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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 22.01.2020 | Bewölkt und regnerisch bei Höchsttemperaturen von 6 °C. | ||
+ Beim Alexanderplatz wurde in der Nacht eine Weltkriegsbombe entschärft + Berliner sollen ihre Vermieter bei Mietendeckel-Verstößen selbst verklagen + Günther will Verbrenner-Autos bis 2035 aus Berlin aussperren + |
von Stefan Jacobs |
Guten Morgen, dieser Blindgänger hat die Stadt am Dienstag kalt erwischt: Stralauer, Spandauer und Grunerstraße gesperrt, Bahnhof Alexanderplatz dicht, Fernsehturm geschlossen, gut 1000 Wohnungen vom Nikolaiviertel bis zur Jannowitzbrücke evakuiert, Rotes Rathaus geräumt. Dort fiel wegen der Entschärfung der 250-Kilo-Weltkriegsbombe ausgerechnet die Präsentation der DVD-Doku „Don’t call it Heimweh“ über das Leben der Berliner Ehrenbürgerin Margot Friedländer aus. Die 98-Jährige, die den Holocaust überlebt hat, wollte an der Präsentation teilnehmen. So dramatisch kann Geschichte plötzlich werden. Glücklicherweise endete der lange Abend gut: Um 0:13 Uhr meldete die Polizei die erfolgreiche Entschärfung – und dankte ebenso wie die Feuerwehr allen Beteiligten für ihre gute (Zusammen-)Arbeit. Wenn’s drauf ankommt, funktioniert Berlin dann doch. | |||||
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Wie kann es sein, dass eine 35-Jährige sich an einem schönen Januarsonntag aufs Rennrad schwingt und nie wiederkommt, weil ein Bus sie überfährt? Die verbindliche Antwort auf diese Frage wird irgendwann ein Gericht geben. Aber die Brutalität des Unglücks vom Sonntag und die scheinbar unproblematischen Rahmenbedingungen – BVG-Bus biegt bei guten Sichtverhältnissen an überschaubarer Kreuzung rechts ab – machen es schwer, darauf zu warten. Nach CP-Informationen wurde an der Kreuzung in Johannisthal in den vergangenen drei Jahren ein Autofahrer schwer verletzt, vier Mal gab es Sachschaden. Das reicht fürs Prädikat „unauffällig“. Womöglich resultierte der tödliche Crash einfach aus dem tragischen Zusammentreffen einer schnellen Radfahrerin und eines unaufmerksamen Busfahrers mit dem trügerisch wohligen Gefühl, die Straßen am Sonntagmittag fast für sich allein zu haben. „Dieser Unfall hat ein Beben im Unternehmen ausgelöst“, sagt BVG-Sprecherin Petra Nelken. Weil das Fahrpersonal der BVG täglich mehr als 100.000 Buskilometer unter oft schwierigeren Bedingungen absolviert und seit vielen Jahren keinen derart schweren Unfall verursacht hat. Aber auch, weil der nagelneue Bus einen von Nelken so genannten „Abbiegeassistenten“ an Bord hat: Der rechte Blinker aktiviert eine Kamera über der vorderen Tür, deren Bild dem Fahrer angezeigt wird. Eine Sonderanfertigung für die BVG, sagt Nelken. Keine Hilfe für den Fahrer, sondern ein Beitrag zu seiner Überforderung, kontert der Unfallforscher Siegfried Brockmann. Er hielte ein System mit Warnung – Blinklicht am Türholm und Vibration im Fahrersitz – für sinnvoller. Nelken sagt: „Die Systeme, die es bisher gibt, reagieren für unseren Großstadtverkehr zu empfindlich.“ Aber ist ein Menschenleben nicht tausend Fehlalarme wert? | |||||
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Um vom Mietendeckel zu profitieren, sollen Berliner Mieter ihren Vermietern selbst eins auf den Deckel geben: Anders als ursprünglich geplant sollen die Preisgrenzen nicht von Amts wegen durchgesetzt werden, sondern von den jeweils Betroffenen – wenn auch mit Unterstützung durchs Bezirksamt. Es ist eine der Präzisierungen, die die Koalition am Dienstag in ihr Gesetz geschrieben hat, damit es juristisch solider wird. Heute soll der Stadtentwicklungsausschuss darüber beraten – zum Ärger der Opposition, die nur ein paar Stunden Zeit hatte, sich mit dem aktuellsten Stand des Mietendeckels inhaltlich auseinanderzusetzen. Sofern sie das überhaupt vorhatte. | |||||
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Die Causa Florian Schmidt beschäftigt nicht nur die Politik, sondern auch die CP-Leserschaft. Zwei Beispiele für die inhaltliche Spannbreite: Volker D. schreibt, dass Schmidts Vorgesetzte angesichts der Schwere der Vorwürfe wohl verpflichtet wäre, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten – was Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) anders sieht. Dagegen wirft Ulrike U. dem Tsp und dem CP vor, einen Ausnahmepolitiker zu kriminalisieren, „der sich mit aller Kraft gegen den Ausverkauf der Berliner Innenstadt wendet und versucht, den Menschen ihre Wohnungen in ihrem vertrauten Umfeld zu retten“. Die lokale FDP hat indessen einen bis 2017 zurückreichenden Fall ausgebuddelt, in dem Schmidt trotz mehrmaliger Erinnerung bis heute keine vollständige Akteneinsicht gewährt habe. | |||||
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Während der Regiermeister an seiner Präsentation für die IAA-Bewerbung feilt, verkündet die Verkehrssenatorin die nächsten Deadlines: 2030 soll die City für Verbrenner gesperrt werden, 2035 die gesamte Stadt (CP-Leser wussten’s ja als Erste schon Montagfrüh). Die Koalitionspartner finden das Vorhaben richtig, aber den Zeitplan angesichts der suboptimalen Alternativen zu ambitioniert, die vom RBB (zweckmäßigerweise an einer Tankstelle befragten) Bürger bekloppt. FDP-Chef Sebastian Czaja war so echauffiert, dass er sich in seinem Statement mehrfach vertippte: Statt der Verbote müssten der ÖPNV ausgebaut und „eine bessere städtebaulichen Durchlüftung vorangerieben werden“. Wenn ich die 90er-Jahre-Mühlen sehe, mit denen das Bezirksamt meines Vertrauens bis heute durch die Gegend dieselt, fürchte ich, dass noch ein paar andere Dinge vorangerieben werden müssten. Verschwörungstheoretisch hat auch die Anmerkung eines CP-Lesers, dass Tesla gerade den Giga-Kaufvertrag unterschrieben hat, ihren Reiz. | |||||
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Die… die, die … ähm … die Juristinnen und Juristen der 27. Kammer des Landgerichts haben noch mal über ihre Entscheidung vom September zum Gepöbel gegen Renate Künast geschlafen – und sechs von 22 Facebook-Kommentaren nun doch für strafbar befunden. „Stück Scheiße“ ist nun verboten, aber „alte perverse Drecksau“ und „der wurde in den Kopf geschissen“ bleiben als Meinungsäußerungen zulässig. Danke, hohes Gericht, für dieses grandiose Signal in Zeiten, in denen Staatsverächter Todeslisten führen und demokratisch gewählte Volksvertreter zurücktreten, weil sie nicht die nächsten sein wollen, bei denen den auf die rhetorische Vorbereitung via Social Media die reale Attacke folgt. | |||||
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