Reitsport ist immer dann am schönsten, wenn es ein bisschen mehr zu erzählen gibt als nur Wertnoten, Strafpunkte und Endergebnisse. In der Vielseitigkeit sind die Momente, in denen die viel zitierte Partnerschaft von Pferd und Reiter zu Tage tritt, zahlreicher als in den anderen Disziplinen. Das ist dem Sport geschuldet, in dem man eben keinen, pardon, „Fachidioten“, maximal sechseinhalb Minuten durch das Viereck zu lenken oder eher weniger als zwei Minuten über respektable Abmessungen zu reiten hat. Im Gelände, dem Herzstück der Vielseitigkeit, geht es sieben Minuten lang um Harmonie, um gemeinsamen Mut, um Übereinstimmung (was die Leistungen der Dressur- und Springpferde in keiner Weise schmälern soll!). Umso schöner, wenn dann noch die gewissen Extra-Geschichten hinzukommen. Etwa die der 22 Jahre jungen Irin Jennifer Kühnle, die den deutschen Nachnamen ihrem Vater Hans verdankt und die bei ihrem Debüt in einer 5*-Vielseitigkeit zwei Pferde in die Top 10 ritt. Pferde, mit denen sie in der Junioren- und Junge Reiter-Tour unterwegs war. Begleiter von Anfang an. Oder die fantastisch springende Hooney d’Arville, mit der die Belgierin Lara de Liederkerke-Meier das CCI5*-L gewann. Sie ist die erste Vertreterin ihrer Nation überhaupt, die sich Fünf-Sterne-Siegerin nennen darf. Die Schimmelstute ist bei der Siegerin in Arville zur Welt gekommen. Ihre Mutter Nooney Blue war das Pferd, mit dem Lara de Liederkerke-Meier bei Nachwuchschampionaten ritt und 2010 an ihren ersten Weltmeisterschaften teilnahm. Der letzte Ritt der beiden waren die Europameisterschaften 2013 in Luhmühlen, und damit genau dort, wo nun Tochter Hooney einen Lebenstraum ihrer belgischen Reiterin und Züchterin wahr werden ließ. Der Weg dorthin war nicht einfach mit der Stute, aber wer an sein Pferd glaubt und an sich arbeitet, wird irgendwann belohnt. Die 17-jährige Butts Avondale, von ihrer Reiterin Anna Siemer als „schnellste Maus von Mexiko“ bezeichnet, sauste durch den Geländekurs, dass es eine Freude war. 17 Jahre (!) und immer noch die Ohren gespitzt – wo ist die nächste Flagge? Dass das Wetter, das nach Aussage von Tom McEwen die Briten „von zuhause mitgebracht“ hatten, nicht immer einfach war? Geschenkt! Luhmühlen – das war ein Wochenende mit vielen Geschichten und tollen Gemeinschaftsleistungen, einfach nur schön! |