Liebe Leserin, Lieber Leser,
auf einmal geht alles irre schnell: 62 (!) Maßnahmen hat der erste schwarz-rote Koalitionsausschuss am Mittwoch in nur zweieinhalb (!) Stunden beschlossen. Ein „Sofortprogramm“ auf nur vier (!) Seiten. Ich habe gar nicht so viel Ausrufezeichen, wie ich allein für Markus Söders drei (!) Top-Prioritäten bräuchte: „Tempo, Tempo, Tempo“.
Wenn ich’s richtig verstehe, wird bis zu den Sommerferien die Republik gerettet. Klimawandel und Weltfrieden müssen bis Herbst warten. „Es geht jetzt Schlag auf Schlag“, sagte Kanzler Friedrich Merz, der immerhin Zeit fand, seiner scheidenden Lieblings-Nervensäge von der SPD, Saskia Esken, noch einen Blumenstrauß in die Hand zu pressen, bevor er sie stehen ließ. Aber ich will wirklich nicht spotten.
Denn seien wir ehrlich: Es fängt doch ganz gut an, oder? Was vorher alles an politischem Porzellan zerdeppert wurde – Schwamm drüber! Irgendwann zwischen Ampel-aus-wir-geh’n-nach-Haus und würdelos-unnötigem zweitem Wahlgang bei der Kanzlerwahl dämmerte es vielen dann doch: All diese ritualisierten Hahnenkämpfe, Intrigen und Schuldzuweisungen bringen niemanden mehr weiter. Wenn sich jetzt nichts ändert, heißt die nächste Kanzlerin eben Alice Weidel.
Heute ist Tag 24 der Regierung Merz. Und wenn man sich so umschaut in der Welt, scheint der konservative Kurswechsel à la Berlin doch deutlich sensibler vonstatten zu gehen als in anderen Ländern. Der neue Kanzler hat sich schon mit rund einem Dutzend Regierungschefs ausgetauscht. Überhaupt scheint ein großes Aufatmen durch Europa zu gehen. Nicht nur, dass Deutschland wieder regiert wird, sondern vor allem, dass sich diese Regierung auch wieder für die EU interessiert.
Und selbst innenpolitisch scheint Schwarz-Rot etwas gelernt zu haben: Geben und nehmen. Wenn die SPD eine Verlängerung ihrer Mietpreisbremse kriegt, darf die Union im Gegenzug Härte an der Grenze zeigen. Niemand beschwert sich, und beide haben verstanden, dass es letztlich vor allem um die Wirtschaft geht. Aber deren Rettung wird dauern. |