So etwas kam schon einmal vor, als im Jahr 2000 George W. Bush gegen Al Gore antrat und am Ende auf juristischem Wege triumphierte. Obwohl Al Gore mehr Wählerstimmen erhalten hatte als Bush. Auch Hillary Clinton bekam vor 4 Jahren ja 3 Millionen Stimmen mehr als Trump. Doch dank des US-Wahlsystems spielte das keine Rolle und Trump wurde Präsident. Im Jahr 2000 ging es um Florida und Wahlmaschinen, 2020 geht es um mehrere Staaten und vor allem um Briefwahl-Stimmen. Donald Trump und seine Anhänger messen dem Corona-Virus und seinen Gefahren deutlich weniger Bedeutung zu als die Anhänger der Demokraten. Die Wahlkämpfer Joe Bidens haben seit Wochen dessen Anhänger ermutigt, anstatt ein Wahllokal zu besuchen, lieber vorab per Briefwahl ihre Stimme abzugeben. Ohnehin neigen Wähler der Demokraten viel stärker zur Briefwahl und deshalb fährt Donald Trump schon seit längerem eine Kampagne gegen die Briefwahl und unterstellt, sie würde zur Wahl-Manipulation genutzt. Kaum verwunderlich, dass er und sein Team versuchen, die Auszählung der Briefwahl-Stimmen zu unterbinden. Denn die meisten dieser Stimmen gehen an Joe Biden und selbst sichergeglaubte Staaten fallen im Endspurt doch noch an Trumps Herausforderer. Es scheint daher nur eines klar: Es bleibt unklar, wer als nächster US-Präsident vereidigt wird. Der Streit wird vor Gericht ausgetragen und es steht zu befürchten, dass es auch auf der Straße zu Auseinandersetzungen kommen wird. Insbesondere Trumps Anhänger zeigen sich als bewaffnete „Milizen“ vor Wahl-Lokalen und jedem Anhänger der Demokratie und freier Wahlen sollte bei diesem Anblick angst und bange werden. Denn mit bewaffneten paramilitärischen Kohorten, die Menschen und Wähler einschüchtern, hat Deutschland selbst schon leidvolle Erfahrungen gemacht (und die USA eben nicht, was vielleicht mit ein Grund ist, warum ein Phänomen wie Trump als Präsident dort überhaupt möglich ist). So unklar der Ausgang und weitere Fortgang der US-Wahlen momentan ist, so klar kristallisieren sich künftige Gewinner heraus, die profitieren werden, egal wer als nächstes ins Weiße Haus einzieht. Infrastruktur wird wieder wichtig Infrastruktur ist das Rückgrat unseres Lebens und unserer Wirtschaft. Dabei fristet sie ein Schattendasein, denn sie wird meistens nur dann wahrgenommen, wenn sie fehlt oder nicht funktioniert. Menschen wehren sich dagegen, dass in ihrer Umgebung ein Mobilfunk-Sendemast aufgestellt wird, aber sie ärgern sich, wenn sie mit ihrem Smartphone nicht ins Internet kommen. Wir nutzen das Straßennetz, um schnell von A nach B zu kommen, und nehmen es solange als selbstverständlich hin, bis eine Baustelle uns bremst und wir im Stau stehen. Und an den Deichschutz verschwenden wir keinen Gedanken, bis dann die Sturmflut für Überschwemmungen sorgt. Dabei haben die Menschen schon zur Zeit der Römer vor mehr als 2.000 Jahren mit Sandaufschüttungen versucht, die Gefahren der Nordsee einzudämmen. Doch nicht selten hat man sich um andere Dinge gekümmert und das hat sich oft gerächt. So suchte im 13. und 14. Jahrhundert die „Grote Mandränke“ zweimal den Norden heim und beim zweiten Mal verschwand ein großer Teil der Westküste für immer im Meer. Was wir heute als „Nase“ in Schleswig-Holstein kennen mit St. Peter Ording an der Spitze und auch die Insel Sylt, das war damals Binnenland. Die zweite Marcellusflut riss ganze Landstriche mit sich, versenkte Städte und brachte Tausenden den Tod. Aber auch in jüngerer Zeit gab es Flutkatastrophen. 1954 wurden die Niederlande heimgesucht, denn die Deiche brachen, weil in der Nachkriegszeit der Deichschutz keine Priorität genoss, sondern der Wiederaufbau des zerstörten Landes. Und 1962 erwischte es Hamburg, auch hier brachen die Deiche und die Wassermassen sorgten für Zerstörung und Tod. Das große Umdenken? Infrastruktur ist nicht wichtig, bis sie es auf einmal doch ist. Dann ist allerdings kaum schnell etwas auszurichten, weil es um Investitionen und Baumaßnahmen geht, die in der Regel viel Zeit und viel Geld verschlingen. Und dann ist Infrastruktur seit jeher eine Aufgabe der öffentlichen Hand, des Staates. Hier prallen die hohen Kosten auf andere Erfordernisse, wie zum Beispiel Sozialleistungen, und bei begrenzten öffentlichen Mitteln müssen Prioritäten gesetzt werden. Da Politiker die Entscheidung treffen und sie wiedergewählt werden wollen, stehen Infrastruktur-Maßnahmen in der Prioritäten-Liste ganz weit hinten. Wer sie plant oder beginnt, ist selten derjenige, der dann noch die Ernte einfahren kann, wenn sie endlich fertig gestellt sind. Oder ein Tunnelprojekt, eine Brücke, eine Stromtrasse, eine Autobahn, ein Bahnhof oder Flughafen, sie alle brauchen viel Zeit und noch mehr Geld. Dabei kann man so leicht Geld aus dem öffentlichen Haushalt quetschen, wenn man die Bau- und Straßen-Unterhaltung kürzt. Einfach mal 5 oder 10 Prozent weniger ausgeben für die Instandhaltung der Straßen, das fällt in den ersten Jahren kaum auf. Dieses Geld kann man dann für die Senkung von Kindergarten-Gebühren verwenden. Blöd nur, dass die Straßen trotzdem weiter kaputt gehen. Und wenn man die ersten Risse nicht gleich ausgebessert hat, sondern ein, zwei Jahre abwartet, dann platzt die Straßendecke richtig auf durch Wasser und Frost und aus einer kleinen Reparatur wird dann bald eine umfangreiche und sehr viel teurere Baumaßnahme. Am falschen Ende gespart, klar, aber es ist so einfach. Denn damit tut man niemandem direkt weh, während die Kita-Beiträge die Bürger unmittelbar schmerzen. Ob in Deutschland oder in den USA oder Italien oder Japan: Überall wurde in den letzten Jahrzehnten zu wenig Geld in den Erhalt oder den Ausbau der Infrastruktur gesteckt. Wenn in Deutschland zwei Drittel aller Brücken marode sind und erneuert werden müssen, liegt das auch daran, dass sie jahrzehntelang vernachlässigt wurden. Oder die berühmte „Kassler Bauweise“, wo in den 1960er Jahren neue Gebäude mit Betonplatten verkleidet wurden. Beton, der zu viel Sand enthält und nun zerbröckelt, so dass die tonnenschweren Platten einfach von der Wand fallen. Das kann so nicht weitergehen! Und in den USA ist die Lage oft noch viel schlimmer als bei uns. Beide Präsidentschafts-Kandidaten haben das Thema für sich entdeckt und versprachen vollmundig enorme Infrastruktur-Programme. Der eine will damit seine Grenzmauer zu Mexiko bauen, der andere Straßen und Brücken sanieren. Das kam an bei den Wählern, denn wenn der Staat Geld in Infrastruktur steckt, fließt es in den Bau-Sektor. Und der ist seit jeher arbeitskräfteintensiv und bietet auch weniger gut ausgebildeten Arbeitskräften Job-Chancen. Angesichts der Corona-Pandemie und der vielen verloren gegangenen Arbeitsplätze liegt auf dem Bau-Sektor große Hoffnung für das Wiedererstarken der Wirtschaft. HeidelbergCement Bei HeidelbergCement handelt es sich um den zweitgrößten Baustoff-Konzern der Welt, der mehr als 55.000 Mitarbeiter beschäftigt. Das bereits 1874 gegründete Unternehmen ist auf die Produktion und den Vertrieb von Zement und damit verbundenen Zusatzstoffen spezialisiert. Zement kann man nicht lagern, er muss frisch angerührt und dann feucht gehalten werden, während er immer wieder durchgerührt wird, damit er nicht klumpt. Es ist also nicht möglich, ihn in Heidelberg herzustellen und ihn dann in Madrid zu verarbeiten. Jedenfalls nicht in den für heutige Großbau-Vorhaben nötigen Mengen. Daher ist es nötig, viele Standorte vor Ort zu haben, um die Entfernung zwischen Produktion und Verwendungsort möglichst gering zu halten. Der globale Zement-Markt wird von einem Oligopol einiger weniger großer Akteure beherrscht. Neben HeidelbergCement gehören dazu Marktführer LafargeHolcim (Schweiz), CRH (Irland), CEMEX (Mexiko) und die beiden chinesischen Unternehmen CNBM und Anhui Conch Cement. Der Burggraben... bröckelt Die geringe Zahl von Anbietern und die hohen Kosten für die nötige Infrastruktur, um Zement herzustellen, machen es für potenzielle neue Wettbewerber ziemlich unattraktiv, sich in diesem Markt etablieren zu wollen. Der verteilte Markt lässt daher auch nur geringe Preisschwankungen zu und das ist für die beteiligten Unternehmen natürlich eine kommode Situation. Allerdings gehört die Bau-Branche zu den größten Klima-Killern, denn sie emittiert Unmengen an CO2. Gerade auch bei der Herstellung von Zement. Die Klimabewegung macht auch vor dieser Branche nicht halt und da der Staat Bauherren immer höhere Auflagen macht, ihre Gebäude klimaverträglicher zu errichten, ist „Grüner Beton“ inzwischen viel mehr als ein Modewort. Es ist eine Notwendigkeit geworden für die Unternehmen. Die CO2-Emissionen je Tonne Beton werden wichtiger als der Preis, denn was bei der Herstellung des Betons an CO2 eingespart wurde, kann andere Stellen in der CO2-Gesamtbilanz des Bauwerks ausgleichen. HeidelbergCement ist daher schon seit Jahren intensiv dabei, den CO2-Bedarf bei der Herstellung zu reduzieren. Dabei konnte man den Herstellungsprozess von Zement bereits so modifizieren, dass die CO2-Emissionen pro Tonne Zement gegenüber 1990 um 22 Prozent verringert werden konnten. Nächstes Zwischenziel soll eine Reduktion um 30 Prozent sein und bis zum Jahr 2050 will HeidelbergCement den Markt mit vollständig CO2-neutralem Beton versorgen. Geschäft erholt sich Viel näher sind natürlich die unmittelbaren Auswirkungen von Corona, auch wenn die Baukonjunktur hiervon nicht so stark negativ betroffen ist wie viele andere Branchen. Im 2. Quartal hatten hohe Abschreibungen das Ergebnis massiv ins Minus getrieben und bei der Vorlage der Zahlen zum 3. Quartal ging es wieder stärker um das operative Geschehen. So konnte Vorstands-Chef Dominik von Achten erklären, alle Konzern-Sparten hätten zum Ergebnisanstieg beigetragen, weil die im Februar eingeleiteten Maßnahmen des Aktionsplans COPE greifen würden. Konkret hat HeidelbergCement die Kosten seit Jahresanfang um 721 Millionen Euro gesenkt und fuhr nun ein Betriebsergebnis (EBITDA) von 1,33 Milliarden Euro ein. Das sind 16,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und für das Gesamtjahr stellt das Unternehmen nun sogar einen Anstieg des EBITDA in Aussicht. HeidelbergCement AG (ISIN: DE0006047004) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 20e/21e/22e | Kurs | 604700 / HEID | 10,5 Mrd. EUR | neg. / 8 / 7 | 54,54 EUR | Mein Fazit: HeidelbergCement ist in den letzten Jahren auch durch Übernahmen stark gewachsen und diese waren teuer. Die hohen Abschreibungen im 2. Quartal erfolgten dann auch vor allem für die 2016 zugekaufte Italcementi. Für die Zukäufe wurden überwiegend neue Schulden aufgenommen und die lasten auf dem Unternehmen. Der Verschuldungsrad von 233 Prozent ist als angespannt zu betrachten. Andererseits kommt dem HeidelbergCement das weiter sinkende Zinsniveau entgegen, da mit jeder Kreditverlängerung niedrigere Zinssätze und damit Zinszahlungen anfallen, was das Finanzergebnis und damit am Ende die Gewinn- und Verlustrechnung puscht. HeidelbergCement ist ein konjunkturzyklisches Unternehmen und profitiert daher von einem Abflachen der Coronawelle ebenso wie von staatlichen Infrastruktur-Programmen und einer sich beschleunigenden Bautätigkeit – ob nun in den USA oder Europa. Bis zu seinem Höchststand von über 90 Euro Anfang 2018 hat der Kurs jedenfalls noch reichlich Luft. Und Potenzial... Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs iNTELLiGENT iNVESTiEREN. Autorenprofil Michael C. Kissig studierte nach Abschluss seiner Bankausbildung Volks- und Rechtswissenschaften und ist heute als Unternehmensberater und Investor tätig. Neben seinem Value-Investing-Blog „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“ verfasst er regelmäßig eine Kolumne für das „Aktien Magazin“. | | Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert: Berkshire Hathaway & Salesforce. Es können daher Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
Meine neuesten Videos
Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen & ein schönes Wochenende wünscht Dir Dein Armin Brack Chefredakteur Geldanlage-Report >> Die nächste Ausgabe erscheint am 14. November Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen. Gerne kannst Du uns auch Themenvorschläge unterbreiten. Fragen und Anregungen bitte per Mail an [email protected] Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten! Hier kommst Du zu Tradesignal Online. Geldanlage-Report weiterempfehlen! Wir würden uns freuen, wenn Du den Geldanlage-Report Deinen Freunden und Kollegen weiterleiten würdest! Kostenlose Anmeldung unter www.geldanlage-report.de |