die von Anton Hofreiter ausgelöste Diskussion über die Zukunft des Einfamilienhauses war nicht sonderlich ergiebig. Während seine Aussagen von der politischen Konkurrenz so zurecht gebogen wurden, als wolle der Grünen-Fraktionschef den Neubau kleiner Wohneinheiten in den Vorstädten am liebsten komplett verbieten, mühten sich seine Parteifreunde darum, das Spiegel-Interview möglichst unter den Teppich zu kehren. Beides ist falsch, denn natürlich ist die Frage wichtig, wie und wo wir künftig leben wollen. Da spielen ökologische Aspekte sicherlich eine wichtige Rolle – aber eben nicht die einzige. Denn es gibt auch so etwas wie ästhetische Umweltverschmutzung. Ich erwähnte gestern an dieser Stelle nur zwei Beispiele uninspirierter „Investoren-Architektur“, die sich in unmittelbarer Nähe zu unserer Redaktion auftun. Ich frage mich manchmal: Warum ist eigentlich immer nur von Energiebilanzen, Dämmstoffen oder Ressourceneffizienz die Rede, wenn neue Gebäude in die Welt gesetzt werden? Warum traut sich kaum noch jemand, die Gestalt eines Bauwerks zu hinterfragen und zu prüfen, ob es sich in seine Umgebung einfügt? Wahrscheinlich liegt es daran, dass die meisten Menschen zwar durchaus ein Empfinden dafür haben, ob etwas schön, hässlich, harmonisch oder unpassend aussieht. Aber die Begründung fällt oft schwer, wenn einem die entsprechenden Kriterien nicht geläufig sind. Und so bleibt das Ganze regelmäßig der professionellen Architekturkritik überlassen – was wiederum ein Thema für sich ist. Allerdings haben alle darunter zu leiden, wenn irgendwo mal wieder ein Ort verschandelt wird, weil der Bauherr Geld sparen oder ein Architekt sich ein Denkmal setzen wollte – ohne Rücksicht auf das Gesamtbild. Was ist schön? Was ist hässlich? Natürlich sind die Geschmäcker verschieden. Und dennoch hat es wohl einen Grund, warum man sich auf der Piazza San Marco in Venedig angenehmer berührt fühlt als in der Fußgängerzone von Bochum. Andererseits kann auch der eine oder andere architektonische Durchbruch des Beton-Brutalismo durchaus seinen Reiz haben. Man denke etwa an die St.-Agnes-Kirche in Berlin-Kreuzberg, in der heute eine bekannte Kunstgalerie residiert. Eine Frage an Sie: Gibt es in der Nähe Ihres Wohnorts ein Gebäude, über das Sie sich schon immer geärgert haben, weil es einfach Ihren Sinn für Ästhetik beleidigt? Dann machen Sie doch mit Ihrem Handy ein Foto davon und schicken Sie es an [email protected], versehen mit ein paar kurzen Erklärungen, was Ihnen an dem Bauwerk missfällt (bitte nur selbstgemachte Fotos ohne Copyright) und wo es sich befindet. Wir sammeln Ihre Beiträge und werden sie demnächst auf www.cicero.de veröffentlichen. Echte oder vermeintliche Bausünden gibt es ja zur Genüge. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |