Die einen sehen hierin einen anhaltenden Niedergang einer zu Unrecht gehypten Branche. Andere erkennen in der Entwicklung eine typische âRückkehr zum Mittelwertâ: dem zu starken Wachstum von Umsätzen, Gewinnen und Aktienkursen folgte eine Korrektur. Aber was ist nun richtig? Oft hilft es, mal einen Schritt zurückzutreten, seinen Blickwinkel zu verändern, aufzuzoomen. Bei Aktien bedeutet dies, sich nicht nur auf die kurzfristige Entwicklung zu beschränken, sondern mal einen mittel- oder sogar langfristigen Blick zu wagen. Und da erkennen wir einen Wachstumsmarkt. Die alternde Gesellschaft mit immer höheren Ansprüchen an Lebensqualität und medizinische Versorgung sorgt für eine überdurchschnittliche Nachfrage. Zugleich gibt es eine hohe regulatorische Ãberwachung im Gesundheitswesen, so dass neue Wettbewerber nicht ohne weiteres in den Markt eintreten können. Und daraus ergeben sich Chancen. Sofern es einem also gelingt, das Sonderwachstum der Jahre 2020 und 2021 auszublenden und nicht als das âneue Normalâ einzustufen, wogegen dann jeder Vergleich schlecht aussehen muss, kann man im MedTech-Sektor interessante Perspektiven und Unternehmen finden. Und eines der stärksten Wachstums-Unternehmen der letzten Jahrzehnte schauen wir uns jetzt mal genauer an.  Danaher â Mehr als nur eine âBaby-Berkshireâ Die Danaher Corp. wurde bereits 1969 unter dem Namen Diversified Mortgage Investors gegründet. Ihr starkes Wachstum erreichte sie auch durch inzwischen mehr als 400 Ãbernahmen, die erfolgreich integriert und auf Erfolg getrimmt wurden. Die Grundlage dieses jahrzehntelangen Erfolgs ist das sogenannte Danaher-Business-System, hinter dem sich ein permanentes Effizienzprogramm verbirgt, bei dem alle Konzepte, Arbeitsabläufe und Handgriffe überprüft und ggf. verbessert werden. Diesem Checkup müssen sich alle übernommenen Firmen unterziehen, aber in regelmäÃigen Abständen auch immer wieder die Bestandsfirmen. Ihr starkes Wachstum führte oft zu Vergleichen mit Warren Buffetts Berkshire Hathaway, so dass Danaher gerne als âBaby-Berkshireâ tituliert wurde. Inzwischen hinkt der Vergleich jedoch gewaltig, denn Danaher ist nicht mehr das Industriekonglomerat früherer Tage, sondern hat sich zunehmend spezialisiert. Die Spin-off-Maschine Die erste Abspaltung eines Geschäftsbereichs erfolgte Mitte 2016, als das klassische Industriegeschäft, also Tankstellen-Ausrüstung, Telematik und Automation, in der 'Fortive Corp.' konzentriert wurde. Danaher selbst blieb für die Bereiche Forschung und Technologie zuständig und vor allem in der Umwelt- und Mess-Technik, der Zahnarzt-Ausrüstung und der Diagnostik aktiv. Doch die Zahnarzt-Ausrüstung ist ebenfalls nicht mehr Teil des Konzerns; die Töchter Nobel Biocare, Ormco und KaVo Kerr, die damals für rund 14% der Danaher-Umsätze standen, wurden 2017 in dem neuen Unternehmen 'Envista Holdings' zusammengeführt und an die Börse gebracht. Ende 2019 trennte sich Danaher auch von den restlichen Envista-Anteilen. Ende September 2023 wurde auch die Umwelt-Sparte abgespalten und als 'Veralto' separat an die Börse gebracht, indem die Aktien den Danaher-Aktionären ins Depot gebucht wurden. Aber Danaher kauft auch weiter Unternehmen hinzu und stärkt damit sein neues Kerngeschäft. Im Frühjahr 2020 erfolgte die bisher gröÃte Ãbernahme der Firmengeschichte, als für 21,4 Mrd. US-Dollar die Biopharma-Sparte von General Electric übernommen wurde, die nun als 'Cytiva' den Danaher-Konzern bereichert. Und Ende 2023 wurde auch die Ãbernahme der Abcam plc für 5,7 Mrd. US-Dollar abgeschlossen, einem britischen Hersteller biomedizinischer Geräte. Synergien heben, Margen steigern Danaher präsentiert sich nun als reinrassiger MedTech- und Lifescience-Konzern. Damit ist man in aussichtsreichen Branchen positioniert. Und kümmert sich nun erstmal um sich selbst: Der neue Schwerpunkt liegt klar auf dem Bereich Bioprocessing, der am schnellsten wächst und wo Danaher auf einen Weltmarkt-Anteil von 35 bis 40% kommt. Danaher hatte hier im Jahr 2015 die Firma Pall für 13,8 Mrd. US-Dollar übernommen und 2020 dann GE Biopharma (Cytiva) für 21,4 Mrd. Beide sollten enger zusammengeführt und dadurch groÃe Synergiepotenziale gehoben werden. Aber daraus wurde nichts. Zumindest bisher nicht, denn Corona verschob die Prioritäten, weil die extrem hohe Nachfrage bedient werden musste. Doch nun rückt das ursprüngliche Ziel der Integration von Pall und Cytiva auf Basis des bewährten Danaher Business Systems wieder in den Fokus und das sollte in den nächsten Jahren deutliche Margen- und Gewinnsteigerungen zur Folge haben. Zudem sind in diesem Bereich rund 75% der Umsätze wiederkehrender Natur und sorgen für einen stetigen und gut planbaren Cashflow. Wie die Abcam-Ãbernahme zeigt, wird es Danaher aber nicht dabei belassen, seine bestehenden Töchter zu optimieren, sondern wird durch weitere sinnvolle Firmenzukäufe sein Angebotsspektrum ausbauen. |