Das TOUR Tech-Briefing zur 12. Etappe der Tour de France 2024
Das TOUR Tech-Briefing zur 12. Etappe der Tour de France 2024 | | Kann sich auf der 12. Etappe eine Ausreißergruppe durchsetzen?, Fotograf: Getty Images/Tim de Waele | Vom 29. Juni bis zum 21. Juli messen sich die besten Radsportler der Welt bei der Tour de France. Über Sieg und Niederlage auf den Straßen Frankreichs entscheiden dabei nicht nur die Beine, sondern auch das Material. Das TOUR Tech-Briefing zur 12. Etappe. | Tour de France 2024 - 12. Etappe: Aurillac - Villeneuve-sur-Lot | 203,6 Kilometer | | Das Höhenprofil der 12. Etappe, Fotograf: A.S.O. | Große Schwierigkeiten weist die zwölfte Etappe auf dem Papier nicht auf. Auf 204 Kilometern sind 2200 Höhenmeter zu überwinden. Der Beginn ist noch etwas bergig, zum Ende hin plätschert die Etappe aus. Welcher Rennverlauf eintritt, hat viel mit dem Vortag zu tun und mit der Motivationslage. Der Tag davor war sehr hart, Sprinter sind vielleicht auf der letzten Rille ins Ziel gekommen. | Im Prinzip kann es beides geben: einen Massensprint oder eine erfolgreiche Flucht. Wenn früh eine gute Gruppe geht, noch vor der ersten Bergwertung der vierten Kategorie, ist es denkbar, dass diese den Sprinterteams das Leben schwer macht. Mit der richtigen Zusammensetzung haben solche Fluchtgruppen in der Vergangenheit in der zweiten Hälfte der Tour auch schon so große Vorsprünge rausgefahren, dass die Sprinterteams ihre Aufholjagd nicht mehr schafften. Die Faustformel dazu lautet: eine Minute pro 10 Kilometer gelten als aufholbar (zum Beispiel 47 vs. 43 km/h). Auf den letzten zehn bis 20 Kilometern sind auch zwei Minuten pro 10 Kilometer möglich, wenn die Ausreißer platt sind und das Sprinterfeld Ernst macht und einen Schnitt von 55 km/h oder mehr fährt (und die Fluchtgruppe “nur” 46 km/h schafft) . | Gegen die Flucht spricht, dass mehrere Sprinterteams bislang leer ausgegangen sind und dies ist die drittletzte Gelegenheit, daran etwas zu ändern. Der Zusammenhalt im Sprinterteam ist zudem immer gegeben, die Fluchtgruppe läuft nur dann gut, wenn die Konstellation passt. Wozu gehört, dass niemand, der im Gesamtklassement noch in Schlagweite liegt, Teil der Gruppe sein darf. Ein starker Sprinter ist auch Gift für eine Fluchtgruppe. Ideal ist, wenn sich mehrere ähnlich starke Fahrer realistische Chancen ausrechnen können, die Flucht siegreich zu beenden. | In unserer Simulation gehen wir davon aus, dass die Action bereits kurz nach dem Startschuss beginnt und früh eine größere Gruppe steht. Welchen Einfluss hätte dann das Material für eine Flucht über 175 Kilometer? | Zahl des Tages: 6:04 Minuten | 6:04 Minuten spart das schnellste Aero-Rad rechnerisch über die 175 Kilometer Flucht, die wir simulieren, verglichen mit dem langsamsten Rad im Feld. | Das Rad trägt also einen Teil dazu bei, eine Flucht erfolgreich zu gestalten. Aber wesentlich sind die Zusammensetzung der Gruppe, eine effiziente Fahrweise und ein gutes Pacing. Die Ausreißer sollten sich nach stürmischer Anfangsphase eine Reserve behalten, um im Finale richtig gegenhalten zu können gegen das drückende Feld. Dann könnten sich die Sprinterteams verkalkulieren. | Das (fast) gesamte Feld im Überblick* | | Fotograf: Robert Kühnen | *) Die Berechnungen beruhen auf den von TOUR in Labor und Windkanal getesteten Rädern. Die Maschinen bei der Tour de France können in Details davon abweichen. Auch Last-Minute-Prototypen konnten wir natürlich noch nicht untersuchen. Hintergründe zur Simulation. | Keine Überraschung: Gute Fluchträder sind Aero-Räder. Eine Flucht ist schließlich im Prinzip ein Zeitfahren. | Rückschau: Weltmeister-Sprint verlängert | Aero-Räder sind auch im Sprint gesetzt: Am Dienstag gelang Mathieu van der Poel und seinem Team Alpecin-Deceuninck der perfekte Lead-Out, weltmeisterlich quasi, passend zum Trikot. 1400 Meter vor dem Ziel war das Alpecin-Team mit vier Mann in der Führung und bildete die Spitze des rasenden Feldes. Daneben kämpfte Christophe Laporte von Visma | Lease a Bike als einsamer Anfahrer von Wout van Aert. Alpecin behauptete sich durch die Kurvenkombination an der Spitze, van Aert verlor den Kontakt zu Laporte und van der Poel eröffnete seinen Lead-Out-Sprint kurz vor der 400-Meter-Marke, beschleunigte auf volles Sprint-Tempo und gab Jasper Philipsen damit eine perfekte Startrampe. Dieser verlängerte den Sprint und konnte sich mit einer Radlänge sicher behaupten. Die Fahrer dahinter holten auf, konnten ihren Positionsnachteil aber nicht komplett wettmachen. Der erste wirklich geordnete Sprintzug bei dieser Tour brachte ein ebenso klares Ergebnis und zeigt, dass die Methode Lead-out immer noch funktioniert, wenn die Umsetzung so gut gelingt wie auf der 10. Etappe. | Unser Experte | | Fotograf: Robert Kühnen | Robert Kühnen ist studierter Maschinenbauer, schreibt für TOUR über Technik- und Trainingsthemen und entwickelt Prüfmethoden. Die Simulationsrechnungen verfeinert Robert seit Jahren, sie werden auch von Profi-Teams genutzt. | | >> Exklusiv: Rennräder der Stars und andere Highlights von der Tour de France im Blog | >> Zum Tour de France Special | | | |