Erste israelische Geiseln frei +++ Optimismus und Sorgen beim DLD
● Fragil: Waffenruhe in Gaza |
● Umkämpft: TikTok in den USA |
● Bedroht: deutsche Solarpanels |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, heute Abend ist es so weit: Um 18 Uhr mitteleuropäischer Zeit wird Donald Trump in Washington D.C. seinen Amtseid schwören als 47. Präsident der USA. Das überrascht nur noch insofern, als man ja schon seit Monaten denkt: Er regiert doch längst. Hat er nicht gerade erst angekündigt, Grönland zu kaufen, den Panamakanal annektieren und Kanada als 51. US-Bundesstaat eingemeinden zu wollen? „Zu Trumps Methode gehört, erst mal ganz laut auf den Tisch zu hauen und das Unmögliche zu fordern", erklärt im aktuellen FOCUS der Ökonom Moritz Schularick, Chef des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (hier geht's zumInterview). „Er verschiebt das Spielfeld und die anderen überlegen, wie man ihm entgegenkommen könnte.“ Das wird sehr schmerzhaft für Deutschland, das sich mit drei besonders akuten Problemen rund um Trump konfrontiert sieht. Problem 1: Die Zölle werden steigen. Ein 20-prozentiges Plus auf Waren aus Europa hat Trump angekündigt. Das wird nicht nur die eh kriselnde deutsche Autoindustrie treffen. Jeden zehnten Export-Euro verdient die Bundesrepublik in den Vereinigten Staaten – mehr als in China. Beispiel Porsche: Der Sportwagenbauer hat keine eigene Produktion in den USA, verkauft dort aber jedes vierte Auto. Seit April hat Porsche ein Drittel seines Börsenwerts verloren – rund 14 Milliarden Euro. Laut Bundesbank könnten die Zollstreitigkeiten ein Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung kosten. Und dabei dürfte es nicht bleiben. Problem 2: Bislang haben die 32 Nato-Staaten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Militärausgaben reservieren müssen. Deutschland hat das Ziel nie sonderlich ernstgenommen und auch im Ukrainekrieg nur Dank Sondervermögen geschafft. Neuerdings fordert Trump fünf Prozent. Das wären weit über 200 Milliarden Euro jährlich, fast die Hälfte des heutigen Bundeshaushalts. Die Zeiten seien kriegerischer geworden, argumentiert Trump, womit er recht hat. Die USA seien bislang die Zahlmeister der Nato, was ebenfalls stimmt. Überhaupt hat er Deutschland schon in seiner ersten Amtszeit vor vielem gewarnt: Wir brächten uns militärisch zu wenig ein, seien zu abhängig von russischem Gas und zu naiv beim Thema Migration. Alles wahr. Deutschland hat ihn erst ausgelacht und dann beschimpft, womit wir bei Trump-Problem Nummer 3 sind: uns selbst. |
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| Rechtzeitig zu seinem Amtseid – die große Titelgeschichte zu Donald Trump im aktuellen FOCUS (© Getty Images) |
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Medien und Politik wiederholten nur zu gern den Vorwurf der dann krachend gescheiterten Kamala Harris, Trump sei ein Faschist. All die Attacken kamen nicht gut an in einem Land, das uns einst mit großen Opfern von echtem Faschismus befreit hat. Von Trump-Intimus Elon Musk bis zum künftigen Außenminister Marco Rubio straft uns die neue Administration in Washington mit einer historisch einmaligen Verachtung. Und das in einer Zeit, da die Bundesrepublik nicht mal mit einem echten Regierungschef aufwarten kann als Gesprächspartner auf Augenhöhe. Olaf Scholz wurde zur Inauguration gar nicht erst eingeladen. Ich würde ja gern optimistischer mit Ihnen in die Woche starten. Aber ich wage die Prognose, dass die nächsten Jahre für Deutschland nicht nur innenpolitisch sehr hart werden. Oder sehe ich zu schwarz? Schreiben Sie mir: [email protected] |
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| Emily Damari, Doron Steinbrecher und Romi Gonen – die ersten Geiseln, die von der Hamas am Sonntag freigelassen wurden (© imago) |
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Hamas gibt drei israelische Geiseln frei |
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Im Gazastreifen ruhen seit Sonntag die Waffen. Zugleich wurde mit dem Austausch von Gefangenen begonnen. Am Nachmittag kamen als erstes von insgesamt geplanten 33 israelischen Geiseln drei Frauen frei. Es handelt sich um die Zivilistinnen Romi Gonen, Emily Damari und Doron Steinbrecher. Sie waren mit vielen anderen am 7. Oktober 2023 beim blutigen Großangriff der Terror-Miliz Hamas verschleppt worden. Damari hat nach Angaben ihrer Familie in der 15-monatigen Geiselhaft zwei Finger verloren. In den nächsten Wochen sollen im Austausch über 1900 palästinensische Häftlinge an die Hamas übergeben werden, vielfach verurteilte Straftäter. Die Waffenruhe ist zunächst auf sechs Wochen begrenzt. Falls nötig, könne man jederzeit wieder militärisch aktiv werden, sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, der innenpolitisch nun unter Druck gerät. Der als rechtsextrem geltende Polizei- und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir legte sein Amt nieder und gab bekannt, seine Partei werde aus der Koalition mit Netanjahus Likud-Partei aussteigen. Den Deal mit der Hamas nannte Ben-Gvir eine „schändliche Kapitulation“. In Gaza-Stadt feierten gestern auch viele vermummte und bewaffnete Hamas-Kämpfer das Abkommen ganz offen als Sieg. |
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| Am Sonntag war die chinesische Video-App in den USA eine Zeit lang abgeschaltet (© dpa) |
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Licht aus I: TikTok in den USA hofft auf neue US-Regierung |
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Zumindest kurzfristig war die US-App der chinesischen Videoplattform TikTok am Sonntag nicht mehr erreichbar. Das Unternehmen schaltete den Zugang selbst ab. Aus Sorge vor zu großem Einfluss der Volksrepublik auf amerikanische Nutzer und wegen Spionage-Befürchtungen hatte die alte Regierung unter Joe Biden im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit ein Gesetz erlassen, das vom TikTok-Mutterkonzern Bytedance den Verkauf seines US-Geschäfts forderte. Andernfalls drohe ein Verbot. Noch am Freitag hatte der Oberste Gerichtshof der USA eine Klage von TikTok gegen den Bann zurückgewiesen. Am Sonntag lief die Frist ab, ohne dass neue, ernstzunehmende Kaufinteressenten aufgetaucht wären. In den USA wurde noch nie eine App blockiert, die im Fall TikTok von immerhin 170 Millionen Amerikanern genutzt wird. Gestern Abend kündigte Donald Trump dann an, der Video-Plattform per Dekret mehr Zeit zu verschaffen. „Rettet TikTok!“, schrieb er und schlug eine 50-prozentige US-Beteiligung an dem Unternehmen vor. Daraufhin fuhr das Unternehmen den Betrieb wieder allmählich hoch. Die deutsche TikTok-App ist von dem Streit nicht betroffen. |
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| Ein neues Gesetz der alten Regierung könnte die deutsche Stromversorgung bedrohen (© imago) |
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Licht aus II: Wie gefährdet sind deutsche Solarpanels? |
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Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt vor dem sogenannten „Solarspitzen-Gesetz“, das die alte Bundesregierung noch zur Stabilisierung des Stromnetzes verabschieden will. Das Gesetz brächte ein „erhebliches Gefährdungspotenzial“, warnte ein Sprecher der Cyberabwehr-Behörde gegenüber der „Welt am Sonntag“. Chinesische Unternehmen bekämen damit womöglich über die internetfähigen Teile der Solaranlagen direkten Zugriff zu einem systemrelevanten Teil der deutschen Stromversorgung. Die Bundesregierung will mit ihrem geplanten Gesetz die steuernden „Wechselrichter“ in den Solaranlagen nutzen, um Grünstrom-Überschüsse in der verbrauchsarmen Zeit künftig einzudämmen. Ein Großteil der hierzulande genutzten Wechselrichter stammt aber von chinesischen Herstellern und könnte dann per Internet ferngesteuert werden, so das BSI. Auch Hacker könnten sich Zutritt verschaffen. |
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| Robert Habeck auf Wahlkampf-Stop bei der DLD-Konferenz in München (© imago) |
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DLD-Bilanz: Viel Optimismus, viele Sorgen |
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„Es war ein Hochamt der Hoffnung“, beobachtete FOCUS-Korrespondent Bernhard Borgeest: Zum 20. Mal lud Hubert Burda Media zum DLD, der vielleicht bedeutendsten Digitalkonferenz Europas. In München trafen sich rund 2000 Gründer, Investoren, Forscher, Künstler und Politiker, um die Chancen in einer Welt von morgen auszuloten. „Future Positive“ lautete das Motto. Der größte Hit auf der Tagung waren sog. „Agents“: Autonome, selbst lernende und sich korrigierende KI-Agenten sollen als digitale Angestellte dienen, sich untereinander vernetzen und etwa Kunden betreuen oder die Forschung voranbringen. Sie könnten Ein-Mann-Firmen ermöglichen, die mehrere Millionen Dollar Umsatz machen. Agents dürften die Transformation der Welt noch einmal dramatisch beschleunigen. In den Lobgesang der Möglichkeiten mischten sich in diesem Jahr skeptische bis dystopische Töne. Dass Europa und Deutschland den Anschluss an die USA und China verlieren, war die eine Sorge. Dringender noch klangen gesellschaftliche Bedenken. Die Niederländerin Marietje Schaake von der Stanford University warnte: „Die Tech-Tycoons sitzen nun in Washington mit am Tisch.“ Die Zähmung der sozialen Medien sei gescheitert. Es drohe eine Plutokratie, eine Privatisierung der Politik. Die neuen Oligarchen würden den Staat zum Instrument ihrer Geschäfte machen. „Es wird düster“, fürchtete sie. |
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Gewinnerin: Sie war eigentlich schon in der Qualifikation ausgeschieden. Aber dann rückte die deutsche Tennisspielerin Eva Lys, 23, noch nach und schaffte sogar den Einzug ins Achtelfinale der Australian Open. Heute Vormittag wird die Weltranglisten-128. in Melbourne gegen die Nummer zwei antreten, die Polin Iga Swiatek. Ab etwa 9 Uhr heißt es Daumendrücken. Auch wenn „Lucky Lys“ schon jetzt gewonnen hat – jede Menge neue Fans. | |
Verliererin: Es klingt ein bisschen wie „Selbstmord aus Angst vorm Tod“: Angeblich plant Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp, 54, Tausende von Jobs zu streichen. Damit will man offenbar fitter werden im Kampf gegen die italienische Unicredit, die Deutschlands zweitgrößte Privatbank übernehmen möchte. Investoren und Öffentlichkeit sollen am 13. Februar ein „Strategie-Update“ erhalten. Man kann sich auch kaputtsparen, obwohl die Unicredit womöglich noch härtere Einschnitte parat hätte. | |
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Montag • Rund 2500 internationale Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur treffen sich zum Weltwirtschaftsforum in Davos (bis Freitag) • Die CSU-Spitze will in Gmund ihren Bayern-Plan zur Bundestagswahl verabschieden • In Jerusalem soll der Korruptionsprozess gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fortgesetzt werden Donnerstag • In Köln klagt der frühere BSI-Chef Schönbohm wegen seiner Abberufung gegen seine frühere Arbeitgeberin, SPD-Bundesinnenministerium Nancy Faeser, auf Schadensersatz Freitag • Der dbb beamtenbund und tarifunion sowie die Gewerkschaft Verdi verhandeln mit dem Bund und den Kommunen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes über einen neuen Tarifvertrag | |
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… ein Hinweis für Udo-Jürgens-Fans: Ab heute versteigert Sotheby‘s via Online-Auktion 99 Exponate aus dem Besitz des verstorbenen Schlagersängers, u.a. seinen ikonischen Plexiglas-Flügel (Preis: ab 20.000 Euro), den er auf vielen Tourneen mitschleppte. Die Schätze können die ganze Woche ab 10 Uhr im Kölner Palais Oppenheim (Gustav-Heinemann-Ufer 136-138) besichtigt werden. | | Udo Jürgens 1983 auf dem Schweizer Jungfraujoch mit seinem gläsernen Flügel, der nun versteigert wird (© Courtesy Sotheby’s) | Dazu gehört auch ein weißer Frottee-Bademantel (Konfektionsgröße L), in dem Jürgens meist seine Konzert-Zugaben spielte. Dazu intonierte er in der Regel seinen Top-Hit „Merci Chérie“. Okay, das wirkt im Jahr 2025 eher befremdlich, aber wahre Fans werden sicher schnell mehr bieten als die aufgerufenen 150 Euro. Einen guten Start in die Woche wünsche ich Ihnen. Und auch das wusste Udo Jürgens ja schon: „Immer, immer wieder geht die Sonne auf!“ Herzlichst | | Thomas Tuma |
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