Liebe Leserinnen, liebe Leser, âGrüner Energieâ gehört die Zukunft, fossile Energieträger wie Kohle, Ãl und Gas sind Auslaufmodelle. So lautet die zentrale Botschaft im Kampf gegen den globalen Klimawandel und weltweit wurden gewaltige staatliche Förderprogramme aufgelegt, um die Transformation zu finanzieren. Zudem sorgte der enorme Strompreisanstieg in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 für eine wahre Goldgräberstimmung in der Branche mit haussierenden Aktienkursen bei den Green Energy-Werten. Das war gestern, willkommen im Heute. Die Energie-Preise sind seitdem stark gefallen, in Europa notieren die Gas- und Strompreise auf (fast) rekordverdächtigen Niedrigständen. Obwohl Deutschland und viele westeuropäische Staaten kein Erdgas mehr aus den russischen Pipelines beziehen und stattdessen auf viel teureres LNG setzen, aus den USA oder Katar. Das sind aber nicht die einzigen Bedingungen, die sich grundlegend verändert haben. Die stark gestiegenen Energie-Preise waren ein wichtiger Treiber für die ebenfalls sprunghaft angestiegene Inflation. Um diese zu bekämpfen haben die Notenbanken in den USA und Europa in Rekordtempo die Zinssätze angehoben und so für einen Schock an den Märkten gesorgt. Die Immobilien-Preise sind seitdem enorm unter Druck, viele Unternehmen stehen am Abgrund. Neben gestörten Lieferketten belasten die hohen Bau- und Zinskosten besonders. Und genau die treffen auch die Green Energy-Unternehmen. Wer Wind- und Solarparks projektiert plant diese für 20 Jahre Laufzeit oder länger. Die spätere Wind- oder Sonnenausbeute muss die Rechnungen bezahlen: Kosten für die Planung, die Genehmigungsverfahren, den Bau, den Betrieb und ggf. am Ende den Rückbau. Dabei sind das Wind- oder Sonnenaufkommen nicht exakt planbar und erst recht nicht der Preis, zu dem der produzierte Strom nachher verkauft werden kann. Zur Not wird dieser dann über die Strombörse verkauft und genau darin liegt â aktuell â das Problem. Vor 2 Jahren war der Verkauf zum sogenannten Spotpreis sehr lukrativ, inzwischen ist der Preis massiv abgerutscht. Die Wirtschaft schwächelt und nimmt weniger Strom ab. Einige energieintensive Unternehmen haben Deutschland bereits verlassen, weil es andernorts viel günstiger ist, weitere planen diesen Schritt. Und auch die Privathaushalte haben ihren Stromverbrauch deutlich reduziert, so dass rund 5% weniger abgenommen wird. Sinkende Strompreise als Problem Das stellt viele Stromversorger vor ein Problem, denn sie haben zumeist strukturiert und für ein oder zwei Jahre im Voraus Strom eingekauft für ihre Kunden. Dafür haben sie ihre Kundenzahlen kalkuliert und was die Kunden wohl verbrauchen werden. Sinkende Strompreise bedeuten daher, dass das eingekaufte Portfolio zu teuer ist im Vergleich zum aktuellen Marktpreis und damit weniger wettbewerbsfähig. (Zur Erklärung: Fallende Strompreise treffen nur die Stromanbieter, die strukturiert für 1, 2 oder 3 Jahre im Voraus eingekauft haben. Wer am Spotmarkt, also heute, einkauft, kann die heutigen Preise mit einer kleinen Marge sofort an Kunden verkaufen. Steigende Strompreise kehren diesen Effekt um. Viele Stadtwerke bieten in fremden Gebieten billige Spotmarktprodukte an, während sie zuhause der sehr teure Grundversorger sind.) Daher haben sie in der Zwischenzeit Kunden verloren und die verbliebenen Kunden verbrauchen weniger Strom als geplant. Würden die Energieversorger über riesige Stromspeicher verfügen, könnten sie den überschüssigen Strom speichern â aber Stromspeicher sind nach wie vor sündhaft teuer und daher in nur begrenzter Menge verfügbar. Also muss der Strom irgendwie weg, denn er steht ja physisch zur Verfügung, und wenn man ihn nicht an die Kunden verkaufen kann, muss man ihn anderweitig loswerden: über die Strombörse. Da viele Stromversorger vor demselben Problem stehen, gibt es viele Verkäufer und das drückt den ohnehin niedrigen Preis zusätzlich. Und wenn es schlecht läuft, kommt auch noch Pech dazu. Dieses Pech für die deutschen Energieversorger sind die französischen Atomkraftwerke. Die hatten jahrelang mit technischen Problemen zu kämpfen und standen oft monatelang still. Doch die Revisionen sind inzwischen erfolgreich abgeschlossen worden und die AKWs produzieren quasi unter Volllast günstigen Strom. Strom, der über das europäische Netz auch nach Deutschland schwappt und dort das Ãberangebot nochmals verstärkt. Wodurch die Preise nochmals unter Druck geraten. Das führt uns zurück zu den deutschen Projektierern und Bestandshaltern von Wind- und Solarparks. Während sich also die Chancenseite weniger gut aufgestellt präsentiert, hat sich die Risikoseite verstärkt: Höhere Bau- und Finanzierungskosten, verzögerte Genehmigungsverfahren und Qualitätsprobleme, z.B. bei Windturbinen, drücken die Stimmung. Dieses verschlechterte Chance-Risiko-Verhältnis wirkt sich auf die Unternehmen negativ aus, auf den Wert ihrer Energieparks im Bestand, auf den Wert ihrer Projekte, auf ihre Gewinnerzielungskraft und letztlich auf ihren Aktienkurs. Blickt man auf den Verlauf der Börsenkurse über die letzten anderthalb Jahre sieht man das Trauerspiel in dieser âZukunftsbrancheâ. Trotz Milliarden an staatlichen Fördersummen haben Anleger hier viel Geld verloren. Das liegt natürlich an den zuvor sehr und zu stark gestiegenen Aktienkursen, aber eben auch an den inzwischen deutlich eingetrübten Aussichten. Doch nun wittern andere ihre Chance: Finanz-Investoren haben viel frei verfügbares Investorenkapital, das nach Renditechancen sucht. Dieses âDry Powderâ drängt zuletzt mit Macht in die Unternehmen des Green Energy Sektors und das sorgt für Unsicherheit, Zittern und Chancen. PNE Beginnen wir mit PNE, wo es bisher am wenigsten âzu sehenâ gibt. GroÃaktionär mit rund 40% ist seit einigen Jahren Morgan Stanley Infrastructure Partners (MSIP). Nach seinem Einstieg versuchte MSIP schnell, die freien Aktionäre mit einem Delisting-Erwerbsangebot von 4 Euro aus dem Unternehmen zu drängen, aber das ging gründlich schief, weil diese sich weder verunsichern noch verdrängen lieÃen. MSIP kam keinen Schritt voran. Vor anderthalb Jahren, als eine erste Fusions- und Ãbernahmewelle durch die Energiebranche schwappte, zeigte sich auch MSIP gesprächs- und verkaufsbereit, aber man war â erneut â zu gierig und kam nicht zum Zug. Inzwischen hat der Kurs gut 10 Euro auf 14 Euro verloren und ob PNE wieder âins Spielâ kommt, bleibt abzuwarten. Man ist erfolgreicher Projektierer und baut gleichzeitig den eigenen Bestand an Wind- und Solarparks weiter aus. Tion Renewables Alexander Samwer war über sein Unternehmen Pelion GroÃaktionär bei der Tion Renewables AG und diese hatte mit der clearvise AG im Juli 2022 ein âMemorandum of Understandingâ unterzeichnet. Danach sollten die Aktivitäten und Projekte der TION in die clearvise eingebracht werden gegen die Ausgabe von weiteren Aktien und die Zahlung einer Barkomponente. Die Bewertung der Portfolios beider Unternehmen sollte über externe Gutachter erfolgen. Am Ende hätte Pelion ihr Engagement bei clearvise auf bis zu 40% ausweiten können. Doch daraus wurde nichts, denn clearvise hat das MoU gekündigt, nachdem Pelion ihre Anteile an der Tion an den schwedischen Finanzinvestor EQT verkauft hat. Die Fusionsgespräche verendeten also kurz vor der Ziellinie. Vorerst. Inzwischen macht EQT bei Tion Nägel mit Köpfen und nachdem man inzwischen mehr als 95% der Anteile kontrolliert, wurde den übrigen Aktionären jüngst ein Squeeze-out-Angebot unterbreitet, so dass EQT bald alleinige Eigentümerin sein wird. Und das rückt auch clearvise wieder in den Mittelpunkt des Interesses. clearvise Wegen der Tion-Ãbernahme und deren Anteil an clearvise ist EQT nun auch dort der GroÃaktionär. Im Herbst 2023 hatte EQT beim Bundeskartellamt âim Hinblick auf die historisch tiefen Hauptversammlungs-Präsenzen der clearvise AGâ einen Anteils- und Kontrollerwerb angemeldet. Eine solche Anmeldung ist notwendig, um die Beteiligung an einem Unternehmen auf mehr als 25% aufstocken zu können und es war ein Wink mit dem Zaunpfahl. Ende Februar 2024 wies EQT in einer Pflichtmitteilung nun darauf hin, dass seiner Holdinggesellschaft Boè AcquiCo GmbH mittlerweile mehr als 25% der clearvise-Aktien gehören. Zudem würde EQT nach eigenen Angaben âunter Annahme einer Hauptversammlungspräsenz in der GröÃenordnung derjenigen der Hauptversammlung von 2023 von rund 46%â über eine Stimmrechtsmehrheit bei künftigen Hauptversammlungen verfügen. Momentan scheint EQT einfach ânurâ weitere clearvise-Aktien zu kaufen, doch es dürfte unzweifelhaft feststehen, dass man hier die Mehrheit und später eine Komplettübernahme anstrebt. Zudem hat man ja detaillierte Erkenntnisse über clearvise aus den gemeinsam mit Tion angefertigten Bewertungsgutachten und weià genau, wie man die Werte einzuschätzen hat. Der Plan dürfte also sein, Tion und clearvise perspektivisch zusammenzulegen, so wie es bereits geplant war, nur dass nun EQT im Hintergrund das Sagen hat. Encavis Etwas anders aufgestellt ist Encavis, die 2016 aus der Fusion der Capital Stage AG mit dem Schwerpunkt Windkraft und der CHORUS Clean Energy AG mit Fokus auf Solarparks entstand. Encavis ist als Independent Power Producer (IPP) tätig und betreibt eigene Solar- und Windparks an Land (Onshore). Das gröÃte Segment ist die Photovoltaik. In diesem Segment bündelt Encavis die Geschäfte der eigenen Solarparks in mehreren europäischen Ländern. Das Segment "Windparks" beinhaltet den Betrieb der eigenen Windparks. Zudem betreibt Encavis das wachstumsstarke Segment âAsset Managementâ, wo man eigene und fremde Energieparks managt. Und damit weckt man Begehrlichkeiten â bei KKR, einem der gröÃten Alternativen Asset Manager der Welt. Nach einem Bloomberg-Bericht bestätigte Encavis inzwischen, dass man sich in Gesprächen mit KKR über eine Ãbernahme befinde. KKR ist besonders aktiv dabei, weltweit in Infrastruktur zu investieren. Neben der Ãbernahme der Glasfaseraktivitäten von TIM (der ehemaligen Telecom Italia) geraten auch die regenerativen Energien verstärkt in den Fokus. Encavis würde als Asset Manager insofern perfekt ins Bild passen, als dass KKR hier seine europäische Plattform für regenerative Investments etablieren könnte. Spruchreif ist aber noch nichts und die Gesprächspartner halten sich verständlicherweise bedeckt. Wenngleich Marktkommentatoren schon eifrig bemüht sind, die von Bloomberg angeführten âmindestens 2 Mrd. Euroâ als zu niedrig einzustufen. Man wird sehen... ABO Wind und Energiekontor Bei Energiekontor gibt es nicht viel zu holen. Die beiden Gründerfamilien kontrollieren gemeinsam etwas mehr als 50%, so dass ohne ihre Mitwirkung kein Investor eine Ãbernahme lancieren könnte. Und Abgabebereitschaft und/oder Ermüdungserscheinungen seitens der Alteigentümer sind bisher nicht auszumachen. Bei ABO Wind geht es grundsätzlich in dieselbe Richtung. Hier haben die Mehrheitseigentümer eben erst eine neue rechtliche Konstruktion durchgeboxt von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH & Co. KGaA. Damit gehen Einschränkungen von Aktionärsrechten einher, da die Entscheidungen künftig nicht mehr von den Aktionären, also der Hauptversammlung, getroffen werden, sondern vom Komplementär als persönlich haftendem Gesellschafter. Die Eigentümer der GmbH haben also das Sagen, egal wem die Mehrheit der Aktien gehört. Damit haben die Alteigentümer den Weg geebnet, um künftig mehr Aktienkapital einsammeln zu können, ohne dadurch ihren bestimmenden Einfluss zu verlieren. Eine Ãbernahme durch einen externen Investor oder eine Fusion mit einem Wettbewerber ist daher nicht ausgeschlossen, aber wie auch bei Energiekontor nur unter Einbeziehung der Alteigentümer realisierbar. Da dürften Interessenten eher bei PNE zum Ziel kommen... Lohnende Ãbernahme-Spekulationen? Der deutsche Green Energy Sektor ist âim Spielâ. Grundsätzlich gilt, dass Aktionäre bei Ãbernahmen mit Prämien auf den vorherigen Aktienkurs rechnen können â sonst würden sie kaum verkaufen. Angesichts der in den letzten 18 Monaten deutlich eingedampften Kurse wird das für viele Anleger, die auf deutlichen Kursverlusten sitzen, keine allzu verlockende Aussicht sein. Doch auf sie kommt es ohnehin nicht an, denn bei den meisten Unternehmen haben sich bereits ein oder mehrere groÃe Anteilseigner etabliert und auch der Streubesitz ist oft in der Hand von Ãbernahmespezialisten, die einige Prozente zusammengekauft haben. Mit diesen muss ein Ãbernahmewilliger eine Einigung erzielen, die dann preislich auch für die Kleinanleger zum MaÃstab wird. Aber ob sich hier jetzt eine Spekulation auf eine satte Ãbernahmeprämie lohnt, scheint fraglich. Es geht aber auch anders. Wie man an EQT sieht oder an KKR, kann man auch auf der anderen Seite bei Ãbernahmen profitieren. KKR ist seit Jahrzehnten Spezialist für Firmenübernahmen. In der Anfangszeit in den 1980er Jahren waren dies feindliche Ãbernahmen, inzwischen hat man sich als Partner der Unternehmen etabliert. Axel Springer hat sich von KKR kaufen lassen und ging von der Börse. Den gleichen Weg wählte kürzlich der Raumfahrtspezialist OHB. Denen ist der finanzstarke und erfahrene Partner KKR lieber als die wankelmütigen Aktionäre. Ist KKR die bessere Wahl? Dabei können Aktionäre diesem Vorgehen ein Schnippchen schlagen und dabei ordentlich Geld verdienen. KKR & Co. ist seit vielen Jahren börsennotiert und hat seinen Aktionären seit dem Börsengang viel Geld eingebracht. Allein im letzten Jahr legte der Aktienkurs um fast drei Viertel zu und versucht sich gerade an einem neuen Allzeithoch. Alternative Asset Manager investieren nicht nur in Aktiengesellschaften und Unternehmen, sondern auch in Rohstoffe, Währungen, Kredite, Anleihen oder Kunst. Im Prinzip in alles, was irgendwie Rendite verspricht. Vor allem investieren sie in Sektoren, die abgestürzt und aus der Mode gekommen sind. Sie kauften für schmales Geld notleidende Immobilienkredite auf oder Beteiligungen an europäischen Banken, als diese nach der Finanzkrise am Boden lagen. Und sie kauften Schiffsbeteiligungen, als reihenweise Reeder Bankrott gingen. Und als die Ãlpreise abstürzten und viele US-Fracking-Unternehmen vor dem Exodus standen, griffen ihnen die Alternativen Asset Manager unter die Arme. Sie investieren dort, wo Druck und Not herrscht und kaufen billig ein. Sie agieren antizyklisch und sie haben damit groÃen Erfolg. Und aktuell wittern sie ihre Chance im Green Energy-Sektor! Als Asset Manager legt sich KKR die Investments nicht selbst ins Portfolio, sondern man legt geschlossene Investmentfonds für seine Investoren auf. KKR betreibt also ein âAsset light Businessâ ohne groÃen eigenen Kapitaleinsatz und erzielt dabei Einnahmen auf vier Arten: ⢠Vermögensverwaltungsgebühren sind Einnahmen, die KKR durch die Anlageverwaltung für seine Kunden erzielt. Diese Gebühren werden in der Regel als Prozentsatz der gebührenpflichtigen AuM berechnet und liegen in der Regel zwischen 1,0% und 1,3%. ⢠Bei den kapitalbasierten Erträgen handelt es sich um erfolgsabhängige Provisionen, also einen Prozentsatz der Gewinne, die von den von der Firma verwalteten Investmentfonds oberhalb eines bestimmten Niveaus der Basisvergütung erzielt werden. ⢠Die Versicherungserträge umfassen Nettoprämien, Policengebühren und andere Einkommensformen im Zusammenhang mit dem Versicherungsgeschäft von KKR. ⢠Bei den Erträgen aus Versicherungsanlagen schlieÃlich handelt es sich um Erträge aus Kapitalanlagen, die innerhalb der Bilanz des Versicherungsgeschäfts gehalten werden. Die Aussicht auf sinkenden Zinsen und eine wieder zulegende Wirtschaft sind ein Aphrodisiakum für die künftigen Erträge von KKR. Fallen die Börsen, kauft KKR günstiger ein, steigen sie, verkauft KKR mit höherem Gewinn. Man ist weltweit tätig und investiert zuletzt mit Schwerpunkt in Indien. Und als Anleger hört man seit Monaten, man müsse unbedingt in Indien aktiv sein, nachdem China seinen Status als Weltkonjunkturlokomotive verloren habe. Doch wie gut kennt man sich als Anleger denn mit Indien aus, mit dem Kastensystem, den religiösen Konflikten, der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung? Im Zweifelsfall lesen wir alle dieselben paar Marktberichte und sind Pseudo-Experten auf Basis derselben wenigen Informationsquellen. Oder man wird Aktionär von KKR und lässt die Profis die Entscheidungen treffen â und für sich arbeiten. |