Christoph von Eichhorn ärgert sich über den Deutschen Ethikrat
 ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ 
szmtagiomb_np
Zur optimalen Darstellung empfehlen wir Ihnen die Browserversion
15. März 2024
Klimafreitag
Alles zu Klimakrise und Umweltschutz
Christoph von Eichhorn
Redakteur Wissen
SZ Twitter Mail
Guten Tag,

man müsste meinen, dass Ethikerinnen und Ethiker viel zur Klimakrise zu sagen hätten: Schließlich bedroht diese fundamentale Menschenrechte, auf Sicherheit, Gesundheit und Eigentum etwa. Es geht um historische und aktuelle Verantwortung und nicht zuletzt um Gerechtigkeit – international, aber auch zwischen den Generationen.

Diesen großen Fragen hat sich nun endlich auch der Deutsche Ethikrat gewidmet (mehr dazu hier). Doch was soll ich sagen: Seine diese Woche veröffentlichte Stellungnahme zur „Klimagerechtigkeit“ hat mich persönlich sehr enttäuscht. Konkrete Forderungen an die Politik oder an die Bürger muss man darin mit der Lupe suchen. Der Staat müsse dafür sorgen, dass er seine internationalen Klimaverpflichtungen einhält. Klimaschädliche Produkte oder Dienstleistungen dürfen gerne teurer werden. Die Reichen können höhere CO₂-Preise zahlen, um eine grüne Transformation zu finanzieren. Unternehmen sollen sich auch gerne einbringen, und die Medien bitte ausgewogen berichten.

Das ist jetzt arg verkürzt, aber im Wesentlichen war es das. Was der oder die Einzelne beitragen kann und sollte, davon ist kaum die Rede. Der Staat sei vornehmlich in der Pflicht, „moralisches Heldentum“ dürfte man nicht erwarten. Nur was, wenn Staaten ihren Verpflichtungen zum Senken der Emissionen eben nicht nachkommen, wie aktuell im Verkehr zu beobachten ist? Wäre dann ziviler Ungehorsam etwa von Klimaaktivisten legitim, womöglich sogar angezeigt? Dazu kein Wort, nur die Banalität, dass sich Protest eben an demokratische Spielregeln halten muss.

Alles in allem wirkt es, als wolle der Ethikrat mit seiner Stellungnahme bloß niemandem wehtun. Es liest sich ein wenig wie ein Abschlussdokument einer Klimakonferenz, in dem peinlich genau alle Interessen abgewogen werden müssen, vom Petrostaat bis zur Südseeinsel.

Dabei wäre doch gerade die Stärke des Ethikrats seine politische Unabhängigkeit. Dass er eben auf keine Befindlichkeiten Rücksicht nehmen, sondern einen unverstellten und sicher auch schmerzhaften Blick wagen könnte: Gehört das Privatflugzeug eines Friedrich Merz nicht längst verschrottet? Kann man noch guten Gewissens jedes Jahr eine Fernreise machen oder sollte man es lieber bleiben lassen? Wie bemisst sich die historische Verantwortung eines Industriestaats wie Deutschland genau? Im Interview mit der SZ hat der im Ethikrat mitwirkende Physiker Stephan Kruip gesagt, man habe eben „keinen ausgearbeiteten Antwortkatalog“ schreiben wollen. Ein paar mehr konkrete Antworten auf die kantische Frage „Was soll ich tun?“ hätten es aber in meinen Augen schon sein dürfen.

Pardon, das ist nun eine sehr meinungsstarke Kolumne geworden. Für einen nüchterneren Blick auf die Klimaethik empfehle ich Ihnen einen Text meiner Kollegin Marlene Weiß mit dem Titel „Darf ich das?“. Hier wird es deutlich konkreter als beim Ethikrat, versprochen!

Und vielleicht sehen Sie das alles ja ganz anders. Schreiben Sie mir gerne an [email protected].

Viele Grüße sendet
Christoph von Eichhorn
Redakteur Wissen
SZ Twitter Mail
Folgen Sie mir.
Mehr zum Thema:
SZPlus
CO₂-Emissionen
Wie der Klimafußabdruck kleiner wird
SZPlus
SZ-Klimarechner
Und wenn das alle machen würden?
SZPlus
Zukunft
Ist das Klima noch zu retten?
ANZEIGE
desktop timertrk_px
Klimapinnwand
SZPlus
Dürre in Katalonien: Barcelona verdorrt
Seit drei Jahren herrscht nun schon Dürre in der Stadt. Die Gärtner kämpfen verzweifelt um jede Platane und jede Palme und dürfen dafür nur kontaminiertes Wasser verwenden. Wenn es so weitergeht, könnte es sein, dass es im Sommer aus den Hotelduschen nur noch tröpfelt.
Zum Artikel Pfeil
SZPlus
Klimakrise: "Wir müssen uns auf eine 2,5 oder sogar drei Grad wärmere Erde einstellen"
Die Temperaturen auf dem Planeten steigen, und doch treten die Menschen nicht auf die Bremse. Warum ist das so, und wie sollte man damit umgehen? Ein Gespräch mit dem Soziologen Jens Beckert.
Zum Artikel Pfeil
Weitere Themen:
Klima
EU-Umweltagentur warnt vor katastrophalen Klimawandel-Folgen
SZPlus
Meinung
Klimaschutz:
Und wer bremst den Verkehr?
SZPlus
Geowissenschaften
Wie der Mars die Ozeane auf der Erde beeinflusst
ANZEIGE
desktop timertrk_px
Der SZ-Klimamonitor
Die Zahl der Woche
63 %
des Stroms wurden in den vergangenen sieben Tagen aus erneuerbaren Energien gewonnen.
Weitere Daten und Grafiken
SZPlus
Bauen und Klimawandel: Wenn die Pegel steigen
Fluten, Stürme, Tsunamis: Durch die Folgen des Klimawandels könnten einige Städte und Inseln bald unter Wasser stehen. Was tun? Von Häusern auf Stelzen und Deichen so hoch wie Sprungtürme im Freibad.
Zum Artikel Pfeil
Klima-Tagebücher: "Ich will, dass wir auf der Weltkarte weiterhin existieren"
Kato, 27, kommt von Tuvalu im Pazifischen Ozean. Durch den Anstieg des Meeresspiegels geht der Inselstaat immer mehr unter. Wie Tuvalu mithilfe von aufgeschüttetem Sand nun wieder wachsen soll.
Zum Artikel Pfeil
Empfehlen Sie diesen Newsletter weiter
Schreiben Sie mir, falls Sie Anregungen haben
Zur Startseite von SZ.de

Zur Übersichtsseite der SZ-Newsletter
Ihre Newsletter verwalten

Entdecken Sie unsere Apps:
as
gp
Folgen Sie uns hier:
tw
ig
fb
in
Impressum: Süddeutsche Zeitung GmbH, Hultschiner Straße 8, 81677 München
Tel.: +49 89 2183-0, Fax: +49 89 2183 9777
Registergericht: AG München HRB 73315
Ust-Ident-Nr.: DE 811158310
Geschäftsführer: Dr. Karl Ulrich, Dr. Christian Wegner
Copyright © Süddeutsche Zeitung GmbH / Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH.
Hinweise zum Copyright
Sie erhalten den Newsletter an die E-Mail-Adresse [email protected].
Wenn Sie den „Klimafreitag“-Newsletter nicht mehr erhalten möchten, können Sie sich hier abmelden.
Datenschutz | Kontakt