Liebe/r Leser/in, vielleicht sollten wir aufhören, im Zusammenhang mit dem Geschehen in Berlin von „Regierungshandwerk“ zu reden. Das Wort „Handwerk“ steht für solide, wertbeständige Arbeit, genau das nimmt der Handwerksmeister für sich in Anspruch, dafür wird er bezahlt. Folglich müsste der Berufsstand sich allmählich dagegen wehren, mit der Leistung der Bundesregierung in Verbindung gebracht zu werden. Bei aller Freude am politischen Streit um das beste Argument – was die Ampelregierung abliefert, ist so ziemlich das Gegenteil von handwerklicher Exzellenz. Hier staunt das Volk, also die zahlende Kundschaft, über innerkoalitionäre Kindereien, gegenseitige giftige Briefe, unausgegorene Ideen (wie zuletzt beim Elterngeld). Obendrauf kommt ein gesetzgeberisches Debakel, zu dem selbst den Altvorderen im Regierungsbetrieb das historische Beispiel fehlt. Wenn die Verfassungsrichter in Karlsruhe sich genötigt sehen, den Pfusch zu stoppen, wie jetzt beim Heizungsgesetz passiert, dann ist das ein einzigartiger Vorgang und ein höchst alarmierendes Zeichen. „Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten.“ Mit diesem denkwürdigen Satz haben die höchsten Richter verhindert, dass die sogenannte Wärmewende von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck noch vor der Sommerpause durch das Parlament gepeitscht wird.Just an dem Tag, als das Verfassungsgericht seine Watschen verteilt hat, meldeten die Demoskopen, dass die AfD in den Umfragen in Thüringen zur stärksten Partei aufgestiegen ist, mit einer Zustimmung von deutlich mehr als 30 Prozent. Der Zeitpunkt der Ereignisse ist zufällig, es mag auch unterschiedliche Ursachen geben für den Aufschwung der vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsaußenpartei – der Ärger über die handwerklichen Unzulänglichkeiten der Regierung ist sicher einer davon. Die „Angst der Menschen um ihr Eigentum“, so der Originalton von FDP-Chef Christian Lindner zum Habeck’schen Heizungsgesetz, ist gewiss kein Beitrag, die AfD zu schrumpfen. „Wir laufen gerade Gefahr, viele Menschen, die guten Willens sind, zu überfordern, zu frustrieren oder gar zu verlieren“, hatte der Unternehmer Stefan Quandt vorige Woche zum Start unserer Serie „Deutschland 2030“ gemahnt. Dabei warnte der BMW-Großaktionär vor einem weiteren Erstarken der Extreme, wenn die Ampelregierung „keine gesunde Balance zwischen Klimaschutz und der dafür notwendigen Lastenverteilung für Bürger und Unternehmen findet“. Seine Wortmeldung hat offenbar einen Nerv getroffen, Tausende Kommentare haben uns dazu erreicht. Für die zweite Folge unserer „Mut statt Murks“-Serie haben wir nun BDI-Präsident Siegfried Russwurm getroffen, er spricht über die Stärken der deutschen Industrie, die Gefahren für unseren Wohlstand und was das alles mit dem erwähnten Regierungshandwerk zu tun hat. Natürlich interessiert uns dazu auch Ihre Meinung: Was läuft schief im Land? Was ärgert Sie am meisten? Und welche Ideen haben Sie zur Lösung? Schreiben Sie uns unter: [email protected]. |