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Scheich - egal!   

Liebe Leserinnen und Leser, 

was mich in der vergangenen Woche am meisten bewegte? Es waren zwei Kommentare, einer auf Facebook, der andere in der Sauna. Da saß ich gestern Abend wieder mal bei 90 Grad auf der zweiten Stufe im Kreise auch anderer Segler, der Schweiß perlte auf der Haut, der Sand in der Uhr schien die Engstelle das Glases verstopft zu haben. In dieser Situation hat sich als Ablenkung vom eigenen Leid bewährt, einen Smalltalk mit den Mitleidenden zu beginnen. Und so wagte ich folgende Einleitung „Und, wie fandet ihr die WM?“

 

Ich hatte einen Shitstorm von einer Sauna voller Bundestrainer gegen die deutsche Nationalmannschaft erwartet. Stattdessen kam empört zurück: „Das hast du geguckt?“ Ich meinte zu spüren, wie die anderen Nackten ein Stück von mir abrückten. „Warum nicht?“, entgegnete ich. Ui, da hatte ich was angerichtet. Die Reaktionen schlugen mir heiß wie ein Aufguss entgegen: Menschenrechte, Frauenrechte, Arbeitsrecht, Klimaschutz usw. Wie könne man da einschalten und die Zustände in diesem Emirat noch unterstützen? Tue ich das damit? Ich versuchte, eine sachliche Diskussion anzufangen, zu fragen, was man unter diesen Maßgaben überhaupt noch gucken könne, ob dieselben Leute, die sich jetzt empören, ab 2026 gar nicht mehr mit Gas heizen würden, da ab dann ja ein gewisser Anteil aus Katar käme, woher nicht nur die Rohstoffe für Dinge des täglichen Lebens kämen, wenn nicht gleich das ganze Gerät? Meine Schweißproduktion schien in Bäche überzugehen.

 

Klar kann man entgegnen, dass es nun mal Dinge des täglichen Bedarfs seien, die man nicht anders bekäme. Ich erdreistete mich daraufhin, kurz anzustubsen, ob eine Segelyacht auch zu diesen Dingen gehöre. Denn sie hinterließe in der Produktion und im Unterhalt nicht gerade einen kleinen ökologischen Fußabdruck. Da waren plötzlich die Sanduhren der meisten abgelaufen oder sie hielten es diesmal irgendwie nicht so lange aus wie sonst. Ich hatte deutlich mehr Platz in der Sauna.

 

Es geht mir hier nicht darum, die Dinge, die in Katar oder anderswo passieren, gut oder schlecht zu heißen, es geht um etwas völlig anderes. Womit ich beim zweiten Kommentar dieser Woche wäre. Jeden Samstag schreibt unsere Autorin Steffi von Wolff im Stil einer Glosse über ihre Erlebnisse als Bordfrau. Wer die Glosse noch nicht kennt, findet alle bisherigen hier. Am vorigen Samstag schrieb sie, wie sie den Besuch ihres besten Freundes an Bord erlebte. Es trug sich tatsächlich so zu, wie sie mir versicherte, obwohl es wegen der Skurrilität der Ereignisse konstruiert gewirkt haben mag. Darum geht es aber auch hier nicht. Wir posten diese Glosse auch auf Facebook und fordern explizit dazu auf, mitzudiskutieren, über eigene Erfahrungen zu berichten (hier gelangen Sie zum Post auf Facebook). Was auch ganz fleißig getan wird. Am vergangenen Samstag fühlten sich nun einige Netzwerker dazu aufgerufen, den Beitrag von Steffi insgesamt, nun ja, blöd zu finden, stilistisch, inhaltlich und überhaupt. Das ist ihr gutes Recht, ihre Meinung. Ein Kommentar jedoch stimmte mich nachdenklich. Da schrieb „Markus Senn“: „Also ich amüsiere mich köstlich und freue mich immer auf die neue Folge. Ist halt Geschmacksache.“ Als Antwort bekam er von „Volker Racho“ (nomen est omen) zurück: „Intelligenter Humor und ein Gespür für guten Stil ist halt nicht jedem in die Wiege gelegt. Mario Barth kriegt die Hallen voll, ‚Bauer sucht Frau‘ hat auch Zuschauer und Arztromane werden nach wie vor gelesen.“

 

Es ist diese Art der Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, die mich zum Nachdenken brachte, ob in der Sauna oder in sozialen Netzwerken. Es ist ja nun nichts Neues, dass der Respekt anderen gegenüber immer mehr abhanden kommt. Dass es immer weniger um eine argumentative Auseinandersetzung, immer mehr dagegen um persönliche Angriffe geht. Dass mich diese Entwicklung nun gleich zweimal, im privaten wie im beruflichen Bereich eingeholt hat, nun, das hat mir zu denken gegeben. Wozu es geführt hat? Es mag simpel klingen: Zu noch mehr Aufmerksamkeit dafür, ob meine Argumentation anderen gegenüber sachlich oder persönlich ist.

 

Herzlichst Ihr

 

Lars Bolle

 

Chefredakteur Wassersport Digital

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