Bald könnte es ein neues charttechnisches Kaufsignal geben. Was dahinter steckt und wer im Moment der stärkste Konkurrent von Wirecard ist, erfahrt ihr in diesem Report. Begünstigt wurde das "Wiedererwachen" am Mittwochmorgen natürlich durch den anspringenden Gesamtmarkt. Dass Wirecard aber so überproportional zugelegt hat, dürfte auch an einer neuen Kooperation gelegen haben. Die Aschheimer und die japanische Mizuho Bank bauen ihre Kooperation auf die Regionen Neuseeland und Australien aus. Es sollen neue Lösungen für den digitalen Bezahlverkehr entwickelt werden, die sich speziell an gewerbliche Kunden aus den Bereichen Handel und Hotelgewerbe richten. CEO Markus Braun betonte im Interview mit CNN nochmal die Wichtigkeit dieser Zusammenarbeit: Die Mizuho Bank sei in Asien stark vertreten und besitze viele multinationale Kunden, wo sich mittelfristig Transaktionsvolumina im dreistelligen Millionen- oder sogar Milliardenbereich realisieren lassen dürften. Die Kooperation sei ein Musterbeispiel für zukünftige Deals, auch global, so Braun. Wirecard scheint aktuell nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ sehr stark zu wachsen. Und das hat maßgeblich mit einem weiteren Unternehmen aus Japan zu tun: Der Technologie-Beteiligungsgesellschaft Softbank von Masayoshi Son. Softbank gehört mit einer Marktkapitalisierung von aktuell 82 Milliarden Euro zu den größten börsennotierten Beteiligungsgesellschaften weltweit. Das entspricht mehr als dem vierfachen Börsenwert von Wirecard (aktuell 19,4 Milliarden Euro). Das Son-Imperium hatte im April in einem ersten Schritt 900 Millionen Euro in eine alleine deswegen aufgelegte Wandelschuldverschreibung von Wirecard investiert. Nach fünf Jahren kann Softbank diese in 6,9 Millionen Aktien zu einem Preis von 130 Euro je Stück wandeln. Das entspräche nach heutigem Stand einer Beteiligung von 5,6 Prozent am Grundkapital von Wirecard. Der finanzielle Teil ist jedoch nur der eine Aspekt der Vereinbarung. Für Wirecard wohl mindestens ebenso wichtig ist der Deal, weil er quasi ein Türöffner ist, um mit Softbank-Beteiligungen ins Geschäft zu kommen. Denn neben einigen großen Beteiligungen, bspw. am chinesischen Internetgigant Alibaba, Uber und den Chipkonzernen ARM und Nvidia sowie dem US-Mobilfunker Sprint ist Softbank über Fonds an hunderten mittelgroßen und kleineren Unternehmen aus dem Tech-Sektor beteiligt. Zuletzt gelang eine Absichtserklärung mit der Softbank-Beteiligung Brightstar. Brightstar ist ein Mobiltelefonvertrieb. Die Firma bedient mehr als 200 Netzbetreiber, mehr als 40.000 Einzelhändler und mehr als 15.000 Unternehmenskunden in mehr als 100 Ländern. Das Netzwerk umfasst über 100 Mio. angeschlossene mobile Geräten. Wirecard will über Brightstar zukünftig digitale Konsumentenkredite und Bezahlkarten ausgeben sowie die generelle Zahlungsabwicklung übernehmen. Das resultierende Transaktionsvolumen sollte angesichts der hohen Reichweite von Brightstar erheblich sein. Die Partnerschaft mit Brightstar ist bereits die dritte, die über den Ankerinvestor Softbank zustande gekommen ist. Zuvor angelte man sich bereits den Hoteldienstleister OYO Hotels & Homes, den der erst 25-jährige indische Hotel-Tycoon Ritesh Agarwal aufgebaut hat, als Kunde. Bei OYO ist neben dem Softbank Vision Fund auch der "Hotel-Killer" Airbnb mit knapp 150 Millionen Euro eingestiegen. Damit nicht genug will OYO nun auch eigentümergeführte Mittelklassehotels aus Deutschland für sich gewinnen. Die Story von OYO ist faszinierend. Agarwal hatte als 17-jähriger auf einer Rucksacktour durch sein Heimatland den Standard und die Buchbarkeit von preiswerten Unterkünften bemängelt - und dann sofort damit begonnen, das zu ändern. Er entwickelte mit seinem Team digitale Lösungen für Hotels: Hoteliers, die sich OYO anschließen erhalten Unterstützung bei Themen wie der Standardisierung von Dienstleistungen, dem Bestandsmanagement, Service sowie dem Umsatz- und dem Kundenbeziehungs-Management. Das Konzept erwies sich als unfassbar erfolgreich. 2013 nahm Agarwal die ersten Hotels in Indien unter Vertrag. Heute gilt OYO bereits als die drittgrößte Hotelgruppe weltweit nach Zimmern und ist in 800 Städten in 80 Ländern vertreten. Die Bewertung liegt bei über 5 Milliarden US-Dollar. Nachdem man im Budget-Segment gestartet ist, bietet OYO heute Marken für alle Einkommensgruppen. Dazu zählt u.a. OYO Townhouse mit aktuell 100 Hotels weltweit, das sich als "freundschaftliches Nachbarschaftshotel im Mittelklasse-Segment für Millennials sieht, die Premium-Economy wünschen. Quelle: OYO Ich finde das sehr spannend. Wenn ihr euch für die Hintergründe interessiert, wie dieser Aufstieg möglich war, empfehle ich euch diesen Artikel der Seite So-geh-hotel-heute.com mit dem Titel "OYO kommt nach Deutschland". Dort wird kurz und prägnant beschrieben wie die Führungskulturen bei großen Hotelketten oftmals von ständigen Rivalitäten der Führungskräfte untereinander und persönlichen Ambitionen geprägt sind. Das Management agiert dann mehr als "Misserfolgsvermeider denn als Erfolgssucher". Das hat mit Sicherheit den Aufstieg von OYO begünstigt. Die dritte Softbank-Beteiligung mit der der DAX-Aufsteiger nun ins Geschäft gekommen ist, ist das Internetportal AUTO1. Auch die AUTO1 Group hat eine faszinierende Geschichte. Das Start-Up aus Berlin ist nach eigenen Angaben nun Europas größter Gebrauchtwagenhändler. Auch bei Auto1 ging der Aufstieg in Rekordgeschwindigkeit vonstatten. In diesem lesenswerten Capital-Artikel wird die Story nach erzählt. Zu dem Zeitpunkt als Softbank im Januar 2018 seine Beteiligung mit AUTO1 einging (Höhe des Investments war 500 Millionen Euro) wurde die Firma bereits mit 2,9 Milliarden Euro bewertet. 2018 hat AUTO1 mehr als 540.000 Gebrauchtwagen vermittelt und damit 2,9 Milliarden Euro Umsatz erzielt. Ziel der Zusammenarbeit mit Auto1 ist es, Finanzlösungen für die Auto1-Plattform anzubieten. Das macht Sinn, weil Auto1 eben auch Kreditfinanzierungen für die Gebrauchtwagen anbietet. Warum erzähle ich euch die Geschichten der beiden Firmen, obwohl sie doch nur zwei von ganz vielen Wirecard-Partnern sind? Ich finde, sie zeigen, wie die Welt in Folge der Digitalisierung und den resultierenden Plattformgeschäftsmodellen im Umbruch ist und wie fast jede Branche dadurch geprägt und vor allem verändert wird. Die Stärke von Wirecard bzw. dessen CEO Markus Braun ist eindeutig, dass man in der Lage ist, diese Veränderungen nicht nur mitzubegleiten, sondern quasi zu antizipieren. Je mehr solcher hochkarätigen Partnerschaften Wirecard an Land zieht, umso bedeutender wird auch Wirecard selber. Unterstützend wirkt dabei, die nach wie vor expansive Geldpolitik der Notenbanken, speziell der EZB, die ja unter der Regie der designierten Präsidentin Christine Lagarde eher noch extremer werden dürfte. Die dadurch dauerhaft extrem niedrigen Zinsen helfen Wachstumsunternehmen wie Wirecard ein großes Rad zu drehen und dabei so gut wie keine Finanzierungskosten stemmen zu müssen. Entsprechend platziert der deutsche Senkrechtstarter nun neben der Wandelanleihe mit Softbank auch noch eine echte Anleihe am Markt. Der Zinscoupon ist dabei mit 0,5 Prozent unfassbar niedrig. Noch vor zehn bis fünfzehn Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ein Unternehmen mit dem Rating Baa3 (unterer Bereich des Investmentgrade-Segments) eine Anleihe zu so günstigen Konditionen platziert bekommt. Die Anleihe wird zwar zu einem Kurs von 99,357% platziert, die Emissionsrendite steigt dabei aber nur unwesentlich auf 0,631 % (Für die Experten: Gerechnet wurde im Vorfeld mit einer Rendite von 135-140 Basispunkten über Mid Swap, geworden sind es nur 110 Basispunkte, was die starke Nachfrage zeigt). Trotzdem hatte Wirecard überhaupt keine Schwierigkeiten, ein Volumen von 500 Millionen Euro zu platzieren. Der Bond hat eine Laufzeit von fünf Jahren bis zum 11. September 2024. Nicht ganz klar ist allerdings, wozu Wirecard das Geld überhaupt braucht. Eigentlich will man ja Schulden abbauen. Entweder will man mit dem guten Rating Stärke demonstrieren oder Braun plant im Hintergrund wieder neue Schritte mit denen er alle überraschen will. Fakt ist: Nach den Querelen rund um die Short-Attacken und die nach wie vor laufende Untersuchung in Singapur ist Wirecard im Vergleich zu anderen schnell wachsenden Technologiewerten einigermaßen moderate bewertet. Das 2019er-KGV liegt aktuell bei 33, das für 2020 bei unter 25. Das lässt für den Kurs Spielraum nach oben, erst recht nach den neuen spannenden Kooperationen. Kepler Cheuvreux hat das Kursziel am Mittwoch nochmal leicht von 220 auf 225 Euro angehoben. Ausgehend vom aktuellen Kurs bei 157,10 Euro ergäbe sich daraus eine Kurschance von gut 43 Prozent. Chart sieht gut aus Auffällig ist das Chartbild: Wirecard AG (ISIN: DE0007472060) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18/19e/20e | Kurs | 747206 / WDI | 19,4 Mrd. EUR | 52 / 33 / 25 | 157,10 EUR | Die Aktie hat den Abwärtstrend nach oben verlassen und ist am Freitag bereits in Richtung der 160 Euro-Marke vorgeprescht. Oberhalb des lokalen Hochs bei 162,25 Euro aus dem Mai würde sich ein neues Kaufsignal ergeben und dann wieder oberhalb von 170,55 Euro, dem Hoch aus dem Januar. Damit sieht das Chartbild aus meiner Sicht erstmals seit dem Frühjahr wieder wirklich vielversprechend aus. Erste Positionen können bereits jetzt aufgebaut werden. Bemerkenswert finde ich, dass der relativ neue niederländische Konkurrent von Wirecard, Adyen (WKN: A2JNF4; erst seit 2018 börsennotiert), kaum im Blickpunkt steht - obwohl Adyen mit einer Marktkapitalisierung von momentan 19,8 Milliarden Euro sogar noch einen Tick wertvoller ist als die Aschheimer. Adyen hat ein ganz ähnliches Geschäftsmodell wie Wirecard, bedient aber als Zahlungsplattform weltweit führende Unternehmen wie Uber, Booking.com, Spotify, Microsoft und WeWork während Wirecard ja viele kleine und mittelgroße Firmen als Kunden hat. Das ist natürlich kein Zufall: Adyen vereinfacht die Bezahlsysteme großer, multinationaler Unternehmen, indem die unterschiedlichen Teile miteinander integriert werden. Die Software verbindet moderne Kartennetzwerke und lokale Bezahlsysteme auf globaler Ebene. Zahlungen werden innerhalb eines einzelnen Systems verbucht, egal, ob die Transaktion an der Kasse, auf dem Handy oder woanders erfolgt. So können Händler auch das Kundenverhalten besser nachvollziehen. Kunden wie Spotify nutzen Adyen für einen einfachen Checkout-Prozess, zur Betrugsvorbeugung und zur Verhinderung von Zahlungsausfällen. Adyen wurde 2006 u.a. vom heutigen CEO Pieter van der Does und dem CTO Arnout Schuijff gegründet. Sie waren der Ansicht, dass die gängigen Bezahlsysteme von Unternehmen zutiefst ineffizient und kaum koordiniert waren, und wollten Abhilfe schaffen. Im Jahr 2009 haben sie mit Groupon ihren ersten internationalen Kunden an Land gezogen und dann schnell global expandiert. Seit 2017 hat Adyen zum Beispiel auch Lizenzen für Singapur, Hongkong und Australien. Richtig schnell wächst das Unternehmen aber in den USA. Dort konnte man die Umsätze in 2018 um satte 113 Prozent steigern. Das ist auch deswegen interessant, weil Wirecard in den USA Schwierigkeiten hat und den Fokus eher auf Asien lenkt. Dort ist Adyen noch relativ unbedeutend, ist zuletzt aber dort auch prozentual dreistellig gewachsen - von niedrigem Niveau aus eben. Faszinierend ist wie schnell sich die Kosten für die Adyen-Software für viele Kunden amortisieren. Das Analysehaus Forrester Research hat herausgefunden, dass Adyen-Kunden über drei Jahre eine Rendite auf ihre Investitionsausgaben von bis zu 106% erzielen. Das gelingt durch die Steigerung der Produktivität, die Verbesserung der Transaktionseffizienz und durch die Erleichterung des Eintritts in neue Märkte. Entsprechend teuer können die Niederländer ihre Produkte anbieten. Das Ergebnis ist eine stattliche EBITDA-Marge von 52 Prozent mit deutlich steigender Tendenz. Interessanterweise liegt Adyen damit aber immer noch deutlich hinter Wirecard. Die extrem hohen Margen von Wirecard waren ja auch das, was Shortseller stutzig gemacht hatte. Mittelfristig wird die Frage sein, inwieweit Adyen bei seinem weiteren Wachstum zunehmend mit Riesen wie PayPal in Konflikt gerät. Charttechnisch sieht die Aktie aus meiner Sicht bei weitem nicht so gut aus wie Wirecard: Adyen N.V. (ISIN: NL0012969182) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18/19e/20e | Kurs | A2JNF4 / 1N8 | 19,8 Mrd. EUR | 74 / 83 / 65 | 667,00 EUR | Die Aktie bewegt sich immer noch in einem leicht abwärts gerichteten Trendkanal. Die jüngste Erholung bei Technologiewerten ist im Chart kaum sichtbar. Adyen ist aus meiner Sicht bestenfalls eine Halteposition. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es können daher keine Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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