Liebe/r Leser/in, heute wollen wir über Kröten sprechen. Vielleicht wollen wir nicht. Aber wir sollten. Mir kommen die acht Stummelfußkröten in den Sinn, die in der vergangenen Woche im Karlsruher Zoo ein neues, hoffentlich angenehmes Zuhause gefunden haben. Ich bin mir sicher, dass sich auch Ihr Lebensweg noch nie mit der Krabbelbahn einer dieser farbenfrohen, nur wenige Zentimeter großen Amphibien gekreuzt hat. Warum ich da so sicher bin? Nun, die Stummelfußkröte (auch Harlekinkröte genannt) fühlt sich besonders in den feuchten Wäldern Lateinamerikas wohl – und selbst dort taucht sie nur noch selten auf. Die knapp hundert Arten dieses Froschlurchs sind vom Aussterben bedroht. Derart akut, dass die Stummelfußkröte zu den gefährdetsten Lebewesen überhaupt gehört. Höchste Zeit, unser Verhalten gegenüber Kröten radikal zu überdenken. Wir sollten auch lieb gewordene Angewohnheiten hinterfragen. Können wir es uns etwa weiterhin leisten, Kröten zu schlucken? Ja, ich weiß: Wir alle tun es. Beinahe jeden Tag schlucken wir irgendeine Kröte. Wenn wir die Bundesliga sehen wollen, die Partnerin aber die nächste Folge von „Babylon Berlin“. Dann geben wir lächelnd nach und schlucken eine Kröte. Wenn wir in der Firma nur dann für das wichtigste Projekt des Jahres arbeiten dürfen, wenn wir damit einverstanden sind, dass der fieseste Ehrgeizling der Abteilung die Federführung für ebendieses Projekt erhält – dann zucken wir mit den Schultern und schlucken eine Kröte. Wenn es im Urlaub tagelang regnet, wenn dem Lieblingsitaliener die Zutaten für unser Lieblingsgericht heute leider fehlen, wenn die Preise steigen, die Kurse fallen, die Bahn streikt, der Stau kein Ende nimmt, kurz: Wenn das Schöne und Gute nur zu haben ist, wenn wir das Miese und Schlechte in Kauf nehmen, dann schlucken wir eine Kröte. Der glibberige, leicht warzige Happen steht seit etwas mehr als hundert Jahren auf unserem Speiseplan. Ausweislich digitaler Archive war es der tschechische Dichter und Politiker Viktor Dyk, der in einem Theaterstück einen Protagonisten stöhnen ließ: „Wenn man durchs Leben kommen will, müsste man eigentlich jeden Morgen eine Kröte schlucken.“ Das Stück, aufgeführt in der Berliner Schaubühne 1908, trägt denn auch den programmatischen Titel „Die Morgenkröte“. Seither also vertilgen wir die friedlichen Quakwesen, die uns gar nichts Böses wollen und eigentlich nur hinter Fliegen und Nacktschnecken her sind. Wir schlucken Kröten ohne Maß und ohne schlechtes Gewissen. Längst sind auch die Reichen, Berühmten und Mächtigen diesem doch eher barbarischen Ritual verfallen. Donald Trump muss damit rechnen, dass er bis zum nächsten Kampf ums Weiße Haus von mehreren Gerichten verurteilt sein wird. Er grinst, flucht, lügt – und schluckt die Kröte. Charles III. (im Übrigen als Mitglied der Windsors ein geübter Krötenschlucker) muss akzeptieren, dass die Welt nichts mehr von seinem Bruder wissen will – und dass einer seiner Söhne nichts mehr von ihm wissen will. So what? Zur Krönung gab es eben Kröten. Dass in der vordersten Reihe keine jungen Frauen mehr auf ihn warten, muss bis auf Weiteres Till Lindemann hinnehmen. Okay, dann ist ab jetzt eben nur noch Geld geil. Mag sich der Rammstein-Rammler denken – und schluckt, genau, die Kröte. Womöglich wäre dieses doch reichlich garstige Verhalten gegenüber der Kröte noch irgendwie zu akzeptieren. Die Ess-Exzesse aber, denen sich derzeit die Grünen hingeben, sind nicht mehr zu entschuldigen. Habeck, Baerbock und all die anderen hochmögenden Hochmoralisten schlucken gerade Kröten in einer Geschwindigkeit, als dürfe es für diese Gattung kein Morgen mehr geben. Die Grünen lassen sich Gesetzesvorhaben verwässern, müssen mit Aufrüstung klarkommen und damit, dass die Kassenlage die Klimapolitik diktiert. Jetzt servieren die Chefköche der Partei ihren grünen Gourmetgenossen mit dem europäischen Asylbeschluss noch eine besondere Kröte. Das muss ein Ende haben! Die Grünen müssen mit dem Schlucken aufhören. Sofort. Eine Koalition auf Kosten der Kröten hat keine Zukunft. Der Kanzler ist gefordert. Er hat die Richtlinien- und damit auch die Krötenkompetenz. Die Lage ist derart dramatisch, dass in dieser Legislaturperiode nur noch Peanuts geschluckt werden sollten (und ausnahmsweise mal ein Leopard, Panther oder Marder). Wir brauchen ein neues gesellschaftliches Bewusstsein. Das Schlucken von Kröten ist weder nachhaltig noch schmackhaft. Außerdem gefährdet es die Gesundheit. Kröten sind giftig. Die Stummelfußkröte sogar hochgiftig. Wer also Kröten schützt, schützt auch die Grünen. Mögen Sie gut in die Woche starten (und möglichst keine Kröten schlucken)! |