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Vom 5. Juli bis zum 27. Juli messen sich die besten Radsportler der Welt bei der Tour de France. Über Sieg und Niederlage auf den Straßen Frankreichs entscheiden dabei nicht nur die Beine, sondern auch das Material. Das TOUR Tech-Briefing zur 5. Etappe. |
Tour de France 2025 - 5. Etappe: Caen - Caen | 33 Kilometer (Einzelzeitfahren) | 200 Höhenmeter |
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Das Höhenprofil der 5. Etappe, Fotograf: A.S.O. |
Die fünfte Etappe ist ein Zeitfahren. Die Strecke ist ein Rollerkurs, scheinbar wie gemacht für die schwereren Zeitfahrspezialisten im Feld. Schwere Fahrer haben oft ein günstigeres Verhältnis von Power zu Luftwiderstand (cwA) als leichtere Fahrer, was sie befähigt, im Flachen etwas schneller zu fahren. |
Aber keine Regel ohne Ausnahme: Remco Evenepoel, amtierender Zeitfahrweltmeister, ist auch im Flachen sehr schnell, obwohl weder groß noch schwer. Seine überragende Zeitfahrperformance hat viel damit zu tun, wie er auf dem Rad sitzt. In der Seitenansicht ist gut zu sehen, wie der große Helm die Lücke zwischen Armen und Rumpf füllt, sein Körper mutiert so zum Stromlinienkörper. Auch Jonas Vingegaard sitzt unglaublich gut auf dem Rad, vor allem für einen Rennfahrer seiner zierlichen Statur. Sein Giro-Zeitfahrhelm verlängert seinen Körper perfekt. Der hinten weit auslaufende Helm schließt an die Schultern an, die herausstehende Nase leitet die Strömung um den Helm herum. Der Helm fungiert wie eine Verkleidung und dehnt das Reglement, das Verkleidungen verbietet, bis an seine Grenzen. |
Wie aerodynamisch die Fahrer unterwegs sind, lässt sich anhand von Fahrdaten abschätzen. Mit den Daten der letztjährigen Tour de France ermittelten wir einen cwA-Wert von 0,175 für Remco Evenepoel. Umgerechnet reichen dann schon 205 Watt für Tempo 45. Zum Vergleich: ein durchschnittlicher Amateurradfahrer muss für dieses Tempo rund 350 W investieren! |
Die Klassementfahrer werden den Spezialisten aber keinesfalls das Feld überlassen. Denn obwohl die Strecke kurz ist, hat sie Bedeutung für die Gesamtwertung. Remco Evenepoel gewann das Zeitfahren bei der jüngsten Dauphiné-Rundfahrt und fuhr auf nur 17,4 Kilometern 49 Sekunden auf Tadej Pogačar heraus und 21 Sekunden auf Jonas Vingegaard. Reine Kletterer bekommen auf einer Etappe wie heute ein paar Minuten Rückstand. |
Zahl des Tages: 20 Sekunden |
Bei flachem Zeitfahren ist die Aerodynamik der Schlüssel zu Top-Speed. Da wir keine konkreten Daten zu Zeitfahrrädern haben, haben wir einen Schwung fiktiver Räder durch unsere Streckensimulation laufen lassen, um zu zeigen, welchen Einfluss die Aerodynamik auf die Fahrzeit hat. |
Eine dreiprozentige Verbesserung des cwA-Wertes spart auf der Strecke rund 20 Sekunden Fahrzeit ein, wohingegen ein Kilo Ballast selbst für einen 60 Kilogramm leichten Fahrer nicht mal 1,5 Sekunden ausmacht. |
Die Strategie ist daher klar: Aero is everything. Was das Rad wiegt, ist sekundär, es geht darum, den Luftstrom im Griff zu haben. |
Am wichtigsten ist dabei die Positionierung des Fahrers, denn dieser erzeugt mit seinem Körper den Großteil des Widerstands. Maßgeschneiderte, im Winkel leicht angestellte Auflieger, Aero-Helme und aerodynamisch wirksame Textilien, mit dem richtigen Maß Rauigkeit an der richtigen Stelle sind die Tricks, mit denen im Windkanal um Sekunden gerungen wird. Das Rad wird auch optimiert, aber die individuelle Anpassung an den Fahrer ist entscheidend. |
Simulation verschiedener Zeitfahr-Setups für die 33 Kilometer lange Strecke |
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Fotograf: Robert Kühnen |
Die Tabelle zeigt die Fahrzeiten für verschiedene Konfigurationen, mit Variationen des Gewichts und der Aero-Leistung. Wie leicht zu sehen ist, ist das Gewicht weitgehend bedeutungslos. Es geht um die Aerodynamik, damit lässt sich effektiv an der Uhr drehen. |
Für Jonas Vingegaard erwarten wir cwA-Werte am unteren Rand der Tabelle. Die schnellste Fahrzeit in der Tabelle entspricht einem Schnitt von 54,6 km/h! |
Zum Vergleich: Das Roadbook der Tour de France rechnet mit einer Fahrzeit von 37 Minuten. |
Unser Experte |
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Fotograf: Robert Kühnen |
Robert Kühnen ist studierter Maschinenbauer, schreibt für TOUR über Technik- und Trainingsthemen und entwickelt Prüfmethoden. Die Simulationsrechnungen verfeinert Robert seit Jahren, sie werden auch von Profi-Teams genutzt. |
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