Vorsicht! Der Rückgang der Inflation kommt ins Stocken
Vorsicht! Der Rückgang der Inflation kommt ins Stocken von Sven Weisenhaus Die Börsen mussten heute zwei negative Nachrichten verdauen. Zuerst wurde gemeldet, dass sich die deutsche Wirtschaft Ende 2022 letztlich doch noch schwächer entwickelt hat als erhofft und zunächst auch gemeldet. Denn wie das Statistische Bundesamt anhand von aktuellen Daten berichtet, sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Oktober bis Dezember um 0,4 % zum Vorquartal. In einer vorherigen Berechnung von Ende Januar hatte die Behörde „nur“ ein Schrumpfen der Wirtschaft um 0,2 % festgestellt (siehe auch Börse-Intern vom 31. Januar), wobei damit bereits eine erste Schätzung nach unten revidiert worden war, bei der sogar noch von einer schwarzen Null die Rede war (siehe Börse-Intern vom 13. Januar). Deutschland: Hohe Inflation und steigende Zinsen belasten Hauptgründe für das schwache Abschneiden sind der Konsum und die Bauinvestitionen. Die privaten Konsumenten haben ihre Ausgaben um 1,0 % zum Vorquartal reduziert – sicherlich wegen der hohen Inflation. Und diese hat auch die Bautätigkeit belastet (-2,9 %), neben den gestiegenen Zinsen. Da Inflation und Zinsen nach wie vor hoch sind und sich lediglich die Inflation langsam abschwächt, die Zinsen aber derweil weiter steigen, wird die Wirtschaft noch einige Zeit belastet bleiben. Dazu passt auch die heutige Meldung, dass der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe im Dezember nominal, also nicht preisbereinigt, um 10,4 % und real sogar um 23,4 % unter dem Vorjahreswert lag. Vom Hochpunkt im März 2022 brachen die Auftragseingänge massiv ein und sie erreichten im November das niedrigste Niveau seit Januar 2018 (!). Zwar konnten die Auftragseingänge im Dezember real um 1,8 % zum Vormonat zulegen, ob damit aber eine Trendwende eingeleitet wurde, muss abgewartet werden. Noch ist der Trend jedenfalls klar abwärtsgerichtet. USA: Persönliche Konsumausgaben höher als erwartet Zum Thema Inflation passt die zweite negative Nachricht, die heute um 14:30 Uhr (MEZ) mit den PCE-Daten aus den USA kam. Der Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben (PCE = Personal Consumption Expenditures) stieg im Januar um 5,4 % zum Vorjahr, nach +5,3 % im Dezember. Das von der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) stark beachtete Inflationsmaß hat also an Tempo zugelegt. Erwartet worden war dagegen ein Rückgang auf +5,0 %. Auch der Anstieg zum Vormonat von 0,6 %, nach +0,2 % im Dezember, lag oberhalb der Erwartungen (+0,5 %). Gleiches gilt für die Kernrate, die im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 % und zum Vormonat um 0,6 % zulegte, statt erwarteter +4,3 % bzw. +0,4 %, nach +4,6 % bzw. +0,4 % im Dezember. Damit wurden die Zinssorgen wieder etwas angeheizt. Interessant ist, dass die hohe Inflation in den USA scheinbar keinen negativen Einfluss auf die Kauflaune der Verbraucher hat. Die „persönlichen Ausgaben“ stiegen mit +1,8 % deutlich stärker als erwartet (+1,3 %, Vormonat: -0,1 %). Allerdings wird in den USA deutlich mehr auf Kredit gekauft als hierzulande. Zumal die „persönlichen Einkommen“ im Januar mit 0,6 % weniger stark zulegten als die Ausgaben. Erwartet worden war ein Plus von 1,0 %. Doch immerhin war der Anstieg der Einkommen doppelt so hoch wie im Vormonat (+0,3 %). Das Thema-Lohn-Preis-Spirale ist damit nicht akut, die Entwicklung muss aber sehr genau im Auge behalten werden. Nachlassende Inflation steigert die Konsumlaune Dass sich die Laune der Verbraucher von der immer noch hohen Inflation nicht mehr trüben lässt, sondern stattdessen eine zunehmende Kauflaune herrscht, zeigt auch das um 16:00 Uhr (MEZ) veröffentlichte Verbrauchervertrauen der Uni Michigan. Es erreichte im Februar mit 67,0 Punkten den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr. Der Tiefpunkt der Verbraucherstimmung wurde übrigens im Juli erreicht. Der Hochpunkt der Inflation liegt im Juni. Man kann also offenbar einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Inflation und der Laune der Verbraucher herstellen. Das Tempo beim Rückgang der Inflation wird abnehmen! Stellt sich nur die Frage, ob die Konsumlust auch anhält, wenn die Inflation bald nicht mehr so schnell abnimmt, weil Basiseffekte aus der Statistik verschwinden. Denn ich erinnere daran, dass ich bereits am 13. Januar darauf hingewiesen habe, dass das Tempo beim Rückgang der Inflation abnehmen wird. Zitat: „… spätestens ab Februar werden die aktuellen Energiepreise mit den deutlich in die Höhe geschossenen Preisen zu Beginn des Ukraine-Krieges verglichen. Dann hat man es bei den Energiepreisen bereits mit einer Deflation zu tun. Die Inflation von über 9 % auf 6,5 % oder gar bald unter 5 % zu bekommen, ist daher ein Leichtes. Schwieriger wird es, die Kernrate, bei der die schwankenden Energiepreise nur indirekt eine Rolle spielen, auf das Ziel der Notenbanken von 2 % zurückzubekommen. Das könnte deutlich länger dauern als der Rückgang der Inflation von 10 % auf 5 %. Und wenn sich dies abzeichnet, durch weniger stark nachlassende Raten, könnten die Zinssorgen zurückkehren und die Hoffnung auf Zinssenkungen bereits im laufenden Jahr schwinden oder zumindest abnehmen.“ Viele der jüngsten Preis- und Inflationsdaten haben bereits enttäuscht, so auch die heutigen PCE-Daten. Die Freude über die geringere Inflation lässt bereits nach Und Anfang Februar haben die Aktienindizes S&P 500 und Nasdaq 100 ihre Erholungshochs markiert. Beim Dow Jones war dies sogar schon am 13. Dezember der Fall. DAX und Euro STOXX 50 konnten zwar noch am 9. bzw. 16. Februar ein neues Trendhoch markieren, doch Stand heute notieren sie nur noch auf dem Niveau vom 17. Januar. DAX bricht aus einer wichtigen Range nach unten aus Der DAX ist dadurch aus einer Seitwärtsrange ausgebrochen, die am 2. Februar begonnen hat, wie der folgende Chart zeigt, der regelmäßig im Börsenbrief „Target-Trend-Spezial“ analysiert wird. Die zwei Anstiege über die Rechteckgrenze bei 15.549 Punkten hatten sich zuvor als Fehlsignale entpuppt. Und nun könnten diese Bullenfallen durch den Ausbruch aus der Seitwärtsspanne nach unten bearishe Konsequenzen haben. Es mehren sich also aktuell die Signale, wonach die Bären langsam das Ruder übernehmen. Zunächst war dies „nur“ bei den US-Indizes der Fall (siehe jüngste Börse-Intern-Ausgaben), worauf unsere heimischen Werte überraschend immun reagierten. Doch jetzt hat es eben auch den DAX erwischt. Noch sind das nur zaghafte Korrekturen. Und es reicht ein starker Gegenschlag der Bullen, um wieder für Entwarnung zu sorgen. Doch wie ich vorgestern bereits schrieb, „könnte auch schnell Panik vor einer Fortsetzung des Bärenmarktes aufkommen“, wenn es nun zu Anschlussverlusten kommt und die Abwärtsbewegung Fahrt aufnimmt. Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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