in diesen Tagen denke ich gelegentlich an eine Lektüre meiner Jugend, die „Sternstunden der Menschheit“. In dem Büchlein beschreibt Stefan Zweig in 14 Miniaturen herausragende Momente der Geschichte. Einerseits fällt mir der Text ein, weil derzeit viele Menschen jene Momente, die Zweig als Sternstunden beschreibt, zu Tiefpunkten erklären wollen. Mehr als eine Kolumbus-Statue liegt zerschmettert am Boden, und wenn die Demonstranten wüssten, wer Vasco Núñez de Balboa gewesen ist, dessen erster Blick auf den Pazifik der erste Blick eines Europäers auf den Pazifik überhaupt war, dann würden auch Statuen von ihm zu Bruch gehen. Denn der von Zweig Beschriebene war nicht nur ein Abenteurer, sondern vor allem ein Konquistador. Andererseits denke ich an die „Sternstunden“, wenn ich an Hongkong denke. Dort ist zwar nun ein echter Tiefpunkt der Geschichte zu beobachten, dort geht kein Stern auf, dort verglüht eher einer, aber man könnte das Geschehen im Stile Zweigs beschreiben. Die Dimension dessen, was in der Stadt passiert, lässt sich kaum übertreiben. Eine Diktatur bricht über eine freie Stadt herein. Bücher verschwinden aus Bibliotheken, Meinungsäußerung wird zur Straftat, das große Abhören beginnt, Durchsuchungen ohne richterlichen Beschluss werden Alltag. Die Bürger sind nicht länger frei. |