, bestimmte Formen von Gewalt oder Abwertung verdient zu haben.” Andere erlebten Missbrauch paradoxerweise als Zuwendung – gerade dann, wenn jemand scheinbar Verständnis zeigt und „da ist“. Ein Grund dafür: Jugendliche stünden heute unter enormem Druck, zu funktionieren. Fehlen dabei tragfähige Beziehungen, wirke das Internet wie ein Zufluchtsort: „anonym, scheinbar urteilsfrei, jederzeit erreichbar.“ Wer sich einsam fühlt, empfinde ein digitales Gegenüber als echte Nähe. |
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| Kinder lernen, sich auf der Straße nicht von Fremden ansprechen zu lassen. Im Internet ist diese Vorsicht genauso wichtig (© imago) |
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Gleichzeitig suchen junge Menschen – das ist entwicklungspsychologisch notwendig und gesund – Identität, Zugehörigkeit, Autonomie und Orientierung an Gleichaltrigen. Die Herausforderung für Eltern ist: Wie unterscheiden sie, ob der Rückzug ins Kinderzimmer normale Abgrenzung ist – oder ob tieferes Leid dahintersteckt? Sofern Jugendliche „emotional erreichbar“ seien, also in Kontakt bleiben, lachen, Interessen, Hobbys und Freundschaften haben, ist meist alles okay. Besorgt sollte stimmen, wenn der Rückzug anhaltend ist, Interessen schwinden, Gereiztheit, Erschöpfung oder Traurigkeit überwiegen. Was können Eltern konkret tun? Die Therapeutin rät: Echte Gespräche führen – nicht nur „Wie war dein Tag?“, sondern: „Was beschäftigt dich gerade? Wie geht es dir wirklich?“ Sicherheit vermitteln – „Du darfst mit allem zu mir kommen – auch mit Dingen, die dir peinlich sind. Ich bin da, urteile nicht und höre zu.“ Digitale Welt begleiten – nicht nur regulieren, sondern verstehen und offen über Risiken wie emotionale Manipulation sprechen. Warnsignale ernst nehmen – sozialer Rückzug, anhaltende Veränderungen im Verhalten oder der Stimmung. Früh Hilfe suchen – Beratungsstellen in der Schule oder Kinder- und Jugendtherapie sind wichtige erste Anlaufstellen. Oft reicht ein vertrauliches Gespräch, um belastende Entwicklungen zu erkennen. Die meisten, die das hier lesen, hatten – wie ich – eine offline-Jugend. Sie war nicht risikofrei, aber geprägt von persönlichen Kontakten. Umso mehr schulden wir es Jugendlichen nun, sie zu schützen: indem wir besser hinsehen, lernen, fragen und da sind. Was meinen Sie? Schreiben Sie an [email protected] |
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Kanzleramtschef Thorsten Frei hat die von Kanzler Merz geäußerte Unterstützung für die israelischen Angriffe auf Iran („erledigt für uns die Drecksarbeit“) verteidigt. Was der Kanzler mit seinen Worten ausgedrückt habe, sei, dass es nicht in unserem Interesse sein könne, dass „ein Terrorregime wie das iranische Mullah-Regime“ Atomwaffen besitze. Während Israel und der Iran ihre wechselseitigen Angriffe fortsetzen, bereiten sich die USA einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge auf einen möglichen Angriff auf den Iran vor. Unter Berufung auf Insider heißt es, die Situation entwickle sich weiter und könnte sich verändern. US-Präsident Donald Trump war zuvor Fragen ausgewichen, ob die US-Armee einen solchen Angriff plane: „Niemand weiß, was ich tun werde.“ | |
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| Die prominenten Unterzeichner des Manifests: Norbert Walter-Borjans, Ralf Stegner, Rolf Mützenich, Hans Eichel (© Fotomontage, dpa) |
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Russlands Krieg | SPD streitet um Friedensmanifest | Die Debatte um das Friedensmanifest in der SPD und den Umgang mit Russland wird voraussichtlich den kommenden Bundesparteitag prägen. Eine aktuelle Umfrage von Insa im Auftrag von FOCUS zeigt dabei, dass eine Mehrheit der Deutschen Ansichten des Papiers teilt. 64 Prozent der Befragten befürworten demnach Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Rund 49 Prozent gaben an, gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen zu sein. 53 Prozent aller Deutschen finden es laut der Umfrage aber richtig, die Bundeswehr aufzurüsten. Für eine Friedenspartei halten die SPD jedoch eher die eigenen Mitglieder (58 Prozent, dagegen nur 28 Prozent insgesamt). Prominente Sozialdemokraten hatten in einem sogenannten Manifest eine Umkehr in der Russlandpolitik der SPD gefordert. Wie die Parteispitze beim anstehenden Parteitag mit dem Papier umgeht, war zuletzt noch unklar. Kremlchef Putin stellt bislang unerfüllbare Maximalbedingungen für einen Waffenstillstand. Gestern erklärte er sich bereit zu einem Gespräch mit Kanzler Merz, warnte aber vor einem „sehr schweren Schaden“ für die deutsch-russischen Beziehungen, falls die Ukraine den Marschflugkörper Taurus erhält. |
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| Mecklenburg-Vorpommerns Landeschefin Manuela Schwesig (SPD, M.) ist für eine „vollständige Kompensation“ der Kommunen (© dpa) |
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Länder und Kommunen | Merz steckt mitten im Verteilungskonflikt | Es war die erste Ministerpräsidentenkonferenz für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), und es ging gleich ums Eingemachte: sehr, sehr viel Geld. Doch im Ringen um die Finanzierung eines Investitionsprogramms für die Wirtschaft will Merz den Ländern und Kommunen entgegenkommen. Der Bund werde sie „kurzfristig durch befristete, unmittelbare Kompensationsmaßnahmen entlasten“, beschlossen die 16 Ministerpräsidenten und Merz in Berlin. Auf Details einigte man sich allerdings nicht. Hintergrund: Das Programm, das die Wirtschaft in Schwung bringen soll, bedeutet wegen sinkender Steuern Einnahmeverluste – für die Kommunen 13,5 Milliarden Euro weniger, für die Länder 16,6 Milliarden und für den Bund 18,3 Milliarden. Unklar ist weiterhin, ob der Bund diese Steuereinbußen vollständig oder nur zum Teil ausgleicht – und auf welchem Weg Geld fließen soll. Merz machte deutlich, dass er Prioritäten bei den teils hoch verschuldeten Kommunen sieht. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, bisher sei nur ein „wichtiger Zwischenschritt“ erreicht. Die schwierigsten Fragen müssen noch ausgehandelt werden – bevor das Gesetz zur Wirtschaftsförderung am Donnerstag in den Bundestag kommt. |
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Bundespolizist Manuel Ostermann | „Wenn man den Helm nicht aufhat, kann man froh sein, noch zu leben“ | Bundespolizist und Gewerkschafter Manuel Ostermann veröffentlicht sein Buch „Deutschland ist nicht mehr sicher“. Im Interview spricht er über Verfehlungen seiner Behörde, Anfeindungen aus der Politik – und die Aussage, die ihm ein Disziplinarverfahren eingebracht hat. | Zum FOCUS+ Artikel |
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| Chinesische Produkte drängen in den Weltmarkt – teils mit unfairen Wettbewerbsvorteilen (© Reuters) |
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Verzerrter Wettbewerb | Chinas Wirtschaft wächst auf Kosten der deutschen | Die deutsche Industrie wird von ihrer Konkurrenz aus China zunehmend abgehängt. Dem Statistischen Bundesamt zufolge sind die deutschen Exporte 2024 um 1,7 Prozent auf 1,55 Billionen Euro gesunken. Die chinesischen Ausfuhren legten hingegen um 7,1 Prozent auf umgerechnet mehr als drei Billionen Euro zu. Das läge nicht nur daran, dass einige chinesische Firmen in den Bereichen Digitalisierung, KI und Batterien innovativer und wettbewerbsfähiger seien, sagt Ökonom Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Chinas Firmen seien auch „unfair gedopt durch hohe Subventionen des staatskapitalistischen Systems“. Außerdem sei der chinesische Yuan gegenüber dem Euro stark unterbewertet, der Wechselkurs nicht fair. Selbst effizient produzierende deutsche Firmen würden davon aus dem Markt gedrängt. Das deutsche Handelsbilanzdefizit gegenüber China stieg in den ersten vier Monaten dieses Jahres um 60 Prozent auf 26 Milliarden Euro. Heißt: Deutschland exportiert weniger nach, aber importiert mehr aus China. Unter den teils unfairen Kostenvorteilen litten besonders wichtige Exportbranchen wie die Autoindustrie oder der Maschinenbau, erklärt Matthes. Für den Fall, dass sich „problematische Wettbewerbsverzerrungen“ durch China nachweisen lassen, hält der Ökonom Ausgleichzölle für ein legitimes Mittel, um die europäische Industrie zu schützen. |
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| Bauministerin Verena Hubertz und Finanzminister Lars Klingbeil (beide SPD) im Kabinett (© dpa) |
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Bau-Turbo | Klingbeil: „Wir wollen, dass die Bagger rollen.“ | Die Ampel ist krachend an ihren Zielen gescheitert – statt der versprochenen 400.000 neuen Wohnungen ging die Zahl 2024 sogar um 14,4 Prozent auf 251.900 zurück. Nun will es die zuständige Ministerin Verena Hubertz (SPD) mit einem „Bau-Turbo“ besser machen. Auf eine Zahl legte sie sich gestern nicht fest, doch ihr neuer Gesetzentwurf soll dafür sorgen, dass wesentlich schneller geplant, genehmigt und gebaut wird. Zum Beispiel durch erleichterte Nachverdichtungen bei vorhandener Bebauung, durch Umwidmungen, neuen Wohnraum auf Supermarktdächern oder die Erweiterung eines Baugebiets auf der anderen Straßenseite. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD): „Wir wollen, dass die Bagger in unserem Land rollen.“ Iris Schöberl, Präsidentin des Spitzenverbandes der Immobilienwirtschaft (ZIA), lobte „mehr Bewegungsspielraum“ durch die Pläne. Es gebe aber noch viel Spielraum für Entlastungen. Unter anderem eine Absenkung der zu hohen Baustandards und niedrigere Grunderwerbssteuern. Wegen des Wohnraummangels wird Mieten in Großstädten trotz Mietpreisbremse immer teurer. Dem Bauministerium zufolge stiegen die Angebotsmieten in den 14 größten kreisfreien Städten seit 2015 durchschnittlich um fast 50 Prozent. Am teuersten ist weiterhin München mit fast 22 Euro pro Quadratmeter. Es folgen Berlin (fast 18 Euro) und Frankfurt am Main (rund 16 Euro). Die größten Mietsteigerungen gab es nach Berlin (plus 107 Prozent) in Leipzig (plus 67,7 Prozent) und Bremen (plus 57 Prozent). Das geringste Mieten-Plus nach einem Umzug wird mit 28,4 Prozent für Dresden ausgewiesen. |
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Der Schwarze Kanal | Lieber VW Taigo als Maserati? Der große Elektro-Irrtum | Jetzt zeigt sich, was passiert, wenn Leute, die einen VW Taigo oder Skoda Fabia für den Triumph der Autotechnik halten, die Richtung vorgeben. | Zum FOCUS+ Artikel |
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| Schleimig ist in diesem Fall gut: Der Hautschleim des Axolotls kann Bakterien und sogar Krebs-Zellen attackieren (© Reuters) |
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Studie aus Hannover | Axolotl: Neue Waffe im Kampf gegen Krankheiten? | Axolotl sind Wunderwesen: Die mexikanischen Schwanzlurche können Glieder, Organe und sogar Teile von Gehirn und Herz neu wachsen lassen. Sie verbringen ihr gesamtes Leben im Larvenstadium und können die Farbe wechseln. Nun zeigt eine Studie der medizinischen Hochschule Hannover: Axolotls sind zu noch mehr fähig! Ihr Hautschleim kann resistente Keime und Krebs bekämpfen. Wie ging das Forschungsteam um Sarah Strauß vor? Per Wellnessbehandlung massierte es dem Labor-Lurch den Schleim vom Körper und isolierte daraus antimikrobielle Peptide (AMP). Durch ihren besonderen Aufbau können AMP sich an die Zellwand von Bakterien heften, diese durchlöchern und Teile des Innenlebens mopsen. Die Keime sterben so schließlich. 22 AMP-Kandidaten aus Axolotl-Schleim bauten die Wissenschaftler im Labor künstlich nach. Vier besiegten in der Petrischale die gefürchteten resistenten Krankenhauskeime MRSA, die sich mit gängigen Antibiotika nicht mehr tilgen lassen. Drei machten sogar Krebszellen den Garaus, ohne dabei gesundes Gewebe anzugreifen, wie das Team im Fachblatt „Plos One“ erklärt. Antimikrobielle Peptide seien damit eine aussichtsreiche Waffe im Kampf gegen Antibiotikaresistenz und Krebs. |
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Vorbereitet für die Aufgabe dürfte er sein: Martin Jäger, 60, einer der erfahrensten deutschen Diplomaten, soll neuer BND-Präsident werden. Zuvor war er bereits Botschafter in Afghanistan, im Irak und zuletzt in der Ukraine. Gestern berief das Kabinett den Spitzenbeamten, der als Sprecher schon Wolfgang Schäuble gedient hat, zum Chef des Auslandsnachrichtendienstes. Eine Kernaufgabe, um das Land vor Bedrohungen zu schützen. Der bisherige BND-Chef Kahl soll auf eigenen Wunsch Botschafter im Vatikan werden. |
| Déjà-vu für Eishockey-Star Leon Draisaitl, 29. Wie im vergangenen Jahr unterlagen seine Edmonton Oilers den Florida Panthers mit 5:1 in der Final-Serie um den Stanley Cup – die wichtigste Trophäe der Liga. Draisaitl hatte in 22 Playoff-Spielen diese Saison elf Tore erzielt und 22 vorbereitet, doch im entscheidenden Match gelang ihm kein einziger Schuss aufs Tor. Immerhin: Nach Deutschland kommt der Pokal trotzdem: Nationalspieler Nico Sturm war in der Gegenmannschaft und gewann den Cup schon zum zweiten Mal. |
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| Beim Pferderennen in Ascot sind Hüte zwar an vielen Stellen Pflicht, aber nicht überall (© imago) |
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... können wir Ihnen auch heute kein Foto des sachsen-anhaltinischen Pumas präsentieren. Vor allem deshalb, weil er sich höchstwahrscheinlich als Hauskatze identifiziert. Beziehungsweise von einem Fährtenleser (der schon den Löwen von Klein-Machnow zum Wildschwein degradierte) als solche identifiziert wurde. Stattdessen ein Blick über den Kanal – bis Samstag erlebt man dort die berühmteste Hutschau der Welt, beim legendären Pferderennen in Ascot. Wie strikt der Dresscode ist, hängt übrigens davon ab, für welchen Bereich man Tickets hat. Sollten Sie die „Royal Enclosure“ gebucht haben, muss Ihr Kleid übers Knie gehen. Spaghettiträger sind Tabu und Hüte Pflicht – mit einer Mindestgröße von zehn Zentimetern – und für Herren Zylinder. In anderen Bereichen wird die Kleiderordnung dann schon entspannter, aber ebenso fröhlich und bunt. Herzliche Grüße | | Tanit Koch |
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