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5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist erst ein paar Wochen her, und doch wirkt es wie aus einer anderen Zeit, als die Welt ein globales Dorf gewesen ist, vernetzt, nahezu grenzenlos und weit offen. Jetzt zerfällt dieses Dorf in seine Einzelteile, Staat für Staat macht dicht, um die Ausbreitung des Covid-19-Virus zu verhindern. Im Laufe des heutigen Tages werden die 27 EU-Staats- und Regierungschefs entscheiden, ob sie dem Vorschlag von Kommissionschefin Ursula von der Leyen folgen, Einreisen in die EU für zunächst 30 Tage zu unterbinden. Eine Zustimmung sei wahrscheinlich, so von der Leyen. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat jetzt eine Rückholaktion für tausende Deutsche gestartet, die wegen Reisebeschränkungen in der Corona-Krise im Ausland festsitzen. Er kündigte in Berlin an, bis zu 50 Millionen Euro dafür zur Verfügung zu stellen. Zudem sprach die Bundesregierung eine weltweite Reisewarnung für touristische Reisen aus. 

Heute Vormittag hat das Robert-Koch-Institut (RKI) die Risikoeinschätzung für Deutschland nach oben gestuft: „Sie ist ab heute als hoch einzuschätzen“, sagte RKI-Chef Lothar Wieler (Foto). Grund sei die Dynamik der Pandemie. Es gebe vermehrt Alarmsignale selbst von gut ausgestatteten Kliniken, da die Zahl der schweren Erkrankungen steige. In Deutschland wurden bis Montagabend laut RKI 6012 bestätigte Fälle gezählt. Das Institut verlangt eine schnelle Vorbereitung der Kliniken auf eine wachsende Zahl von schwer Erkrankten. „Wir erwarten von allen Hospitälern, dass sie ihre Intensivkapazitäten mindestens verdoppeln“, sagte Wieler.
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Die Maßnahmen zur Eindämmung von Corona sind gemeinsam von Bund und Ländern nochmals massiv verschärft worden. Wie das in den einzelnen Bundesländern konkret gehandhabt wird, erfahren Sie hier. Grundsätzlich haben sich Bund und Länder verständigt, Museen und Theater, Kinos, Bäder, Fitnessstudios, Bibliotheken, Volksschulen und Bordelle zu schließen. Alle Besuche in Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen, Dialyse-Einrichtungen und Tageskliniken sind bis auf Weiteres verboten. Geöffnet bleiben dürfen Speisegaststätten – unter Bedingungen: Es muss sichergestellt sein, dass die Plätze für die Gäste so angeordnet werden, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Tischen gewährleistet ist. Auch eine Vielzahl von Geschäften wird geschlossen, Gottesdienste sowie Treffen in Vereinen wurden verboten und Spielplätze werden gesperrt, wie aus einem Beschluss der Bundesregierung und der Regierungschefs der Länder vom Montag hervorgeht. Supermärkte und andere Läden, die zur Versorgung der Menschen dienen, sollen allerdings offen bleiben.

Lehren für den Umgang mit dem Virus lassen sich aus der Entwicklung in China ziehen: Acht Wochen sind vergangen, seit China die Provinz Hubei unter Quarantäne gestellt hat. Und nun mehren sich die Zeichen deutlich, dass die Epidemie dort unter Kontrolle ist. Mit aller gebotenen Vorsicht kann man sagen, dass in China Eingriffe ins öffentliche Leben und den Tourismus geholfen haben, die Ansteckungskurve deutlich abzuflachen. Insofern kann man davon ausgehen, dass die Schritte, von denen nun alle Europäer betroffen sind, auch hierzulande helfen werden. Mein Kollege Klaus Geiger stellt ein Gedankenexperiment an: „Wir setzen den 23. Januar, an dem Wuhan abgeriegelt wurde, mit dem 16. März gleich, an dem deutschlandweit die meisten extremen Maßnahmen wie Schul- und Ladenschließungen in Kraft traten. Bei ähnlichem Verlauf wie in China würde sich der Ausnahmezustand in Deutschland dann ebenfalls knapp acht Wochen hinziehen. Der Punkt, an dem China an diesem 17. März ist, wo nur noch ein neuer Fall in Wuhan gezählt wurde, wäre dann in Deutschland etwa am 9. Mai erreicht.“

 
Bleiben Sie gesund,
 

Ihr



Ulf Poschardt


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