Als dienstältester Parlamentarier hat Wolfgang Schäuble heute die erste Sitzung des neuen Bundestags eröffnet. Der 79-Jährige gab sich weise und gelassen, sprach aber gleich mehrere heikle Themen an: Klima-Aktivismus, Intoleranz gegenüber Andersdenkenden. Und eine (höchste) Gerichtsbarkeit, die sich immer mehr Kompetenzen herausnimmt. Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier hat sich Schäubles Ermahnung einmal genauer angehört. Auf Punkt zwei der Tagesordnung des neuen Bundestages stand Bärbel Bas. „Bärbel wer?“, fragt Cicero-Innenpolitikleiter Moritz Gathmann. Denn mit der Sozialdemokratin übernimmt nach dem politischen Schwergewicht Wolfgang Schäuble eine kaum bekannte Politikerin das zweithöchste Amt im Staat. In ihrer Antrittsrede forderte die aus einfachen Verhältnissen stammende Duisburgerin die Parlamentarier dazu auf, den Menschen mehr zuzuhören – und nicht nur denen, die laut schreien. Zeit also für Leisetreter. Das dachte sich auch unser Wirtschaftsredakteur Daniel Gräber und bat einen angehenden Schuhmachermeister zum Interview. Schließlich hat Tilman Kuban, Chef der Jungen Union, jüngst den „Sneaker-Konservatismus“ ausgerufen und Turnschuhe an die Parteiprominenz verteilt. Die Erneuerung der Christdemokratie, so scheint es, soll also auf Gummisohlen daherkommen. Daher an dieser Stelle noch ein Schuhmachermeister-Tipp: „Die Substanz darf nicht verloren gehen“. Die aber leidet immer dann, wenn das Spiel mit der Empörung beginnt. Denn wenn der Aufschrei das Argument übertönt, findet eine Veränderung der Öffentlichkeit statt, die regressive Tendenzen hat. Das ist die Strategie der Identitätspolitik. Ihr Machtkern liegt in dem Dogma, dass den Gefühlen der Opfer absolut geglaubt werden muss. Damit stellt sie sich radikal gegen die Ideale der Aufklärung, meint Cicero-Gastautor Bernd Stegemann. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |