Liebe Leserinnen und Leser, in diesen Tagen der gern mit warmem, wohligen Wird-schon-alles-gutgehen-Timbre vorgetragenen Politpredigten läge es nahe, auch die Seglergemeinde hinter einem rhetorischen Kerzenschein-Feuer zu versammeln. Zwischen Weihnachtsansprache (Bundespräsident) und Neujahrsansprache (Bundeskanzler) fehlt eigentlich noch eine Saisonansprache, die gleichermaßen zurück- wie vorausblickt. Aber keine Bange: Ich will nur, wie man das in Hamburg so macht, rasch Tschüss sagen! Dies ist, nach bald 23 Jahren auf der Brücke, meine letzte Woche als Vormann der YACHT. Von Januar an übernimmt Martin Hager das Ruder, der mit Fridtjof Gunkel und Lasse Johannsen zwei ihrerseits überaus erfahrene Kaleus an seiner Seite hat. Der Wachwechsel ist ein fliegender. Martin, bisher bereits Chefredakteur von unserem Schwestermagazin BOOTE exklusiv, hat sich mit seinen Stellvertretern schon seit November darauf vorbereitet. Er kennt die Branche, die Crew und segelt selbst von Kindesbeinen an. Ich selbst wechsle nicht gleich aufs Altenteil, sondern gewissermaßen aufs Achterdeck. Stellen Sie sich meine neue Aufgabe nur bitte nicht als Leben zwischen Pool und Champagnerbar vor, wie auf vermeintlichen Traumschiffen. Das würde meinen Verlagsleiter verdrießen. Wir sind ja hier auch nicht auf einem Kreuzfahrer unterwegs, sondern auf einer Hochseeyacht, wo jede Hand gebraucht wird und manchmal auch ein guter Rat. In jedem Fall werde ich noch mehr draußen sein, am und auf dem Wasser. Am 2. Januar geht’s gleich nach Alicante, um für Sie über die Vorbereitungen auf den Start von The Ocean Race zu berichten. Das findet nach dem Wechsel auf die Imoca 60 als Bootsklasse zwar mit historisch niedriger Teilnehmerzahl statt - aber dafür mit einer Rekordbeteiligung deutscher Segler. Seit der Bekanntgabe von Susann Beucke als Teammitglied von Kevin Escoffiers „Holcim – PRB“ vor wenigen Tagen sind jetzt auf drei von fünf Booten hiesige Profis dabei: Boris Herrmann als Skipper der „Malizia – Seaexplorer“ und Robert Stanjek als Co-Skipper von „Guyot Environment Team Europe“ standen schon lange zuvor fest. Und nur, weil sie aus der französischen Schweiz stammt, will ich keinesfalls die famose Justine Mettraux vergessen, die auf „11th Hour Racing“ an Bord sein wird. Das wird ein Spektakel! Vielleicht erleben wir ja heuer wieder, was vor 20 Jahren alle bewegt hat. Kurz nach meinem Start bei der YACHT lief Michael Illbrucks „Pinta“ als erste deutsche Volvo-Ocean-Race Siegerin in Kiel ein. Die Geleitfahrt von Hunderten von Booten war 2002 ein einzigartiges Sommermärchen. Wilfried Erdmann als Stargast lag mit seiner „Kathena nui“ nur einen Steinwurf vom Regattasteg an der Kiellinie entfernt. Er hatte ein Jahr zuvor seine legendäre, bis heute einmalige Solo-Nonstop-Weltumsegelung gegen den Wind vollbracht. Auch so ein Moment für die Ewigkeit. Aber ich sollte Schluss machen. Ich wollte ja nur Tschüss sagen – und Danke, dass Sie die YACHT lesen! Es war ein Fest, sie so lange machen zu dürfen. Herzlichst Ihr Jochen Rieker Chefredakteur YACHT |