Liebe Frau Do, ethische Debatten sind schon lange nicht mehr nur Sache von Experten. Das ist auch ein Pandemieeffekt. Allerdings scheint Corona auch ethische Entscheidungen zu erzwingen, die in der Umsetzung noch Probleme machen könnten. Etwa die jüngste Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber, Regeln für den schrecklichen Fall zu schaffen, dass Mediziner wegen Knappheit auf den Intensivstationen Patienten auswählen müssen. Damit sollen möglichst bald Vorkehrungen für den Schutz von Menschen mit Behinderung getroffen werden. Als Signal ist das zu begrüßen, auch wenn bedenklich stimmen muss, dass es überhaupt nötig ist. Das Grundgesetz verbietet die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung, natürlich gilt das gerade bei einer so existenziellen Frage wie der Triage. Und natürlich sollten Menschen mit Behinderung darum nicht fürchten müssen. Doch bleibt die Frage, ob gesetzliche Regeln das richtige Instrument sind. Denn pauschale Kriterien taugen ja gerade nichts. Nur möglichst hohe Sensibilität für eigentlich unzumutbare Einzelfall-Abwägungen. Eigentlich ist die Entscheidung aus Karlsruhe also eine Aufforderung an die Politik: das Gesundheitssystem so stark zu halten, dass es nicht zu abwendbaren Triage-Lagen kommt. Und an die Bürger: ihren Teil dazu beizutragen. Heute wichtig: Niederlande: Bei unseren Nachbarn ist Omikron seit gestern die dominante Variante, die für mehr als die Hälfte aller Neuansteckungen verantwortlich ist. Die Behörden fürchten, dass die Krankenhäuser erneut massiv unter Druck geraten. Gleichzeitig muss sich der Gerichtshof in Den Haag mit einer Klage gegen den Lockdown beschäftigen. Omikron: Schnelltests erkennen eine Corona-Infektion mit der Omikron-Variante laut US-Gesundheitsbehörden vermutlich nicht so gut wie frühere Varianten. Bei einigen der Tests werden die Benutzer angewiesen, zwei Tests im Abstand von einer bestimmten Zeitspanne durchzuführen, um einen negativen Befund zu bestätigen. Krankenversicherung: Privatversicherte müssen im kommenden Jahr teils deutlich mehr zahlen als bisher. Im Einzelfall sind hohe zweistellige Steigerungen möglich. Worauf Betroffene jetzt achten sollten, hat Uwe Schmidt-Kasparek aufgeschrieben. Meinung am Morgen: Böller: Silvester soll eigentlich eine stille Nacht werden. Nicht der Ruhe wegen, sondern weil Menschenansammlungen die Verbreitung von Omikron beschleunigen dürften, und das Pflegepersonal in den Notaufnahmen ohnehin genug zu tun hat. Doch in Belgien werden munter Böller verkauft. Auch Deutsche sind unter den Käufern. Dabei lässt sich zum Jahreswechsel auf Knallköppe aller Art gut verzichten, schreibt Horst Thoren in seinem Kommentar. Einmal mehr fehle es in der Corona-Politik an europäischer Abstimmung. Impfregister: Über die Impfpflicht wird schon länger diskutiert, nun rückt die Frage in den Fokus, ob es dazu auch ein zentrales Impfregister braucht. Die Bedenken von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gegenüber nationalen Registern, die Daten der gesamten Bevölkerung speichern, seien nachvollziehbar, schreibt Julia Rathcke in ihrem Kommentar. Allerdings werde es ohne ein solches Register kaum gehen. Die Datenlage müsse besser werden. Allein schon wegen der bereits beschlossenen berufsbezogenen Impfpflicht bräuchten die Behörden Fakten, keine Schätzungen. Team Scholz: Ohne ein Team loyaler Mitarbeiter funktioniert nichts in der Politik. Das hat die frühere Kanzlerin Angela Merkel vorgemacht. Doch mit wem umgibt sich der neue Kanzler Olaf Scholz? Tim Braune hat das in seiner Analyse zusammengetragen. Frauen, so viel sei verraten, kommen in der Geschichte weniger vor. So gesehen: Wenn im Alltag alles einigermaßen düster erscheint und der einst frostige Dezember tut, als sei er ein verregneter November, dann, ja dann, lohnt ein Blick aufs britische Königshaus. Festivitäten stehen 2022 an: 70 Jahre Thronjubiläum für die Queen, die Taufe der kleinen Lilibet, Tochter des in die USA abgewanderten Enkels Harry. Womöglich wird das freudige Fest trotz aller Querelen im Königreich begangen. Als Zeichen der Versöhnung. Und zur Wonne all derer, die in Königsfragen schon länger nicht mehr zwischen Netflix und royaler Reality unterscheiden können. Mit solchen Aussichten kann so ein oller Altjahr-Tag doch nur golden beginnen! Herzlich, Ihre Dorothee Krings Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |