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Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 11.03.2022 | Strahlend sonnig und trocken bei um die 8°C. | ||
+ WHO-Empfehlungen für die Ukraine + Berliner Hilfsgesuch bekommt Korb von der Bundeswehr + Bildungssenatorin spricht von Flucht als „Abenteuerreise“ + |
von Nina Breher |
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Guten Morgen, mit diesem Vormittag beginnt die dritte Woche des Krieges in der Ukraine. Zunächst die wichtigsten Ereignisse der Nacht: +++ Nach Einschätzung des Pentagons versucht die russische Armee, folgende Städte zu umzingeln: Kiew, Charkiw, Tschernihiw, Mariupol. +++ Schätzungen der Ukraine zufolge hat der bisher zweiwöchige Krieg bereits 100 Milliarden US-Dollar Schaden verursacht. +++ Die WHO hat der Ukraine empfohlen, gefährliche Erreger zu zerstören, die in Laboren des Landes lagern. Damit sich keine Krankheiten ausbreiten, falls die Einrichtungen attackiert werden. Das berichtet Reuters. +++ Nach ukrainischen Angaben sind über 80.000 Menschen aus den Gegenden rund um Kiew sowie aus Sumy geflohen – durch humanitäre Korridore. +++ Aus Mariupol hingegen konnte laut der Ukraine erneut niemand evakuiert werden. Um es mit den Worten des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk zu sagen, der im Berliner Abgeordnetenhaus zu Gast war: „Seit 14 Tagen wird Mariupol bombardiert, Tag und Nacht.“ Es gebe keinen Strom, keine Heizung. „Man sammelt Schnee, um zu trinken.“ Melnyk attestierte der deutschen Politik „kollektives Versagen“ hinsichtlich ihrer Appeasement-Politik gegenüber Putin. Wir informieren Sie rund um die Uhr – in unserem Newsblog, auf tagesspiegel.de und mit unserer interaktiven Karte, die Truppenbewegungen und mehr zeigt. | |||||
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Um Hilfe bei der Aufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine zu erhalten, übt Berlin derzeit Druck auf den Bund aus – und hat vorerst einen Korb erhalten. Berlin erhält bei der Kriegsflüchtlings-Aufnahme nach Tagesspiegel-Informationen keine Hilfe von der Bundeswehr. Gestern hatte die Regierende darum gebeten („werden die Unterstützung der Bundeswehr erbitten“, Giffey, Mittwoch), gestern Vormittag wurde sie dafür aus der Bundespolitik harsch kritisiert: „Nein, Franziska Giffey. Damit muss endlich mal Schluss sein. Die Bundeswehr ist kein erweitertes Hilfswerk“ (Verteidigungsausschuss-Vorsitzende Strack-Zimmermann/Twitter). Mittags ruderte Giffey im Abgeordnetenhaus schon ein wenig zurück (ein Einsatz der Truppe „könne gegebenenfalls sein“). Am Nachmittag gab es dann intern eine Absage. Das erfuhr Alexander Fröhlich. Wie mehrere Teilnehmer der internen Videokonferenz berichteten, soll Oberstleutnant Sven Broszeit der Bitte Berlins, Soldaten für die Hilfe für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine abzustellen, eine klare Absage erteilt haben. Begründet worden sei sie mit der aktuellen Lage. Mitarbeiter von Senatsverwaltungen gaben an, die Folgen des Krieges in der Ukraine seien zunächst unterschätzt worden. „Wir sind hinter Lage und kommen nicht vor die Lage“, sagte ein hochrangiger Beamter dem Tagesspiegel. Für Kritik aus Bezirken und aus der höheren Ebene der Sozialverwaltung sorgt, dass die Innenverwaltung keinen Katastrophenfall ausruft. Auch Giffey lehnt das ab: „Noch sind wir nicht an dem Punkt.“ Man werde ihn auch nicht brauchen, wenn man die Geflüchteten über das gesamte Bundesgebiet verteile. Auf Arbeitsebene aber fordern Senatsverwaltungen und Bezirksämter die Ausrufung des Katastrophenfalls, berichtet Alexander Fröhlich. | |||||
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Wie ernst ist die Lage in Berlin? +++ Mehr als 18.000 Ukrainer*innen wurden seit Kriegsbeginn in Berlin untergebracht – 9000 vom Senat, 9000 über die Karuna-Bettenbörse. Das erfuhren Sabine Beikler und Julius Betschka. +++ Die Messe Berlin wird kurzfristig ein weiteres Notquartier. Zudem sagte Giffey im AGH, auch der Ex-Flughafen Tempelhof sei als Unterkunft im Gespräch, auch mit Brandenburg gebe es Austausch. +++ Laut Sozialsenatorin Kipping soll das BMI am Donnerstagabend 17 Busse aus Polen direkt nach Berlin geleitet haben – und sie nicht über ganz Deutschland verteilt haben. Dazu Kipping: „Ernst der Lage nicht verstanden.“ (Twitter/Julius Betschka) +++ Ex-Polizeipräsident Klaus Kandt berät die Taskforce des LAF zu Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine. +++ Interne Berechnungen des Senats gehen inzwischen davon aus, dass eine mittlere einstellige Millionenzahl an Kriegsflüchtlingen nach Deutschland kommen könnte. | |||||
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Keine Trauer um etwas, das es nicht mehr gibt. Keine Angst, etwas zu verlieren, weil es schon weg ist. Flucht vor Krieg – bei richtiger Betrachtung eine Abenteuerreise. Was wie schlechter Rat aus einem esoterisch angehauchten Selbsthilfe-Ratgeber klingt, hat Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) in einem verunglückten Bericht über ihre Begegnung mit einer Gruppe jüdischer Waisenkinder gesagt. Im Abgeordnetenhaus erzählte sie begeistert, „wie gut es den Kindern geht“. Kurz nach der schon etwas seltsam platzierten Feststellung „Viele sprechen sogar Deutsch!“ setzte sie zum Sinkflug an: „Das klingt jetzt seltsam“, sagte Busse (zumindest das stimmte), „aber diese Kinder trauern nicht mehr um ihre Eltern und haben keine Angst, weil sie haben ja keine mehr.“ Es klang, als könne, wer seine Eltern schon verloren hat, sie ja nicht mehr vermissen – das wiederum ließ Logik vermissen und klang ungewollt zynisch. Aber Busse setzte noch einen drauf, sagte, die Kinder hätten über die Flucht gesagt: „Ja, das ist eigentlich wie eine Abenteuerreise“. Das habe sie gefreut, beendete die Senatorin ihren glaubhaft beherzt vorgetragenen, aber völlig missglückten Beitrag (Video hier). Es kommentieren: die zerknautschten Gesichter von Finanzsenator Wesener (Grüne) (Foto) und Justizsenatorin Kreck (Linke) (Foto). | |||||
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War da noch was? Ach ja, die Pandemie. Das RKI meldete gestern erstmals mehr als 250.000 Neuinfektionen an einem Tag; in zehn Tagen entfallen die meisten Maßnahmen. Die Elternvertretung einer Grundschule in Prenzlauer Berg schreibt dazu: „Derzeit sind 15 von 22 Lerngruppen von veränderter Unterrichtsplanung betroffen“, müssten früher gehen, später kommen „oder sogar gänzlich zuhause bleiben, da die Betreuung nicht gewährleistet werden kann“. Kurz: „Freedom Day“, aber als schulfreier Tag. | |||||
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Hier eine Auswahl weiterer Artikel und Analysen, die Sie heute mit einem Digital-Abo lesen können: — „Mach dir keine Sorgen, ich komme hier raus“: Wenn das Grauen des Krieges ein Gesicht bekommt. Tetiana Perebyinis und ihre Kinder wurden in Irpin getötet – das Bild ging um die Welt. Fotografin Lynsey Addario nennt es „Zeugnis eines Kriegsverbrechens“. Wer sind die Menschen hinter dem Foto? — Putins Krieg gegen Krankenhäuser: „Für die russischen Angreifer gibt es keine Tabus“. Eben war er noch Geburtsarzt, sagt der Chef einer Kinderklinik in Kiew. Jetzt behandeln sie dort Soldaten. Und fürchten, dass Putins Angriff auch den Schwächsten gilt. — Massiver Einbruch des Getreidemarkts befürchtet: Ukraine-Krieg könnte Millionen hungern lassen. Experten befürchten weltweite Folgen durch Ausfälle bei Lebensmittel- und Düngerexporten. Vor allem der globale Süden dürfte davon betroffen sein. — „Wir machen weiter, bis wir gewonnen haben“: Ein Dutzend junger Ukrainer rettet die Kriegsberichterstattung. Internationalen Journalisten fällt es immer schwerer, an Informationen aus dem Kriegsgebiet zu kommen. Eine Gruppe Charkiwer Kommunikationsprofis hat eine Lösung. — Desinformation, Empörung, Heldenfiguren: So bestimmen soziale Medien den Blick auf den Ukraine-Krieg. Russen haben kaum noch Zugang zu freien sozialen Medien. Eine Cybersicherheitsexpertin erklärt, wie sich die digitalen Kanäle in Kriegsschauplätze verwandelt haben. | |||||
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