Liebe Leserin, Lieber Leser,
Sie haben es vielleicht gelesen: US-Präsident Donald Trump nennt sein neues Gesetzespaket „One Big Beautiful Bill“ (OBBB), also ein „großes, wunderschönes Gesetz“. Das ist in etwa so verdächtig wie ein Supermarkt, der all seine Ware nur noch als „Super-tolles Zeug“ verpacken würde. Egal ob Champagner oder Dosen-Ravioli.
In so einem Portfolio kann man nämlich gut die weniger appetitanregenden Happen verstecken, was Trump tatsächlich tut. Selbst sein bislang wichtigster Unterstützer Elon Musk nennt das OBBB neuerdings eine „ekelhafte Abscheulichkeit“. Und Musk hat Recht. Es ist keine Pralinenschachtel, sondern eine Sammlung von Sprengsätzen. Nicht nur, weil es die ohnehin gigantischen Staatsschulden der USA von über 36 Billionen Dollar um mindestens weitere 2,5 Billionen aufblähen würde.
Besonders gefährlich ist in dem über tausend Seiten dicken Gesetzespaket auch für Deutschland die Section 899. Grund: Wenn Trumps Regierung künftig meint, dass ein US-Unternehmen im Ausland mit „unfairen“ Steuern belegt wird, wäre die Rache nicht weit. Nehmen wir an, Europa würde Microsoft eine Digitalsteuer aufbrummen. Dann könnte die US-Antwort für hiesige Anleger eine Quellensteuer von bis zu 35 Prozent sein, was übrigens auch ETF- und Fondsanleger träfe.
Zur Erinnerung: Der beliebte MSCI World Index hat aktuell einen US-Aktienanteil von mehr als 70 Prozent. Es ginge also sehr schnell um sehr viel Geld – vielleicht auch um Ihres? So wird jedenfalls aus einem Handelskrieg ein Kapitalkrieg, der hierzulande noch kaum verstanden wird.
Zugegeben: Musk und Trump gaben in den vergangenen Tagen alles. Der reichste Mann der Welt und der mächtigste beschimpften sich wie Schulhofschläger. Gegen diesen Kampf wirkte selbst der Super Bowl wie eine Taizé-Andacht. Aber die Lage ist zu ernst, als dass sich selbst seriöse Journalisten plötzlich wie popcornfutternde Teenager in einem Marvel-Film aufführten. |