Alice Weidel – radikaler als zuvor
● AfD und BSW: Wahlprogramme stehen |
● Flugfusion: Lufthansas Italien-Deal |
● Energie: Strom durch Pilz-Power |
|
Liebe Leserin, Lieber Leser, aus Fehlern soll man bekanntlich lernen, am besten aus den Fehlern anderer. Doch die SPD, so wirkte es bei ihrem Selbstbeschwörungs-Parteitag, ist im Begriff Fehler zu wiederholen – die der US-Demokraten aus dem letzten Wahlkampf. Team Kamala malte damals das Ende der Demokratie an die Wand, sollte Donald Trump gewinnen. Doch die meisten Wähler ließ das kalt. Dennoch warnten am Wochenende erst Parteichef Lars Klingbeil und direkt nach ihm Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor dem österreichischen Menetekel für den liberalen Rechtsstaat. Das ist nicht völlig abwegig. Ob sich aber deutsche Wahlberechtigte aus Angst vor dem Kickl Herbert in die Arme der SPD flüchten? Zweifelhaft. Im nächsten Schritt polierte Klingbeil dann das Feindbild Union: „Von Montag bis Mittwoch stellen sie populistische Forderungen auf dem Rücken von Arbeitslosen auf, und von Donnerstag bis Samstag geht’s um Migranten und Migration.” Naja, mit Migration sprechen CDU/CSU damit immerhin ein Thema an, das laut ARD-Deutschlandtrend 37 Prozent der Deutschen für eines der wichtigsten Probleme halten. Klingbeil hingegen unterliegt offenbar einem weiteren Irrtum der US-Demokraten: Sie glaubten lange, dass sogenannte Latinos automatisch für die migrationsfreundlichste Partei stimmen würden. Doch Donald Trump, der die größte Abschiebewelle der US-Geschichte ankündigt, erhielt mehr Latino-Stimmen als jeder Republikaner vor ihm. |
|
| Die Wiederwahl zum SPD-Kanzlerkandidaten hat Olaf Scholz, 66, immerhin gewonnen (© dpa) |
|
Migranten sind keine homogene Gruppe. Je integrierter Menschen mit Migrationsgeschichte sind, desto weniger fühlen sie sich als Migranten, sagen Politikwissenschaftler. Vielmehr seien sie oft skeptisch gegenüber weiterer Migration, weil sie dadurch Nachteile befürchten. SPD-Co-Chefin Saskia Esken mag also von Friedrich Merz’ neuer Forderung schockiert sein, Doppelstaatlern bei schweren Verbrechen den deutschen Pass wieder wegzunehmen. Man ahnt jedoch, dass die meisten Einwanderer – die friedlichen also, die in Sicherheit leben wollen – überhaupt kein Problem damit haben, wenn ein Mörder oder Terrorist wieder des Landes verwiesen wird. Immerhin tut sich auch die Union schwer damit, aus Fehlern klug zu werden. Ihren eigenen: In der CSU wird wieder mal gelästert, über zu wenig Präsenz und Einsatz des CDU-Chefs. Fehlt nur noch, dass Markus Söder wie im Juli 2021 öffentlich den „Schlafwagenwahlkampf“ kritisiert. Dabei ist für den Weg ins Kanzleramt nicht so entscheidend, ob man im ICE oder auf der Draisine sitzt – sondern vielmehr, ob man es gemeinsam tut. Oder sehe ich das falsch? Schreiben Sie mir gern an [email protected] |
|
| Wortspiele à la AfD: Aus der verbotenen SA-Parole „Alles für Deutschland“ wurde in Riesa „Alice für Deutschland“ (© dpa) |
|
Preußen, Wehrpflicht, Euro-Aus: AfD-Parteitag beschließt Wahlprogramm |
|
Nachdem Alice Weidel bereits am Samstag zur Kanzlerkandidatin gekürt wurde, hat die AfD auf ihrem Parteitag in Riesa gestern ihr Wahlprogramm verabschiedet. Die wichtigsten Punkte: Migration: Die AfD will als Sofort-Hilfe-Maßnahmen ihres 100-Tage-Plans Rückführungen im großen Stil. „Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration“, so Weidel. Ein Kampfbegriff der Identitären Bewegung und der AfD-Hardliner, den sie bislang konsequent vermieden hatte. EU: Die AfD fordert einen Ausstieg aus dem Euro und einen neuen europäischen Staatenbund, umschifft im Programm aber die explizite Benennung eines Austritts Deutschlands aus der EU (Dexit). Selbstbestimmung: Zerstritten ist die AfD beim Thema Schwangerschaftsabbruch. Einer Verschärfung des Abtreibungsrechts traten vor allem Frauen in der Partei vehement entgegen. Laut Programm soll betroffenen Frauen in der Schwangerschaftskonfliktberatung aber Ultraschallaufnahmen gezeigt werden, damit sie sich „über den Entwicklungsstand des Kindes im Klaren sind“. Familie: Für die AfD-Delegierten besteht sie „aus Vater, Mutter und Kindern“. Im Programmentwurf hatte es zunächst nur geheißen: „Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft.“ Wehrpflicht: Die Delegierten haben die Wiedereinführung entgegen dem Wunsch der Parteispitze ins Wahlprogramm gehoben. Geschichte: Die AfD möchte Kaiserreich und Preußen in positivem Licht darstellen. Windmühlen: Tosenden Beifall erhielt Weidel für den Ausruf „Wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande.“ Co-Parteichef Tino Chrupalla erklärte später, sie habe sich hauptsächlich auf die Windkraftwerke bezogen, für die Wälder gefällt würden. Parteinachwuchs: Die Alternative Jugend (AJ) hatte die Mutterpartei wiederholt in Erklärungsnot gebracht, weil sich einzelne Mitglieder einer rechtsterroristischen Vereinigung zusammengeschlossen haben sollen, den „Sächsischen Terroristen“. Um zu verhindern, dass sich der Nachwuchs aus dem Ruder läuft, wird die Alternative Jugend jetzt in die Mutterpartei eingegliedert. Mitglied werden darf nur, wer Parteimitglied ist. Schließlich, so ein Delegierter zu FOCUS-Reporterin Antje Hildebrandt, müsse der Hund mit dem Schwanz wedeln, nicht der Schwanz mit dem Hund. |
|
| Parteitag in Bonn: Kanzlerkandidatin und BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, 55, mit Ehemann Oskar Lafontaine, 81 (© dpa) |
|
„Konjunktur-Programm“ für USA: Wagenknecht kritisiert Russland-Sanktionen |
|
Der Parteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht in Bonn hat einmal mehr gezeigt: Nichts mobilisiert BSW-Anhänger so sehr wie das Thema Krieg und Frieden. Unter tosendem Applaus rief die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen: „Ami go home!“ Deutschland könne sich die 37.000 hier stationierten US-Soldaten „schlicht nicht mehr leisten“, sagte sie und forderte, auch US-Atomwaffen aus Deutschland zu verbannen. BSW-Kanzlerkandidatin Wagenknecht wiederum empörte sich in ihrem 53-minütigen Rundumschlag über schlechte Bildung und Wohnungsnot, schlechte Wirtschafts- und Energiepolitik. Den ersten großen Jubel der 600 anwesenden Mitglieder erntete sie aber mit ihrer Fundamentalkritik an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die nach der Annexion der Krim verhängt und 2022 verschärft wurden. Wagenknechts Sicht: Die Sanktionen hätten „nichts mit Moral, nichts mit Menschenrechten, nichts mit Friedensliebe zu tun, sie sind schlicht ein Konjunkturprogramm für die US-Wirtschaft.“ Die Ex-Linken-Politikerin fügte hinzu: „Mit Taurus-Merz, mit Umfaller-Olaf, mit den wilden Sofa-Kriegern von den Grünen und mit den neuen Rüstungsfanatikern von der AfD wäre der Frieden in Deutschland tatsächlich in großer Gefahr.“ |
|
• Die Zahl offiziell bestätigter Todesopfer bei den Bränden in Los Angeles ist auf 24 gestiegen. Mehr als 12.000 Gebäude sind zerstört oder beschädigt. Vor allem im Stadtteil Pacific Palisades gelang es trotz aller Anstrengungen nicht, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. | |
|
| Als neuer Ita-Chef ist Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart im Gespräch (© REUTERS/Remo Casilli) |
|
Lufthansa: Einstieg bei Papst-Airline perfekt |
|
Nach jahrelangen Verhandlungen will die Lufthansa heute den wichtigen ersten Schritt zur Übernahme der italienischen Staatsairline Italia Trasporto Aereo (Ita) vollziehen. In Italien wird der Einstieg der Deutschen bei der stolzen (Papst)-Fluglinie nicht nur positiv gesehen. Die Zeitung „La Stampa“ bildete kürzlich eine Ita-Maschine als überdimensionale Bockwurst ab, dazu in schwarz-rot-gold: „Die Neue Alitalien – Es reicht mit den Spaghetti-Essern“. Was ist vereinbart? Die Lufthansa erhält für eine Kapitaleinlage von 325 Millionen Euro zunächst 41 Prozent der Ita-Anteile. Bis 2033 könnte die Komplettübernahme für eine Gesamtsumme von gut 830 Millionen Euro folgen. Was hat die Lufthansa von dem Deal? Der Kranich-Konzern kommt so an ein Stück des lukrativen Luftverkehrsmarkts in Italien. Das Land hat starke Bindungen in die USA und ist ein Top-Reiseziel für Touristen. Ita wird mit knapp 100 Flugzeugen größte Auslandsgesellschaft der Lufthansa und der moderne Flughafen Rom-Fiumicino zum sechsten und südlichsten Drehkreuz des Konzerns. Was bedeutet das für die Kunden? Auf Passagiere könnten höhere Preise bei gleichem Platzangebot zukommen. Hier will die EU mit Auflagen für mehr Wettbewerb sorgen. Auf der Kurz- und Mittelstrecke spielt Easyjet dabei eine zentrale Rolle. Die Billig-Airline gründet mit acht Flugzeugen zwei weitere Basen in Rom-Fiumicino und Mailand-Linate. Von dort werden 27 neue Strecken angeboten, Zielorte sind u.a. München, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf. |
|
17 Prozent der befragten Berufstätigen machen laut einer Umfrage der Pronova BKK im Homeoffice gelegentlich ein kurzes Nickerchen. 9 Prozent tun es häufig, 13 Prozent selten, 26 Prozent nie und 35 Prozent arbeiten gar nicht von zu Hause aus. Expertentipp: Maximal 20 Minuten schlafen, sonst wird die Nacht beeinträchtigt, und nur in den regulären Arbeitspausen. |
|
| Forscher Gustav Nystroem mit der Pilzbatterie, die von einer Bienwachskapsel umschlossen ist (© Empa) |
|
Pilzbatterie durch „Samtige Tramete“ |
|
Forscher in der Schweiz haben aus Pilzen eine 3D-gedruckte Batterie entwickelt, die abgelegene Orte mit Strom versorgen könnte. Die sogenannte mikrobielle Brennstoffzelle enthalte keine giftigen Stoffe und baue sich nach ihrem Einsatz selbst ab, schreibt das Team der Eidgenössischen Material- und Forschungsanstalt (Empa). Wie alle Lebewesen wandeln Mikroorganismen Nährstoffe in Energie um. „Wir haben erstmals zwei Pilzarten zu einer funktionierenden Brennstoffzelle kombiniert“, berichtet Empa-Wissenschaftlerin Carolina Reyes. Auf der Anodenseite setzt der Metabolismus eines Hefepilzes Elektronen frei, während ein Weißfäulepilz (Name: Samtige Tramete) auf der Kathodenseite mit einem speziellen Enzym diese Elektronen einfängt und aus der Zelle leitet. Viel Strom produzieren die lebenden Zellen aktuell nicht – aber genug, um damit etwa einen Temperatursensor über einige Tage zu betreiben. Solche Sensoren kommen in der Landwirtschaft oder in der Umweltforschung zum Einsatz. Künftig wollen die Wissenschaftler die Pilzbatterie leistungsfähiger und langlebiger machen – und weitere Pilzarten suchen, die sich als Stromlieferanten eignen. |
|
Gewinner: Franz beflügelt die Quote! Die Doku „Beckenbauer – Der letzte Kaiser“ hat es geschafft, den Marktanteil des Kultursenders arte zu verdreifachen. Der Dreiteiler von Broadview TV beleuchtet den Lebensweg der 2024 verstorbenen deutschen Sportikone zwischen Märchen und Mythos. Verfügbar und sehenswert noch bis zum 7.4. in der arte mediathek. | |
Verlierer: Polens Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, 43, musste den Chef der internen Armee-Inspektion entlassen. Laut Medienberichten soll er versucht haben zu vertuschen, dass Soldaten beim Entladen eines Zugs nahe Stettin im letzten Sommer 240 Panzerabwehrminen vergaßen. Nach einer mehrwöchigen Bahnreise durch Polen tauchten sie im Lager eines Möbelkonzerns auf. | |
|
Klinik-Streik, Grüne Woche, Lufthansa Montag • Fünfer-Treffen: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) trifft in Warschau Kollegen aus Polen, Frankreich, Italien und Großbritannien. Das Fünfer-Format wurde nach dem Wahlsieg Donald Trumps eingerichtet, um Europas Sicherheit zu stärken Dienstag • NATO: Gipfel in Helsinki u.a. zum Schutz der kritischen Unterwasser-Infrastruktur in der Ostsee; Bundeskanzler Scholz nimmt teil • Urteil: Das Bundesverfassungsgericht urteilt, ob es rechtmäßig ist, dass Fußball-Vereine die Kosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen mittragen müssen Mittwoch • Kliniken: Dreitägiger, bundesweiter Streik von Ärzten und Ärztinnen an kommunalen Krankenhäusern beginnt. Ein Notdienst besteht. • E-Akte: Start der elektronischen Patientenakte in Praxen der Modellregionen in Franken und Hamburg. Für gesetzlich Versicherte speichern die Krankenkassen darin u.a. Befunde und Röntgenbilder – es sei denn, man widerspricht • RBB: Das Landgericht Berlin verhandelt über eine Klage der entlassenen Ex-Intendantin Patricia Schlesinger. Sie fordert ein Ruhegehalt von rund 18.300 Euro. Der Sender hingegen verlangt Schadensersatz Donnerstag • Parlament: Der Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg befragt Kanzler Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) • Strafjustiz: Prozessauftakt gegen den Ex-CDU-Parlamentarier Axel Fischer und den Ex-CSU-Abgeordneten Eduard Lintner wegen Bestechungsvorwürfen (Aserbaidschan-Affäre) • Visionen: Beginn der Zukunfts-Konferenz „Digital Life Design“ (DLD) in München unter Schirmherrschaft von Hubert Burda • Lektüre I: Das neue Buch des Grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck „Den Bach rauf. Eine Kursbestimmung“ erscheint Freitag • Messe I: In Berlin beginnt die 99. Internationale Grüne Woche (IGW) für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Sie endet am 26.1. • Lektüre II: Buchvorstellung von „Friedrich Merz. Sein Weg zur Macht“ in Berlin, mit dem Autor Volker Resing und CSU-Chef Markus Söder Samstag • Messe II: Die weltweit größte Publikumsmesse für Tourismus und Freizeit „Caravaning, Motor und Touristik“ (CMT) läuft bis 26.01. • Die Linke: In Berlin tagt der Bundesparteitag, um das Wahlprogramm zu beschließen • Besuch: Angela Merkel ist Ehrengast beim Neujahrsempfang der NRW CDU in Düsseldorf | |
|
… haben die Londoner auch in diesem Jahr wieder zu einem bewährten Mittel gegen den trüben, dunklen und freudlosen Januar gegriffen: dem „No Trousers Tube Ride“, eine Unterhosen-Fahrt in der Underground-Bahn. | | Januar-Tradition in London: Hosenloses U-Bahn-Fahren (© dpa) | Gestern Nachmittag begaben sich hunderte Bewohner der britischen Hauptstadt in Soho um 2.45 Uhr Ortszeit zum „de-trouser“-Treffpunkt und enthosten sich dort. Die Tradition besteht seit 2009, inspiriert durch den „No Pants Subway Ride“, der 2002 in New York begann. Fragt sich nur, wann München, Hamburg, Berlin, Köln oder Frankfurt mit „U-Bahn minus U-Hose“ nachziehen. Wärmste Grüße zum Wochenstart | | Tanit Koch |
|
Kontakt Wir freuen uns über Ihr Feedback an: [email protected] Abbestellung Sie möchten diesen Newsletter abbestellen? Klicken Sie bitte hier. Datenschutz Informationen zur Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten finden Sie hier. |
Verantwortlich für den Inhalt dieses Newsletters ist die BurdaVerlag Publishing GmbH. Impressum BurdaForward GmbH | St.-Martin-Straße 66 | 81541 München Tel.: +49 89 9250 4500 Geschäftsführung: Dr. Lydia Rullkötter, Daniel Steil, Thomas Koelzer Amtsgericht München, HRB 213375 Ust.-ID-Nr.: DE296466883 |
|
|
| © 2024 FOCUS Magazin Verlag |
[/composing]
https://7f04.elaine-asp.de/go/dfm6ezvv5ohx9byym2uvf2icdttuvu4x4ti8kosow42r/1001326 [/part]