Liebe Frau Do, es kommt vor, dass Politiker Fragen nicht beantworten. Aber dass Donald Trump offenlässt, ob er sich im Falle einer Wahlniederlage friedlich aus dem Weißen Haus zurückzieht, wirkt wie ein offener Angriff des US-Präsidenten auf die Demokratie. „Well, we're going to have to see what happens“, sagte er, um dann seine Kritik am Wahlsystem zu wiederholen. Sehen, was passiert? Und im Zweifel dann kein friedlicher Rückzug? Kristina Dunz kommentiert den Vorgang in ihrem Leitartikel. Zur Erinnerung: Sie ist die Reporterin, die Trump bei einer Pressekonferenz vor gut drei Jahren im Weißen Haus mit zwei Fragen so sehr ins Schleudern brachte, dass ihr zahlreiche US-Korrespondenten öffentlich Respekt zollten und der Schlagabtausch weltweit beachtet wurde. Ins Schleudern gekommen ist auch die eigentlich sehr renommierte Ludwig-Erhard-Stiftung, die sich seit 1967 für die Soziale Marktwirtschaft einsetzt. Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin im Kanzleramt, hat mit sehr klaren Worten ihren Rückzug erklärt: Der Stiftungsvorsitzende Roland Tichy habe in einem Artikel „frauenverachtende und in höchstem Ausmaß sexistische Äußerungen“ über die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) getätigt. Inzwischen hat Tichy angekündigt, sich Ende Oktober nicht zur Wiederwahl zu stellen. Auch von der Jury des Deutschen Journalistenpreises, der ich angehöre, zieht er sich zurück. Was hinter dem Eklat bei der Ludwig-Erhard-Stiftung steckt, fasst Eva Quadbeck in ihrer Analyse zusammen. Sie sieht den Vorgang (wie ich auch) als einen „Sieg gegen Sexismus“. Hier geht es nicht um Frauensolidarität, auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat den Rückzug Tichys begrüßt und soll ihn vorher dazu aufgefordert haben. Man soll die Feste feiern, wie sie fallen – das ist in Corona-Zeiten ohnehin schon schwierig, wird aber in NRW noch schwieriger. Vom 1. Oktober an müssen private Feierlichkeiten im öffentlichen Raum mit mindestens 50 Teilnehmern zwei Wochen vorher beim Ordnungsamt angemeldet werden. Das ist übrigens schon in sechs Tagen… Was dahinter steckt, hat Maximilian Plück recherchiert. Ich fürchte, es sind dabei noch so viele Fragen offen, dass Sie noch öfter von dieser Regelung lesen werden. Dass private Feste ein Risiko sein können, zeigt das Beispiel Kaarst allerdings sehr deutlich: Dort hängt der rasante Anstieg der Infektionen in den vergangenen Tagen mit privaten Feiern von Vorster Schützenzügen zusammen, wie Carsten Pfarr und Stephan Seeger berichten. Ganz offiziell feiern durften gestern die Fans und Spieler des FC Bayern München: Nach 120 umkämpften Minuten haben die Bayern mit 2:1 den FC Sevilla geschlagen und sich mit dem Uefa-Supercup bereits den vierten Titel in diesem Jahr gesichert. Das Besondere: Das Spiel fand im Corona-Risikogebiet Budapest statt, vor mehr als 15.000 Zuschauern, darunter auch Hunderte aus München. Vorab wurde viel diskutiert, ob dieser Versuch verantwortlich ist. Für eine ganz andere Großveranstaltung wurde nun entschieden, dass sie nicht in diese Pandemie-Zeit passt: Der Karneval in Rio de Janeiro wurde wegen Corona jetzt auf unbestimmte Zeit verschoben. Nicht verschieben lässt sich dagegen die Aufarbeitung der Erkenntnisse über rechtsextreme Chatgruppen bei der NRW-Polizei. Minister Herbert Reul hat nun im Innenausschuss des Landtags neue Fakten präsentiert. Der Skandal weitet sich demnach aus, mehr als 100 Beamte stehen inzwischen unter Verdacht, darunter sogar vier im Innenministerium selbst, wie der Minister einräumte. Den Stand der Dinge hat Kirsten Bialdiga zusammengetragen. Reul zeigt sich erschüttert: „Das ist für die Mehrheit der Polizisten, die auf der Straße jeden Tag ihren Eid leben, schwer zu ertragen.“ Martialische Rhetorik begleitet die Pandemie seit ihrem Beginn, von einem Krieg gegen das Virus ist immer wieder die Rede. Kristina Dunz und Holger Möhle arbeiten in ihrer Analyse mehr als nur einen sprachlichen Unterschied heraus: Es werde nicht Krieg geführt, aber die Pandemie sei in ihrer Wirkung und in ihren Folgen wie ein Krieg. Ich wünsche Ihnen einen rundum friedlichen Tag. Herzlich Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |