heute ist ein Tag, der wie gemacht ist für uns alle – also für mich, mich und mich auch. Denn heute ist der 5. März, der „National Multiple Personality Day“. Zumindest in den USA ist das ein Aktionstag, mit dem Betroffene auf ein angeblich weit verbreitetes Phänomen hinweisen wollen: Auf das Leiden an der fragmentierten Persönlichkeit. Das Phänomen selbst ist wirklich interessant: Ganz verschiedene Persönlichkeitsanteile mit unterschiedlichen Stimmen, Charakteren, Talenten, ja sogar Leber- oder Insulinwerten übernehmen in sich abwechselnden Zyklen die Regie im Leben eines Menschen. Morgens also Dr. Jekyll, abends Mr. Hyde. Literaten und Filmemacher hat die multiple Persönlichkeit in ihrer Phantasie beflügelt. Das Ergebnis war etwa Norman Bates, der Protagonist aus Hitchcocks „Psycho“. Doch während Bates mal Mann, mal Mutter, mal Mörder, mal Unschuldslamm war, sind sich Psychiater heute nicht einmal einig, ob es dieses Krankheitsbild überhaupt gibt. Vielleicht ist es mittlerweile aber auch nur zum Normalfall herabgestuft worden. Wir fluiden Urbanisten und postmodernen Sneaker-Träger haben doch längst verschiedene Avatare und Teilidentitäten ausgebildet, die wir über unseren gesamten Psychohaushalt verstreut haben: Auf Facebook etwa umkringeln wir das eigene Porträt mit dem Aufruf #AlleFürsKlima, und einen Klick weiter auf Expedia dann buchen wir den nächsten Flug in einen indischen Aschram. Kein Problem. Ich bin viele. Die Menschen in meiner Umgebung sind es doch auch. Jens Spahn zum Beispiel: Am Kabinettstisch ist er der Gesundheitsminister, beim Amtsgericht Schöneberg der private Eigenheimkäufer und während eines Abendessens in Leipzig der nette Spendensammelmann. Bei so viel Unübersichtlichkeit bietet ein „National Multiple Personality Day“ eine wirklich gute Gelegenheit, um einmal Ordnung in das ganze Chaos der eigenen Identität zu bringen. Liest man auf Cicero-Online das Interview, das Antje Hildebrandt mit dem Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel geführt hat, so fallen auch hier die vielen Identitäten auf, die der Mann hat. Mal Jurist, mal Buchautor, mal Realist, mal Alarmist. Auf jeden Fall ist Knispel einer, der sich mit dem schlechten Zustand von Rechtsstaat und Justizsystem auskennt. Angela Merkel ist übrigens Kopfdemokratin. Auch das ist so ein merkwürdiges Identitätsgemisch. Wer es besser verstehen will, der sollte Frank A. Meyers Text „Merkelland, glückliches Land“ lesen. Herzliche Grüße von mir und meinen inneren Teilen Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |