Wenn der Newsletter nicht richtig dargestellt wird, klicken Sie bitte hier.
5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Woche hätte nicht schlechter beginnen können: Der dramatische Ausverkauf an den weltweiten Börsen geht weiter. Zu den Sorgen um die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie kommt die Furcht vor einem Ölpreiskrieg. Händler sprachen angesichts des Börsencrashs heute Vormittag von einem „Schwarzen Montag“.
 
Ein Dax-Einbruch um mehr als acht Prozent, auch wenn er nur von sehr kurzer Dauer war,  ist in der Geschichte äußerst selten, wie unsere Finanzmarktexperten Daniel Eckert, Anja Ettel und Holger Zschäpitz schreiben.
Börsianer reden von einem „Schwarzer Schwan“-Ereignis. So stark war der deutsche Leitindex zuletzt nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingebrochen. Auch im Oktober 1989 und während des Crashs von 1987 gab es prozentual vergleichbare Verluste. Größte Verlierer im Dax waren heute Vormittag die Aktien der Deutschen Bank, die um 15 Prozent absackten. Der Chemiekonzern BASF verlor mehr als zehn Prozent an Wert, ebenso der Autobauer Daimler. Was für ein Drama!
Grafik
Dabei hatte die Große Koalition in der Nacht versucht gegenzusteuern. Nach sieben Stunden Beratungen hatte sich der Koalitionsausschuss, eine Art De-facto-Kernregierung, auf ein Maßnahmenpaket geeinigt, das die Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie auf die deutsche Wirtschaft abfedern soll. Dazu soll das Kurzarbeitergeld ausgeweitet werden. Besonders betroffenen Unternehmen will die Bundesregierung finanziell unter die Arme greifen. Zudem sollen ein Investitionspaket und vereinfachte Verfahren bei der Planung von Verkehrs- und anderen Projekten helfen.

Noch einmal zur Corona-Krise: Haben Sie Kinder oder Enkel? Wenn ja, dann ist bei Ihnen in der Familie bestimmt schon diskutiert worden, was passiert, wenn Schulen wegen des Coronavirus geschlossen werden. Wirtschaftsreporterin Inga Michler ist zu einem deprimierenden Befund gekommen. Sie schreibt, dass die Corona-Krise die Defizite an Deutschlands Schulen schonungslos offenlegen werde: Nur wenige Kinder könnten zu Hause digital weiterlernen. „Für einen flächendeckenden Fernunterricht wären wir Stand heute schlicht nicht gerüstet“, zitiert sie Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. „In Sachen technischer Ausstattung der Schulen und Befähigung der Lehrer ist Deutschland ein bunter Flickenteppich.“ Viele Schulen hätten noch nicht einmal WLAN, von mobilen Endgeräten für die Schüler ganz zu schweigen. Auch fehlten gemeinsame Cloud-Lösungen, auf denen einzelne Schulen Lerninhalte hochladen und abrufbar machen könnten. Der Chef des Bundeselternrats macht sich keine Illusionen: „Wir befürchten, dass die meisten Schüler im Land dann schlicht mit dem Lernen aussetzen.“
 
Flüchtlingskrise: Auf dem Koalitionstreffen diese Nacht einigten sich Union und SPD auch darauf, einige hundert Kinder aus Flüchtlingslagern in Griechenland aufnehmen. „Ich werde mich weiter mit aller Kraft dafür einsetzen, dass wir hier gemeinsam mit anderen EU-Staaten schnell zu einer tragfähigen europäischen Lösung kommen“, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Vormittag. Dabei soll es vor allem um Kinder gehen, die entweder eine schwere Erkrankung haben, „oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre sind, die meisten davon Mädchen“.
 
Die dramatische humanitäre Situation im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Griechenland (das Foto zeigt Flüchtlinge im türkischen Edirne) dürfte auch Thema eines Besuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan heute Abend in Brüssel sein. Erdogan hatte am 29. Februar erklärt, die Grenze zur EU sei für Migranten offen. Dies ist ein Verstoß gegen das EU-Türkei-Abkommen. Das Verhältnis beider Seiten ist seitdem äußerst angespannt. EU-Vertreter warfen Erdogan mehrfach vor, die Staatengemeinschaft erpressen zu wollen und Migranten dafür zu instrumentalisieren. Zugleich signalisierten mehrere EU-Staaten weitere Hilfsbereitschaft – vorausgesetzt, die Türkei kehre zum Abkommen zurück.

Grafik
Vor dem Treffen heute Abend warnen Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien vor übermäßigen Zugeständnissen an Erdogan.Für den Grünen Cem Özdemir etwa sind ernsthafte Gespräche nur unter der Voraussetzung denkbar, „dass Erdogan sofort und ohne Vorbedingungen aufhört, die leidgeprüften Flüchtlinge an die griechische Grenze zu verfrachten, um uns zu erpressen“. Nach 18 Uhr werden wir mehr wissen.
 
 
Ich wünsche Ihnen einen guten Wochenstart

Ihr



Ulf Poschardt


Meine Leseempfehlungen für Sie
UNIPER-CHEF
„Die Gefahr eines Blackouts ist da“
Uniper scheint seinen Frieden mit dem Kohleausstieg gemacht zu haben. Dennoch warnt Vorstandschef Schierenbeck vor einer riesigen Stromlücke in Deutschland. In den nächsten drei Jahren werde die Kapazität von mindestens sieben Großkraftwerken fehlen.
 
EUROPÄISCHE STUDIE
Nirgends werden Raucher so wenig behelligt wie in Deutschland
Zwar soll ab 2022 ein Werbeverbot für Zigaretten kommen. Trotzdem rutscht die Bundesrepublik beim Nichtraucherschutz auf den letzten Platz in Europa ab. Die Briten machen vor, wie sich das Rauchen erfolgreich bekämpfen ließe.
 
Feldmäuse
Plage mit Knopfaugen
Niedersachsen leidet unter der schlimmsten Mäuseplage seit Jahrzehnten. Auch in Thüringen und Sachsen-Anhalt breiten sich die Nager aus. Die Bekämpfung ist schwierig. Manchmal helfen Erdnussbutter und Nuss-Nugat-Creme.