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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 23.04.2020 | Sonnig, 21°C. | ||
+ MSA-Prüfungen fallen nun doch weitgehend aus + BER könnte vorzeitig eröffnen + Polizeibilanz zum ersten verkaufsoffenen Tag + |
von Ann-Kathrin Hipp |
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Ein „Wagnis“ hatte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Mittwochmorgen die Öffnung der Läden und Einkaufszentren genannt – bis zum Abend schien der Drahtseilakt einigermaßen gelungen. Drei Einsatzeinheiten sowie zwei Lautsprecherwagen der Polizei (= 250 Beamte) waren am ersten Tag der gelockerten Verordnung im Einsatz, um alte Vorgaben und neue Gefahrenherde zu kontrollieren. Die vorläufige Bilanz: mäßiger Fußgänger-, Rad- und Fahrzeugverkehr, geringe Besucherzahlen in den Parks und Erholungslagen, keine größeren Menschenansammlungen und „verantwortungsbewusstes sowie vorbildliches“ Verhalten mit Blick auf die Einkaufszentren. „Die Betreiberinnen und Betreiber haben – zumindest in den hier festgestellten Fällen – geeignete Regelungen für eine Zugangskontrolle und -begrenzung getroffen. Hierzu wurde unter anderem auf private Sicherheitsdienste, aber auch auf digitale Kundenzählanlagen zurückgegriffen“, heißt es auf Checkpoint-Nachfrage. Die Lage sei insgesamt als „ruhig zu beschreiben“. #Stayathome statt Shopping. | |||||
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Oder doch Shopping statt #Stayathome? Besonnenheit scheint kein Bundes-Trend. Angesichts von Malls voller Menschen in anderen verkaufsoffenen Städten warnt Deutschlands Chefvirologe Christian Drosten vor der Gefahr, Erfolge bei der Corona-Eindämmung durch Fahrlässigkeit aufs Spiel zu setzen. Er bedauere es sehr, zu sehen, „dass wir gerade dabei sind, vielleicht diesen Vorsprung hier komplett zu verspielen“, sagte er im NDR-Podcast. „Wenn alle anfangen, sich die eigenen Interpretationsspielräume auszulegen, ganz frei, dann starten an vielen Orten in Deutschland plötzlich neue Infektionsketten.“ Dann könnte man schon in den Mai und Juni hinein in eine Situation kommen, „die wir nicht kontrollieren können, wenn wir nicht aufpassen“. | |||||
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Vorsicht ist besser als Nachsicht und das Aufpassen fängt bei den Kleinsten an. Wie genau da was geregelt wird, entscheiden Senat und Bezirke in Berlin im Moment tagesaktuell und mit etwas Glück für die Betroffenen auch immer wieder anderes. Fest steht (Stand Donnerstagmorgen): Vom 27. April an haben mehr Familien Anspruch auf die Notbetreuung ihrer Kinder in Kitas oder Grundschulen – nur noch ein Elternteil muss als systemrelevant gelten (die entsprechende Liste wurde erweitert) und auch Alleinerziehende haben einen Anspruch auf Betreuung. Die schriftlichen und mündlichen Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss (MSA) fallen in diesem Jahr (nun doch) weitgehend aus. Nur die Präsentationsprüfungen sollen stattfinden. Die Abiturprüfungen haben unterdessen bereits begonnen. | |||||
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Eher weich ist der Untergrund, auf dem der Kompromiss für Berlins Schaukel- und Buddelstätten heute gebaut werden soll. Der Rat der Bürgermeister will beraten, wann und unter welchen Bedingungen Spielplätze wieder öffnen könnten. Einigkeit besteht darüber, dass sich das Durcheinander der Schließung (keine zentrale Vorgabe & nach Mitte handelten alle anderen) nicht wiederholen soll. Das war’s dann aber auch schon. Xhain will für die temporäre Sperrung von an Spielplätze grenzenden Straßen werben. Pankow plädiert für „eine zumindest schrittweise Öffnung spätestens ab Anfang/Mitte Mai“. Neukölln kündigt an, sich ebenfalls für eine Öffnung der Spielplätze einzusetzen. In Reinickendorf und Spandau ist man dagegen. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagt: „Gerade Kitas und Kinderläden ohne eigene Außenanlagen müssen die Spielplätze wieder nutzen können.“ Aus der Gesundheitsverwaltung kommentiert Sprecher Moritz Quiske: „Sämtliche Lockerungen bleiben ein Wagnis.“ | |||||
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Noch ein Wagnis wird (in mehrfacher Hinsicht) der Gang zum Friseur (vom 4. Mai an): Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege hat, wie von der Politik angeordnet, bundesweit gültige Schutzmaßnahmen für den After-Corona-Haarschnitt erarbeitet. Dazu zählen u.a. eine Mundnasenschutzpflicht für Beschäftigte und Kundschaft, obligatorisches Haarewaschen im Salon, eine optimierte Lüftung und dieVerwendung jeweils gereinigter Arbeitsmaterialien je Kunde. Nachgefragt bei einer, die es umsetzen muss: Kann das funktionieren? Ja, sagt Yvonne Pankrath, Inhaberin des Friseursalons Kalamistra (ein alteingesessener Traditionsladen, den sie nach 37 Jahren übernommen hat). Sie findet die Regelungen sinnvoll, hat eine Schneiderin beauftragt, Masken zu nähen und ein Zwei-Schicht-System eingeführt – für den Fall, dass Mitarbeitende an Corona erkranken. Ihre Termine sind bereits bis Anfang Juni vollständig vergeben. | |||||
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Aufpassen auf die Ärmsten: Um in der Krise mehr Menschen unterbringen zu können, wurde das Hostel in der Kluckstraße für Obdachlose geöffnet. Das Problem: Gäste müssen ihre Zimmer für eine Putzzeit von 10 bis 18 Uhr verlassen – dürfen sich zwar auf dem Gelände aufhalten, gehen oftmals aber in Gruppen auf die Straße. „Derzeit würden wir das Angebot eher als Kältehilfe+ bezeichnen. Von einem wirklichen Pandemieschutz kann kaum gesprochen werden“, kritisiert der AK Wohnungsnot. Die Senatsverwaltung (IAS) lenkt ein: „Wir hatten eine andere Form der Unterbringung für obdachlose Menschen geplant. (…) Zur ganztägigen Unterstützung obdachloser Menschen gehört auch tagsüber ein Rückzug im Zimmer, um die sozialen Kontakte zu reduzieren.“ Man sei aktuell in Gesprächen mit dem Jugendherbergsverband, um die Schließzeit auf maximal vier Stunden am Tag zu reduzieren. Es dürfe aber nicht unerwähnt bleiben, dass es in der Jugendherberge Vandalismus und andere Probleme gebe – und dass „manche Gäste im Umgang mit den Gefahren einer Corona-Infektion sorgloser seien“. | |||||
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Ein bisschen Hoffnung: Die erste klinische Studie in Deutschland für einen Corona-Impfstoff wurde genehmigt. Das teilte die zuständige Behörde, das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), am Mittwoch mit. Die Tests sollen Ende April starten, erste Ergebnisse werden für Ende Juni erwartet – dann wird feststehen, ob im Herbst oder Winter die zweite Phase mit zehntausenden Patienten beginnen kann. Das durchführende Unternehmen heißt übrigens BioNTech. Die Aktie „explodiert“ gerade. Passend dazu die Adresse der Mainzer Firma: An der Goldgrube 12. | |||||
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Ein bisschen Zusammenhalt? Die EU wird auf ihrem Gipfel der Uneinigkeit heute erneut darüber streiten, ob die Kosten der Coronakrise, die alle trifft, auch von allen gemeinsam geschultert werden (Bonds). In Berlin haben AktivistInnen und PolitikerInnen am Mittwoch bereits ein Zeichen für solidarisches Handeln gesetzt und vor der italienischen Botschaft eine Europaflagge und ein Banner mit der Aufschrift #WeAreInThisTogether platziert. Mitorganisatorin Franziska Brantner (MdB Grüne) kommentiert auf Checkpoint-Anfrage: „Es kann nicht sein, dass wir als Land nur darauf bedacht sind, unsere eigene Wirtschaft zu retten und es uns egal ist, was mit den anderen EU-Ländern passiert.“ | |||||
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Frage am Rande: Wer hamstert Klopapier? Eine (nicht-repräsentative) Studie hat den Zusammenhang von Persönlichkeitsmerkmalen, gefühlter Gefahr und Toilettenpapierkäufen untersucht. 996 Teilnehmende aus 22 Ländern wurden befragt. Das Ergebnis: Leute, die zu starker Emotionalität tendieren, fühlen sich stärker von Covid-19 bedroht und Leute, die sich stärker von Covid-19 bedroht fühlen, horten mehr Toilettenpapier. Nie lag mehr Gefühl in einem Klogang. | |||||
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