hätte man in früheren, aber noch gar nicht so fernen Zeiten zum Beispiel englische Besucher gefragt, wie sie Deutschland und die Deutschen empfinden, wären unter den Antworten vermutlich Adjektive wie fleißig, ordentlich, gepflegt aufgetaucht. Heute könnten wohl eher Beschreibungen wie kriminell, vermüllt, unpünktlich kommen. Im EM-Sommer 2024 berichten nicht nur britische Medien über Eindrücke, die sich zum Beispiel Fußballfans bieten, die am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main aussteigen und die Drogen- und Kriminalitätshölle durchwandern, die dort unübersehbar ist. Von „Zombieland“ war da die Rede. Mein Kollege Clemens Traub hat sich in der internationale Presse umgeschaut und festgestellt, dass Medienberichte Deutschland als Austragungsort der Europameisterschaft ein vernichtendes Zeugnis ausstellen. Dieses Requiem sollte uns zum Anlass dienen, schonungslos über den Zustand unseres Landes nachzudenken. Den Kanzler scheint das ebenso wenig zu jucken wie der Haushaltsstreit um die Schuldenbremse. Ein wachsender Teil seiner eigenen SPD-Bundestagsfraktion fordert neue Schulden. Viele FDP-Abgeordnete drohen für den Fall mit dem Entzug ihrer Unterstützung für die Ampel, also dem Regierungsende. Statt eine eindeutige Entscheidung zu suchen, verschieben Kanzler und Co die lästige Frage in die sonnige „Halbzeitpause“, um irgendwie einen Kompromiss zu finden. Ein taktisches Null-zu-Null nennt das mein Kollege Volker Resing. Wenig begeistert von Deutschland ist man auch in Schweden. Ein Unterseekabel von Norddeutschland nach Südschweden sollte die deutsche Energiewende retten. Doch das Projekt ist gescheitert. Unser Gastautor, ein schwedischer Fachjournalist, erklärt, weshalb. Ohne Wehrhaftigkeit und seine auf der Wehrpflicht basierende Armee hätte Israel sicher nicht einmal sein Gründungsjahr 1948 überlebt, als alle arabischen Nachbarn über den Staat der Juden herfielen. Doch die ultraorthodoxen Juden mussten bisher nicht in den Streitkräften dienen. Nun hat das Oberste Gericht in Jerusalem entschieden: Auch Ultraorthodoxe müssen zur Armee. Die Opposition zeigt sich erfreut über das Urteil. In der Regierungskoalition, in der auch Ultraorthodoxe vertreten sind, ist Streit programmiert. Ihr Ferdinand Knauß, Redakteur |