Plus: Wie unsere Autorin ihr Lächeln verlor
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Guten Tag,

zu den Momenten, in denen man sich als Elternteil besonders pfiffig vorkommt, zählt zweifellos der, in dem man ein Kuscheltier doppelt kauft. Auf keinen (!) Fall will man zu den Eltern gehören, die kurz vor Innsbruck umdrehen und zurück über den Brenner bis nach Trento fahren müssen, weil das geliebte »Mäh«, Kuscheltierschaf des Herzens, im Hotel vergessen wurde und das Kind auf dem Rücksitz Rotz und Wasser heult. Haha! Nicht mit mir! Ich hab immer ein Ersatz-Mäh in der Hinterhand.

Das Verhältnis zwischen Kind und Kuscheltier ist die erste große Liebe. Es ist sogar mehr als Liebe. Es ist Zerliebe. Denn das Wesen aus Stoff und Watte und Faden und manchmal Knöpfen ist oft das erste Ding, das vom Kind einen Namen bekommt und wird tatsächlich in Fetzen geliebt, und es ist gar nicht so einfach, später im Leben ein Wesen zu finden, dass man so zerlieben will und kann.

Die Fotografin Katja Kemnitz hat Stofftierpaare gesammelt, einmal neuwertig, einmal zerliebt, und daraus eine herzerwärmend schöne Bilderstrecke gemacht, die fast Unmögliches schafft: Liebe sichtbar zu machen. Das SZ-Magazin zeigt eine Auswahl ihrer Arbeiten als Titelgeschichte in der neuen Ausgabe, und die Redakteurin Dorothea Wagner hat dazu ein sehr berührendes Essay über Nostalgie und Sehnsucht geschrieben.
Zerliebt

Und was die eigene Pfiffigkeit angeht: Natürlich kam es irgendwann dazu, dass das Mäh meiner Tochter nicht mehr aufzufinden war. Sie weinte, bis die Welt keine Farben mehr hatte, und wären wir kurz vor Innsbruck gewesen, ich hätte nicht gezögert und wäre Richtung Brenner umgedreht. Aber nachdem alle Matratzen abgeräumt, alle Freundinnen angerufen, alle Verstecke ergebnislos durchsucht waren, ging ich zu meinem Ersatz-Mäh-Versteck, holte das Ersatz-Mäh aus dem Schrank und reichte es mit tröstenden Worten meinem Kind.

Das Gefühl von Stolz über die eigene Weitsicht hielt nur einen Wimpernschlag. Dann pfefferte meine Tochter den Ersatz in die Ecke, noch lauter weinend, noch verzweifelter, noch untröstlicher: »Das ist nicht MEIN MÄH!«

Und sie hatte ja recht. Das wohlfrisierte, neuwertig-flauschige Kuschelschaf hatte absolut nichts gemein mit dem bereits über Jahre durchgesabberten, lumpigen, krummohrigen, fadenwerfenden, müffelnden, einäugigen Mäh, das sie liebte und vermisste. Tausend Lieder und Gedichte handeln davon, dass man nach einer vergangenen Liebe eine neue finden wird. Kein einziges Lied, kein einziges Gedicht handelt davon, dass ein neues Kuscheltier ein altes ersetzen kann – und das ist kein Wunder. Zerliebe kann man nicht ersetzen.

Wenn es mal soweit sein sollte: Vergessen Sie nicht, hinter der Heizung nachzusehen.

Ihr Michael Ebert
Chefredakteur
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