Barbara Vorsamer über Panik in Eltern-Chats.
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3. März 2023
Familie
Alles, was Eltern interessiert
Barbara Vorsamer
Barbara Vorsamer
Redakteurin Gesellschaft
SZ Twitter Mail
Guten Tag,
vor kurzem tauchte im Elternchat der Grundschulklasse meines Kindes ein Screenshot auf. Es war eine E-Mail, offenbar vom Elternbeirat eines benachbarten Gymnasium. Darin stand die Information, dass zwei Schüler auf dem Weg von einem Mann im schwarzen Mercedes angesprochen worden seien. Er habe versucht, sie in sein Auto zu locken. Weiter stand in der Mail, dass die Polizei informiert sei und alle aufmerksam sein sollten.

So weit, so verständlich, unsere Schule ist nicht sehr weit von der anderen entfernt. Der genau gleiche Screenshot erreichte mich am selben Nachmittag aber noch dreimal, über andere Mütter, Nachbarn und einen Freundinnen-Chat. Immer mit: Hast du schon gehört? Und: Lässt du dein Kind noch raus?

Am nächsten Tag herrschte unter den wartenden Müttern vor der Schule helle Aufregung. Jedes schwarze Auto wurde genau beobachtet, ein mehrere Minuten dort parkender Mann in einem Audi löste fast Panik aus. Als ich mit meinem Sohn dann nach Hause ging, erzählte er mir, dass gestern zwei Kinder aus seiner Schule entführt worden seien. Er war sich da ganz sicher: Das hätten heute alle auf dem Pausenhof erzählt. Es hat also gerade einmal einen halben Tag gedauert, damit aus der Tatsache „zwei Kinder aus Schule A erzählen, dass ein Mann sie angesprochen habe“ das Gerücht „in Schule B sind zwei Kinder verschwunden“ wurde.

Kennen Sie derartige Nachrichten? Seitdem ich Kinder habe, bekomme ich sowas immer wieder. Doch so wichtig es ist, jederzeit genau hinzuschauen und seinen Kinder beizubringen, nicht mit unbekannten Menschen mitzugehen: Ich glaube, wir fürchten uns hier zu sehr vor „dem Fremden“, wenn doch die eigentliche Gefahr meist woanders lauert.

Dass vielen Kindern körperliche und sexuelle Gewalt angetan wird, ist eine traurige Tatsache, wie meine Kollegin Michaela Haas hier anhand einer ans Herz gehenden Schulaktion in Frankreich deutlich macht. Die Bundesregierung schätzt, dass in in jeder Klasse ein bis zwei Schülerinnen oder Schüler betroffen sind. Doch die größte Gefahr ist nicht der fremde Mann im schwarzen Auto, der das Kind auf dem Schulweg entführt – sondern der eigene Vater, Stiefvater, Bruder, Onkel, Opa. Seltener auch Mütter, Tanten, Omas. 97 Prozent aller Gewalttaten gegen Kinder ereignen sich im Nahfeld, also in der Familie, dem Sportverein, der Schule oder der Jugendgruppe.

Präventionsexpertin Agota Lavoyer erzählt in diesem Interview: „In meinen Kursen höre ich immer wieder, dass Eltern versichern, ihren Kindern in jedem Fall zu glauben. Wenn die beschuldigte Person dann aber der eigene Mann oder Bruder ist, wird doch gezweifelt.“ Sie erklärt, wie wichtig es daher ist, sexuellen Missbrauch im eigenen Umfeld für denkbar zu halten; wie Eltern genau hinsehen, ohne paranoid zu werden; und was Anzeichen sind, dass das eigene Kind betroffen sein könnte. Ich empfehle Ihnen dieses Interview sehr.

Es hat an jenem Nachmittag eine Weile gedauert, bis ich meinen Sohn davon überzeugt hatte, dass ganz bestimmt nicht zwei seiner Schulkameraden von einem fremden Mann entführt worden sind. Wäre dem so, wüssten nicht nur ich, sondern vermutlich auch Sie, die Bild-Zeitung und das ganze Land davon. Ich wünsche mir daher, dass wir Eltern uns in Zukunft weniger vor „dem Fremden“ fürchten, und vor allem, dass wir unsere Ängste nicht ungefiltert an unsere Kinder weitergeben. Die allermeisten Menschen – das bleibt trotz der hohen Zahlen wahr – sind keine Täter.

Ein schönes Wochenende wünscht
Barbara Vorsamer
Redakteurin Gesellschaft
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