Liebe/r Leser/in, wenn die folgenden Zahlen Buchstaben wären, ich würde für sie keine Worte finden: 600 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds für Firmen, die durch das Coronavirus Schaden erlitten haben. Zehn Milliarden Euro für Kurzarbeitergeld. 50 Milliarden Euro für Kleinunternehmer, Freiberufler und Soloselbstständige. Mehr als 750 Milliarden Euro Soforthilfe vergeben Bund und Länder derzeit an deutsche Unternehmen; die Lufthansa allein soll mit rund zehn Milliarden Euro gerettet werden. Es sind Zahlen, die mich zittern lassen.
Und dann gibt es eine Zahl, die mich in den vergangenen Tagen ebenso beeindruckt hat, die mich aber hoffnungsvoll und positiv stimmt. Es ist eine Zahl, die Aufbruch verkündet, die Begriffe wie Quarantäne oder Kontaktverbot vergessen lässt und die Sehnsucht nach Schönem und unserem alten Leben zurückholt. In einer chinesischen Modeboutique, Inhaber ein französisches Luxuslabel, wurden Mitte April, am Tag der Wiedereröffnung nach dem Lockdown, an nur einem Samstag stolze 2,47 Millionen Euro Umsatz gemacht. Die Zahl aus China, dem Land, in dem die Pandemie ihren Ursprung hat, sie zeigt, dass unter dem Eis der Corona-Wirtschaftskrise der Frühling wartet. Die Sehnsucht nach Dingen, die angeblich Glück versprechen. Es ist Mai, es ist Frühling. Die Natur erwacht, es zieht uns raus, wir brechen auf. „Aufbruch Zukunft“, so steht es auf dem Titel dieser Ausgabe, und so heißt die neue Initiative von Hubert Burda Media, dem Unternehmen, in dem FOCUS erscheint. „Aufbruch Zukunft“ soll ein Motor des Mutes sein, ein Motor, der zum Mitmachen inspirieren soll, die Krise als Chance zu begreifen. Die Wochen des Stillstands, der Kampf gegen die Pandemie hatten Deutschland fest im Griff – jeden Einzelnen, die Wirtschaft, die Märkte, die Politik, unsere alltägliche Kultur, unser Miteinander, die gesamte Gesellschaft. Die Welt nach bzw. mit Corona wird eine andere sein – und sie zu gestalten braucht konstruktives, innovatives Denken, es bedarf Gründergeist und einer kollektiven Anstrengung. Nicht nur das Leben jedes Einzelnen hat sich gravierend verändert, sondern auch die Art, wie wir miteinander umgehen, kommunizieren und leben. Unsere Gesellschaft wird durch die Krise neue Identifikationsfiguren bekommen: Neue Idole entstehen, andere Vorbilder verlieren an Relevanz. „Aufbruch Zukunft“: In dieser Ausgabe stellen wir ab Seite 38 Menschen vor, die Deutschland jetzt wieder nach vorn bringen – mit neuen Produkten, neuen Ideen, Innovationen. Und es kommen wichtige Familienunternehmer zu Wort, die ihre Strategie erklären, wie Deutschland der Neustart gelingt. Ab Seite 70 fordert der Digitalpionier Marc Andreessen in einem Gastbeitrag den Westen auf, wieder selbst für Innovation zu sorgen und Dinge zu bauen. Denn seit dem Smartphone seien fast alle wesentlichen Zukunftstechnologien im Fernen Osten entstanden. Auch deshalb sehe ich Corona als Chance, endlich ein starkes Europa aufzubauen, das sich nicht hinter Amerika und Asien verstecken muss. Zu Beginn dieses Textes habe ich von gigantischen Zahlen erzählt, für die man nur schwer Worte findet. Es ist Mai, es ist Frühling. Und mir fallen Worte des Aufbruchs ein, die Manfred Krug, vielen von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser sicher als „Tatort“-Schauspieler oder „Liebling Kreuzberg“ bekannt, einst als Jazzer sang: „Wenn’s draußen grün wird, fällt mir nur noch Liebe ein Es kommt über mich und bricht mir das Herz Mag Sonne scheinen, oder mag es trübe sein Ein Gefühl so zwischen Freude und Schmerz Im wunderschönen Monat Mai Als alle Knospen sprangen – da ist nicht nur in Heines Herz Liebe aufgegangen Wenn’s draußen bunt wird, dann wird mir so gut zu Mut Und auch jeder Blume, jedem Getier Dann steigt der Saft in Bäume und auch uns ins Blut“ Ich liebe dieses Lied – „Wenn’s draußen grün wird“ ist mein Aufbruch-Song. In jedem Frühling, den ich lebe. |