| | | | | | | | Illustration: iStock / by Malte Mueller | | |
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| | | Guten Tag, es gibt ein Kleidungsstück, von dem ich hoffe, dass es noch mein ganzes Leben halten wird. Ich nenne es mein Strandhemd. Es ist ein altes Leinenhemd aus grobem Stoff, hellblau, etwas groà geschnitten, geerbt habe ich es vor Jahren von meiner Mutter. Wegen der Schulterpolster würde ich tippen, dass es aus den 1980er Jahren stammt. Monatelang hängt es unbenutzt in meinem Schrank, bis sein groÃer Moment naht: der Sommerurlaub. Wenn ich am Meer bin, trage ich es fast jeden Tag. Ich laufe darin zum Strand, schlüpfe nach dem Baden wieder hinein. Wird es dabei nass, trocknet es sofort im Wind. Es ist so leicht, dass ich darin in der Sonne liegen kann, und gleichzeitig so warm, dass es meine Gänsehaut nach einem Bad im Atlantik sofort verschwinden lässt. Und es verzeiht mir all die Sonnencreme, die ich schon darauf geschmiert habe, nie verfärbt es sich gelb. Wenn ich zu Hause meinen Koffer auspacke, wasche ich es einmal und hänge es bis zum nächsten Jahr in meinen Schrank. Je älter ich werde, desto mehr Freude habe ich daran, wenn Dinge mich lange begleiten. Ich bringe meine Schuhe zum Schuster, lasse meine Kleidung nähen und mache Ableger von meinen Pflanzen. Genau genommen folge ich damit einem Social-Media-Trend, dem Underconsumption Core. Unter diesem Schlagwort posten Influencerinnen (es sind in diesem Fall wirklich fast immer Frauen), was sie sich eben NICHT kaufen. Und sie drehen Videos über ihr vermeintlich nachhaltigeres Leben: wie sie alte Handtücher zum Aufwischen in der Küche benutzen statt Papierservietten. Oder sie ihre Haut nur mit zwei statt mit zehn Produkten pflegen. Genau genommen zeigen sie also einfach das Leben ganz normaler Menschen, die nicht unendlich viel Geld haben und sich nicht ständig alles kaufen, auf das sie gerade Lust haben. Heute möchte ich Ihnen aber eine Geschichte empfehlen, die quasi eine Königin des Underconsumption Core vorstellt: die Mutter unserer Autorin Annabel Dillig. Denn während sich Deutsche im Schnitt alle 17 Jahre eine neue Küche kaufen, pflegt diese ihre alte Einbauküche seit mehr als vierzig Jahren. »Obwohl die Möbel nur aus Pressspan mit Kunststoffüberzug bestehen, hat die Küche alles überstanden. Zwei Kinder, vier Enkel, 40 Jahre Plätzchenbacken, 2000 Mal Sonntagsbraten. Keine Front ist abgeblättert, die Armaturen intakt, alle Türen im Lot«, schreibt Dillig. Der Artikel ist eine Liebeserklärung daran, Dinge zu pflegen, statt zu konsumieren â und erzählt auch viel über die Generation und die Biografie von Dilligs Mutter. Ich rate es Ihrem Herzen und Ihrem Kopf sehr, sich kurz Zeit für diesen Text zu nehmen, der so viel Freude darauf macht, zu ölen, zu wischen, zu behalten: | |
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| | | | | Herdverbunden | Alle siebzehn Jahre kaufen sich die Deutschen im Schnitt eine neue Küche, drei im Leben. Die Mutter unserer Autorin hat seit vierzig Jahren dieselbe. Der Grund dafür ist typisch für ihre Generation. Eine Liebeserklärung. | | |
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| Wenn Sie nach dem Lesen Ihre optisch vielleicht etwas in die Jahre gekommene Küche mit anderen Augen sehen sollten, haben Sie auÃerdem etwa 11 400 Euro gespart. So viel geben Menschen nämlich im Schnitt für eine neue Küche aus. Ich spare mit meinem unmodischen Strandhemd weniger, die gibt es neu vermutlich für 20 Euro, aber dann müsste ich ja auf das Glück verzichten, beim Anziehen in Erinnerungen zu schlüpfen. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Ihre Dorothea Wagner P.S.: Falls Sie trotzdem eher Lust auf Konsum haben: Wir verlosen gerade ein VIP-Einkaufserlebnis im Ingolstadt Village.
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