| | Die einzelnen News | | 1. | BGH: Drohnenaufnahmen sind nicht von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit gedeckt | Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass unter Zuhilfenahme einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken nicht der Panoramafreiheit unterfallen. Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte und Ansprüche von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im visuellen Bereich wahrnimmt. Die Beklagte betreibt einen Buchverlag, in dem sie Führer zu Halden des Ruhrgebiets veröffentlicht. Darin enthalten sind mittels einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen verschiedener Kunstinstallationen auf Bergehalden. Die Schöpfer dieser Installationen haben Wahrnehmungsverträge mit der Klägerin abgeschlossen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Publikationen der Beklagten verletzten die an den Installationen bestehenden Urheberrechte, weil die Luftbildaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt seien. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den zu zahlenden Schadensersatz herabgesetzt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat durch die Abbildung der als urheberrechtliche Werke geschützten Kunstinstallationen in das den Urhebern zustehende Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Werke eingegriffen. Die Vervielfältigung und Verbreitung von mit Hilfe einer Drohne angefertigten Luftaufnahmen sind keine nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG erlaubten Nutzungen der dargestellten Werke. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geregelte Panoramafreiheit bezweckt die Freistellung der Nutzung von Werken, wenn und soweit sie Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind. Die bei der Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG vor seinem unionsrechtlichen Hintergrund vorzunehmende Abwägung zwischen der Informations- und Kommunikationsfreiheit der Werknutzer mit dem berechtigten Interesse der Urheber, an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke tunlichst angemessen beteiligt zu werden, geht im Falle der Nutzung von mit Hilfe von Drohnen aus der Luft angefertigten Lichtbildern in Buchveröffentlichungen zugunsten des Interesses der Urheber der fotografierten Werke aus. Diese Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG schöpft in zulässiger Weise den bei Anwendung der Schrankenbestimmung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der Richtlinie 2001/29/EG bestehenden Spielraum aus. Urteil vom 23. Oktober 2024 - I ZR 67/23 Vorinstanzen: LG Bochum - Urteil vom 18. November 2021 - I-8 O 97/21 OLG Hamm - Urteil vom 27. April 2023 - I-4 U 247/21 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 23.10.2024 Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 2 UrhG (1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere: [...] 4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; [...] § 16 UrhG (1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl. [...] § 17 UrhG (1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. [...] § 59 UrhG (1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. [...] § 97 UrhG (1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. (2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. [...] Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (...) (3) Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 [Anm.: Vervielfältigungsrecht] und 3 [Anm.: Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken] vorgesehenen Rechte vorsehen: (...) h) für die Nutzung von Werken wie Werken der Baukunst oder Plastiken, die dazu angefertigt wurden, sich bleibend an öffentlichen Orten zu befinden; (...) (4) Wenn die Mitgliedstaaten gemäß Absatz 2 oder 3 eine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht vorsehen können, können sie entsprechend auch eine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Verbreitungsrecht im Sinne von Artikel 4 zulassen, soweit diese Ausnahme durch den Zweck der erlaubten Vervielfältigung gerechtfertigt ist. (5) Die in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden. | | | | 2. | BGH: Kostenlose Veröffentlichung von Stellenanzeigen im Online-Portal des Landkreises verstößt gegen Gebot der Staatsferne | Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das Angebot kostenloser Stellenanzeigen im Online-Portal eines Landkreises eine geschäftliche Handlung der öffentlichen Hand darstellt und im Streitfall gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt. Sachverhalt: Die Klägerin verlegt eine Tageszeitung in gedruckter und digitaler Form sowie ein Anzeigenblatt und unterhält zwei Online-Portale. In diesen Medien werden Stellenanzeigen gegen Entgelt veröffentlicht. Der beklagte Landkreis betreibt unter anderem ein Online-Portal, das für den Landkreis als Arbeits- und Lebensstandort werben soll und auf dem unentgeltlich Stellenanzeigen privater Unternehmen und öffentlich-rechtlicher Institutionen veröffentlicht werden. Die Klägerin hat den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie ist der Auffassung, das Angebot kostenloser Stellenanzeigen verstoße gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Entscheidung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Das beanstandete Angebot kostenloser Stellenanzeigen auf dem Online-Portal des beklagten Landkreises verstößt gegen das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitete Gebot der Staatsferne der Presse und ist nach § 3a UWG wettbewerbswidrig. Die Veröffentlichung von Stellenanzeigen auf dem Online-Portal des Beklagten stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Die Unentgeltlichkeit des Angebots ist dabei nicht von maßgeblicher Bedeutung. Bei der Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung der öffentlichen Hand vorliegt, ist im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs zu berücksichtigen, dass die öffentliche Hand im Gegensatz zu privaten Unternehmen nicht auf die Erzielung von Gewinnen angewiesen ist und Verluste durch Steuern, Abgaben oder Beiträge decken kann. Geschäftliche Handlungen der öffentlichen Hand weisen aus diesem Grund nicht zwingend einen Unternehmensbezug im Sinne einer auf den entgeltlichen Absatz von Waren oder Dienstleistungen gerichteten Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr auf. Die öffentliche Hand kann sich einer lauterkeitsrechtlichen Überprüfung ihres Verhaltens nicht dadurch entziehen, dass sie die ihr - im Gegensatz zu privaten Unternehmen - eröffnete Möglichkeit nutzt, Waren oder Dienstleistungen unentgeltlich anzubieten. Der Bundesgerichtshof hat auch die Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, wonach das Angebot kostenloser Stellenanzeigen gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt. Das Berufungsgericht hat dabei zutreffend allein auf das beanstandete Angebot kostenfreier Stellenanzeigen abgestellt, weil im Streitfall - anders als in Fällen, in denen der redaktionelle Teil einer Publikation der Gemeinde als die Presse substituierend beanstandet wurde - nur dieser wirtschaftliche Aspekt in Rede steht, der aber ebenfalls von der Pressefreiheit umfasst wird, die sich auf den Anzeigenteil erstreckt. Keinen Rechtsfehler weist auch die Würdigung des Berufungsgerichts auf, der Betrieb der Jobbörse sei geeignet, der Klägerin und anderen Verlegern von Zeitungen oder sonstigen Medien im Landkreis in erheblichem Umfang Kunden für Stellenanzeigen und damit auch die wirtschaftliche Grundlage für die Herausgabe von Presseerzeugnissen zu entziehen. Urteil vom 26. September 2024 - I ZR 142/23 Vorinstanzen: LG Osnabrück - Urteil vom 5. September 2022 - 11 O 667/22 OLG Oldenburg - Urteil vom 22. September 2023 - 6 U 124/22 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 24.10.2024 Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG (1) Im Sinne dieses Gesetzes ist […] 2. "geschäftliche Handlung" jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen; […] § 3a UWG Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG […] Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. […] | | | | 3. | OLG Hamburg: Kündigungsbutton muss auch auf Webseite des Online-Vermittlers (hier: Verivox) vorhanden sein | Der gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsbutton muss nicht nur auf der Webseite des Anbieters vorhanden, sondern auch auf der Page des Vermittlers (hier: Verivox), wenn über diese Webseite direkte Vertragsschlüsse möglich sind (OLG Hamburg, Urt. v. 26.09.2024 - Az.: 5 UKI 1/23). Beklagte war eine Stromanbieterin. Es ging um die ordnungsgemäße Darstellung des sog. Kündigungsbuttons nach § 312k BGB im Online-Bereich. Die Klägerin beanstandete zwei Punkte: a) Vertragsschlüsse mit der Beklagten waren über das bekannte Vermittlerportal Verivox möglich, es fehlte jedoch an einem Kündigungsbutton un b) der Kündigungsbutton auf der Webseite der Beklagten war mit den Worten “Kündigungsabsicht abschicken” beschriftet. Beides bewertete das OLG Hamburg als Wettbewerbsverstoß. 1. Kündigungsbutton auch auf Vermittlerseite: Die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht gelte nicht nur für das Unternehmen, das die originäre Leistung anbiete, sondern gelte auch für Vermittler-Webseiten (hier z.B. Verivox), wenn diese - wie im vorliegenden Fall - einen direkten Vertragsabschluss ermöglichten: "Hier bietet die Beklagte unstreitig (auch) auf der Webseite v...de Verbrauchern den Abschluss von Strom- und Gasverträgen mit ihr an (…). Dann muss auf dieser Dritt-Webseite – wie der Kläger zu Recht geltend macht – auch eine Online-Kündigungsmöglichkeit über eine sog. Kündigungsschaltfläche vorgesehen sein. Der Einwand der Beklagten, wenn ein Vertrag mit ihr begründet worden sei, werde niemand mehr über die Webseite v...de kündigen, sondern direkt über ihre, der Beklagten, Webseite, bleibt angesichts des klaren Gesetzeswortlauts ohne Erfolg. Denn da der Vertragsschluss über die Webseite v...de ermöglicht wird, muss die Beklagte auch dort eine Online-Kündigungsmöglichkeit über eine sog. Kündigungsschaltfläche vorsehen." Und weiter: "Insoweit schließt sich der Senat der rechtlichen Bewertung des OLG Celle (GRUR-RS 2024, 21679 – Gitarrenkurs) an. Hiernach ist die sog. Kündigungsschaltfläche gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB auf der Webseite anzubringen, „über die“ den Verbrauchern ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abzuschließen. Dabei handelt es sich zumindest auch um die Webseite, auf der der Verbraucher aus seiner Sicht den Bestellprozess beginnt (OLG Celle GRUR-RS 2024, 21679 Rn. 5 – Gitarrenkurs). Im Streitfall ist über die Webseite v...de ein Anbieterwechsel zur Beklagten möglich. Somit beginnt der Bestellprozess in einem solchen Fall über die Webseite v...de. Das Unterlassen des Anbringens einer sog. Kündigungsschaltfläche gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB auf der Webseite verstößt gegen § 312k Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Beklagte muss sich gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG und § 8 Abs. 2 UWG die Handlungen der in ihren Verkaufsprozess eingebundenen V. GmbH als Beauftragter zurechnen lassen. Die Beklagte konnte ihre Pflicht zur Anbringung einer Kündigungsschaltfläche nicht dadurch erfüllen, dass sie diese nur auf ihrer Webseite l...de angebracht hat (vgl. OLG Celle GRUR-RS 2024, 21679 Rn. 7 – Gitarrenkurs). Denn jedenfalls wird über v...de unstreitig (auch) ein Vertragsschluss mit der Beklagten ermöglicht, so dass nach dem Gesetzeswortlaut auf dieser Webseite auch eine sog. Kündigungsschaltfläche gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB (mit Weiterleitung auf eine Bestätigungsseite gem. § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB, die dann die Webseite der Beklagten sein kann) vorzusehen ist." 2. Button-Beschriftung “Kündigungsabsicht abschicken” unzureichend: Die Beschriftung des Buttons mit dem Text “Kündigungsabsicht abschicken” erklärte das OLG Hamburg als unzureichend. "Diese Bestätigungsschaltfläche muss mit den Wörtern „jetzt kündigen“ beschriftet sein. Andere Angaben sind wiederum nur zulässig, wenn sie ebenso eindeutig sind. (…) Es geht um Rechtsklarheit (…). Die Schaltfläche darf nur mit den Worten „jetzt kündigen“ oder einen entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Es gelten rigide Maßstäbe und der sprachliche Spielraum für den Unternehmer ist sehr schmal (…). Problematisch erscheinen Formulierungen, die das Wort „jetzt“ nicht enthalten (…). Nicht zulässig erscheinen zudem Formulierungen, die die Endgültigkeit der Betätigung des Kündigungsbuttons teilweise falsch suggerieren, wie „Wirklich kündigen?“ oder „Kündigungsprozess abschließen“ (…)." Und weiter: "Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist eine Bestätigungsschaltfläche „Kündigungsabsicht abschicken“ nicht ebenso eindeutig wie „jetzt kündigen“. Jedenfalls kann bei der Formulierung „Kündigungsabsicht abschicken“ und dabei vor allem dem gewählten Wort „Kündigungsabsicht“ der Eindruck entstehen, dass noch keine endgültige Kündigungserklärung damit verbunden ist. Die gewählte Formulierung bringt nicht klar zum Ausdruck, dass das Betätigen der Schaltfläche unmittelbar Rechtsfolgen nach sich zieht und der Verbraucher den Vertrag mit dem Betätigen der Schaltfläche normalerweise verliert. Damit genügt diese Formulierung nicht den gesetzlichen Anforderungen." Anmerkung von RA Dr. Bahr: Das OLG Hamburg schließt sich damit ausdrücklich der Ansicht des OLG Celle an, das bereits im April für den Anbieter Digistore24 diesen Standpunkt vertrat, vgl. die Kanzlei-News. v. 16.07.2024. | | | | 4. | OLG Hamburg: Website darf sich nur "Vergleichsportal" nennen, wenn nicht nur eigene Produkte angeboten werden | Eine Webseite, die nur eigene Waren zum Verkauf anbietet, darf sich nicht als “Vergleichsportal” bezeichnen, da der Verbraucher hierbei in die Irre geführt wird (OLG Hamburg, Urt. v. 26.09.2024 - Az: 5 U 45/24). Die Beklagte betrieb einen bekannten Online--Shop, auf dem User Auto-Reifen erwerben konnten. Sie bezeichnete sich dabei als “Vergleichsportal” und “größtes Vergleichsportal”. Es wurden jedoch (fast) ausschließlich eigene Angebote angezeigt. Dies bewertete das OLG Hamburg als irreführend. Die Richter entschieden, dass das Portal sich nicht als "größtes Vergleichsportal“ bezeichnen dürfe wenn es überwiegend Eigenangebote liste. Es liege eine Irreführung der Verbraucher vor, denn der Kunde erwarte bei einer solchem Wording ein unabhängiges Vergleichsportal mit neutralen Angeboten: "Der angesprochene Verkehr (…) versteht die Angabe „Vergleichsportal“ dahingehend, dass jedenfalls verschiedene auf den Erwerb eines bestimmten Produktes oder einer bestimmten Dienstleistung gerichtete Vertragsangebote verschiedener Anbieter verglichen und dem jeweiligen Interessenten geordnet zur Kenntnis gebracht werden. Der Verbraucher nutzt Preisvergleichsportale und Preissuchmaschinen im Internet, um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das fragliche Produkt letztlich fordert (…). Aus der Sicht des Verbrauchers bezieht ein Preisvergleichsportal im Internet seine Aussagekraft gerade aus dem Umstand, dass eine möglichst große Zahl von Anbietern, die ihre Waren oder Dienstleistungen über das Internet vermarkten, in den Preisvergleich einbezogen wird. (…)" Und weiter: "Dieses Verkehrsverständnis weicht hier von der Realität ab, in der es jedenfalls im Verletzungszeitpunkt ausschließlich um Vertragsangebote der Antragsgegnerin (…) ging. Ein durchschnittlich verständiges und informiertes, situationsadäquat aufmerksames Mitglied dieses Verkehrskreises (…) versteht die getätigte Angabe nicht dahingehend, dass die Vertragsangebote sämtlich von demselben Anbieter stammen, der sich selbst wiederum lediglich unterschiedlicher Lieferanten bedient. Dementsprechend ist die Angabe in diesem Zusammenhang zur Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über die Rolle der Antragsgegnerinnen beim konkreten Reifenkauf geeignet." | | | | 5. | OLG Hamburg: Kein urheberrechtlicher Schutz bei privaten Briefen und Tagebüchern | Private Briefe und Tagebücher genießen nur dann einen urheberrechtlichen Schutz, wenn sie eine hinreichende Schöpfungshöhe aufweisen (OLG Hamburg, Urt. v. 05.09.2024 - Az.: 5 U 51/23). Die Parteien stritten um den urheberrechtlichen Schutz von privaten Briefen und Tagebüchern. Die Klägerin, die Erbin ihrer Großeltern war, wollte verhindern, dass Passagen aus Briefwechseln und Tagebucheinträge durch die Beklagte verwendet wurden und berief sich dabei auf das Urheberrecht. Das OLG Hamburg verneinte einen solchen Schutz, denn es fehle an der notwendigen urheberrechtlichen Schöpfungshöhe. 1. Zum Urheberrechtsschutz bei Briefen: Hinsichtlich der Schutzfähigkeit zu Briefen führt das Gericht aus: "Hat die Sprache oder die schriftliche Darstellung nur die Funktion Fakten und Gedanken zu übertragen, hat sie also nur Transportfunktion, so fehlt es regelmäßig an einer fantasievollen Gestaltung (…). Briefe sind daher in aller Regel nicht schutzfähig, weil sie nur Mitteilungen persönlicher und alltäglicher Art, Besprechungen geschäftlicher Angelegenheiten usw. enthalten (…). Jedenfalls fehlt ihnen die Eigentümlichkeit dann, wenn sie sich nach Inhalt und Form von den Briefen der Gesellschaftsschicht des Verfassers nicht abheben (…). Briefe sind dann urheberrechtlich schutzfähig, wenn sie über alltägliche Mitteilungen hinausgehen (…). Der urheberrechtliche Schutz setzt bei Briefen ein, wenn diese nicht nur Allerweltsmitteilungen enthalten, sondern eine geistige Leistung darstellen, die sich in Form und Inhalt des Briefs offenbart, wenn sich der Brief von gewöhnlichen Briefen durch die Art der Sprachgestaltung oder der Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen, kulturellen, politischen oder sonstigen Fragen abhebt (…)." 2. Zum Urheberrechtsschutz bei Tagebüchern: Und zu Tagebüchern erklären die Richter: "Tagebücher haben die Funktion, äußere und innere Vorgänge, die dem Tagebuchführenden wichtig sind, im Zeitraffer festzuhalten. Tagebücher sind also die Dokumentation einer ganz persönlichen Zeitgeschichte. Sie unterscheiden sich sachlich von Briefen nur dadurch, dass der Verfasser von Tagebüchern sich im Gegensatz zu Briefschreibern anderen nicht mitteilt. Urheberrechtlich besteht zwischen Briefen und Tagebüchern dagegen kein Unterschied. In der Regel fehlt ihnen die Eigentümlichkeit, selbst wenn das Tagebuch von einem berühmten Schriftsteller geführt worden sein sollte (…). Je länger ein Text ist, desto größer sind die Gestaltungsmöglichkeiten, so dass umso eher eine hinreichende eigenschöpferische Prägung erkannt werden kann. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass, je kürzer der Text ist, umso höhere Anforderungen an die Originalität zu stellen sind, um noch eine eigenschöpferische Prägung annehmen zu können. Auf diese Weise wird zugleich sichergestellt, dass einfache Redewendungen der Alltagssprache für den allgemeinen Gebrauch freigehalten werden (…). Durchschnittliche, einfache Briefe, die Mitteilungen über tatsächliche Geschehnisse enthalten, genießen ebenso wenig Schutz wie alltägliche Tagebücher, die sonst keine individuelle Prägung im urheberrechtlichen Sinne aufweisen. Dennoch können auch Briefe und Tagebücher urheberrechtlich schutzfähig sein, wenn die erforderliche individuelle Prägung vorliegt (…)." 3. Im vorliegenden Fall fehlende Schöpfungshöhe Das OLG Hamburg lehnte einen Schutz nach dem UrhG ab, da die erforderliche Schöpfungsqualität nicht erreicht werde. Zudem würden auch begrenzte Passagen verwendet: "Sowohl der Inhalt und die Gedankenführung als auch die sprachliche Gestaltung sind in den jeweils übernommenen Teilen der Briefe und Tagebucheintragungen – entgegen der landgerichtlichen Bewertung und entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht hinreichend eigenschöpferisch. Es kommt darauf an, wie aus den Original-Briefen und Tagebucheinträgen in der angegriffenen Publikation zitiert worden ist und ob jeder Werkteil für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung seines Urhebers ist. Dies kann vorliegend insbesondere unter Berücksichtigung des Klagevorbringens nicht festgestellt werden. Dabei kann nach dem Vorgenannten dahinstehen, ob den Briefen und Tagebucheintragungen O. und G. T.s in ihrer Gesamtheit urheberrechtlicher Schutz gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG zuzubilligen ist. Denn die Klägerin wendet sich – soweit im Berufungsverfahren noch von Belang – gegen die Zitate gemäß den in der Anlage zum Teil-Urteil des Landgerichts unterstrichenen Passagen. Aus Urheberrecht kann ein diesbezügliches Verbot – wie ausgeführt – nur beansprucht werden, wenn die übernommenen Werkteile für sich genommen persönliche geistige Schöpfungen sind."
| | | | 6. | OLG Karlsruhe: Irreführende Werbung mit Unternehmensalter ("Seit 15 Jahren maßgeschneiderte Solarlösungen") | Ein Unternehmen darf nicht irreführend mit einer 15-jährigen Tradition (hier: "seit 15 Jahren maßgeschneiderte Solarlösungen") werben, wenn es diese Leistung nicht vollständig so lange erbringt (OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.09.2024 - Az.: 6 U 25/24). Die Parteien des Rechtsstreits waren Mitbewerber im Bereich der Solartechnik. Die Beklagte warb mit einer 15-jährigen Tradition: “15 JAHRE F[…]. Wir zelebrieren ein besonderes Jubiläum – 15 Jahre F[…], 15 Jahre Solarpower, und darauf sind wir unglaublich stolz! Über ein Jahrzehnt hinweg haben wir maßgeschneiderte Solarlösungen für unsere Kunden in Deutschland entwickelt.” Die Beklagte, eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR), wurde jedoch erst im Jahr 2020 gegründet. Einer der Gesellschafter war jedoch bereits seit 2009 eigenständig im Solarbereich tätig und bot entsprechende Leistungen an. Im Jahr 2020 brachte er dann sein Einzelunternehmen in die GbR ein. Die Klägerin vertrat den Standpunkt, es handle sich um irreführende Werbung mit dem Unternehmensalter, da die heutige Firma erst vier Jahre alt sei. Das OLG Karlsruhe teilte diese Ansicht und nahm einen Wettbewerbsverstoß an: "Der situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht die gesamte Werbeaussage (…) konkret dahin, dass das Unternehmen seit mehr als einem Jahrzehnt, nämlich seit 15 Jahren „maßgeschneiderte Solarlösungen“ erbringt. Die zweite Zeitangabe („über ein Jahrzehnt hinweg“) ist insbesondere mit dem Worten „über“ und „hinweg“ sprachlich mehrdeutig. Sie kann bedeuten, dass die bezeichnete Leistungserbringung einen Zeitraum von einem Jahrzehnt, also zehn Jahren, (mindestens) abdeckt oder dass sie einen solchen zehnjährigen Zeitpunkt gerade (erheblich) überschreitet. Im letztgenannten Fall ist sie hinsichtlich des genauen Zeitraums offen, wie die Berufungserwiderung zutreffend bemerkt, und kann daher unter Umständen dahin verstanden werden, dass sie für einen an anderer Stelle in diesem Zusammenhang bestimmten, 10 Jahre überschreitenden Zeitraum stehen soll." Und weiter: "So liegt es im hier. Es fehlt in der Werbung in dem hier in Rede stehenden Absatz an jeder Abgrenzung ihrer einzelnen Bestandteile voneinander, die einen Hinweis darauf geben könnte, dass die Traditionsaussage zu „maßgeschneiderte[n] Solarlösungen“ sich auf einen von der fünfzehnjährigen Alterswerbung verschiedenen Gegenstand beziehen soll. Entgegen der Ansicht der Berufung erschließt sich dem angesprochenen Verbraucher eine Abgrenzung auch nicht aus den unterschiedlichen Formulierungen der beiden in der Werbung enthaltenen Zeitangaben („15 Jahre“, „über ein Jahrzehnt hinweg“). Denn diese lassen sich inhaltlich plausibel zur Deckung bringen (anders als wenn etwa eine Angabe wie „25 Jahre“ neben die Formulierung „über ein Jahrzehnt“ träte). Insbesondere wird der Adressat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht erkennen, dass es sich bei der Erläuterung des Unternehmensgegenstands „maßgeschneiderte[r] Solarlösungen“, die hier in unmittelbarem Zusammenhang mit der Angabe zum 15-jährigen Unternehmensbestand steht, möglicherweise nur um eine erst nach Gründung des Unternehmens hinzugetretene Leistung handele. Eine Einschränkung wie etwa mit dem Wort „erst“, das die Berufung zur Erläuterung ihres abweichenden Verständnisses (die zweite Zeitangabe „über ein Jahrzehnt“ betreffe aus Sicht des Verbrauchers einen „anderen Sachverhalt“) verwendet, enthält die angegriffene Werbung gerade nicht. Etwas anderes folgt entgegen den Ausführungen des Beklagtenvertreters in der Berufungsverhandlung auch nicht aus der Erwägung, ein Unternehmen mache sich in seiner Werbung erfahrungsgemäß nicht „klein“, würde also nicht die Wendung „ein Jahrzehnt“ verwendet haben, wenn es für sich auf eine Tradition von eineinhalb Jahrzehnten oder 15 Jahren stützen könnte. Eine solche Analyse der gewählten Formulierung zur Ergründung dessen, welche Aussage der Werbende treffen wolle, und der vom Beklagtenvertreter gezogene Umkehrschluss daraus, dass bestimmte, ausdrücklich einen fünfzehnjährigen Zeitraum angebende Formulierungen gerade nicht gewählt wurden, entsprechen nicht der Rezeption des situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers." | | | | 7. | LAG Düsseldorf: Arbeitgeber muss darüber informieren, wenn er Bewerber googelt | Ein Arbeitgeber, der im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens Internet-Recherchen anstellt, muss den Arbeitnehmer darüber informieren. Verstößt er gegen diese Informationspflichten, kann ein Entschädigungsanspruch bestehen (hier 1.000,- EUR DSGVO-Schadensersatz) (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.04.2024 - Az.: 12 Sa 1007/23). Der Kläger, ein Fachanwalt für Arbeitsrecht, bewarb sich auf eine befristete Stelle als Volljurist bei einer Universität. Während des Auswahlverfahrens führte die Universität eine Google-Recherche über ihn durch, wobei eine frühere Verurteilung des Klägers wegen Betrugs bekannt wurde. Der Kläger wurde aufgrund dieser Verurteilung abgelehnt, ohne über die Recherche und die Verwendung dieser Informationen informiert zu werden. Der Kläger forderte daraufhin Schadensersatz, da er sich in seinen Datenschutzrechten verletzt sah. Zu Recht, wie nun das LAG Düsseldorf klarstellte. Das Gericht sprach dem Kläger einen Schadensersatz iHv. 1.000,- EUR. 1. Arbeitgeber durfte googeln, hätte aber Betroffenen informieren müssen: Zunächst stellen die Richter klar, dass der Arbeitgeber im vorliegenden Fall befugt war, über den Bewerber im Internet zu recherchieren: "Daran gemessen war der Beklagten im konkreten Fall die Google-Recherche nach dem Namen des Klägers im Internet gestattet. Sie war erforderlich. Dies wertet die erkennende Kammer ebenso wie das Arbeitsgericht. Die Zweckbindung des Einstellungsverfahrens in den öffentlichen Dienst ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG. Es ist mithin notwendige Aufgabe des öffentlichen Arbeitgebers, die Eignung des Bewerbers festzustellen und zu überprüfen. Die Zweckbindung der Datenerhebung ist damit klar. Ob dies dazu berechtigt, anlasslos einen Bewerber zu "googeln", bedarf keiner Entscheidung. Hier lag es so, dass einem Mitglied der Auswahlkommission der Name des Klägers bekannt vorkam und dadurch aufgefallen war, dass er nicht nur im Einzelfall Entschädigungsverlangen nach dem AGG geltend gemacht hatte. Wenn dann eine Stelle im Justiziariat bzw. Personaldezernent zu besetzen war, zu deren Aufgabe auch die Mitwirkung in der AGG-Beschwerdestelle gehörte, dann war es bei diesen Anhaltspunkten zur Überzeugung der Kammer im Rahmen der Eignungsfeststellung erforderlich, dem nachzugehen." Jedoch hätte die Beklagte den Kläger nach Art. 14 DSGVO über diese Recherche informieren müssen: "Die Beklagte ist der Informationspflicht aus Art. 14 DSGVO nicht nachgekommen. Dies würdigt die erkennende Kammer auf der Grundlage des vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellten Sachverhalts anders als dieses. Die Beklagte hat dem Kläger nicht die Kategorien der personenbezogenen Daten i.S.v. Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO, die sie verarbeitet hat, mitgeteilt." 2. Fehlende Information führt zu 1.000,- EUR DSGVO-Schadensersatz: Diese fehlende Benachrichtigung führe zu einem DSGVO-Schaden iHv. 1.000,- EUR: "Der Klageantrag zu II. ist in Höhe von 1.000,00 Euro begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger eine Entschädigung in dieser Höhe gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu zahlen, weil sie diesen entgegen Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO nicht über die Kategorie der von ihr im Rahmen des Auswahlverfahrens verarbeiteten Daten, nämlich der strafrechtlichen Verurteilung durch das Landgericht München I, informiert hat. (…) (…) Der Kläger hat verursacht durch die nicht erfolgte Information gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO einen Schaden erlitten. (…) Bei Würdigung aller Umstände erachtet die erkennende Kammer im konkreten Fall eine Entschädigung von insgesamt 1.000,00 Euro für angemessen. Die Recherche erfolgte aus einem konkreten Anlass zweckbezogen auf das Auswahlverfahren. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte nicht dazu verpflichtet, diesen Sachverhalt durch Fragen bei dem Kläger aufzuklären. Insoweit liegt der Sachverhalt anders, als wenn ohne eine vorherige solche Sachverhaltsermittlung eine Detektei beauftragt wird (…). Es geht hier zudem um öffentlich zugängliche Informationen. Richtig ist, dass der Kläger nicht etwa eine eigene Webseite betreibt. Es handelt sich um einen Wikipedia-Eintrag mit seinem Namen, den die Beklagte gefunden hat und der umfängliche Informationen über den Kläger enthält. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger diesen selbst erstellt hat. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass er selbst mit dem Anliegen, die Altersdiskriminierung bei Einstellungsverfahren in Deutschland zu bekämpfen an die Öffentlichkeit tritt. So hat er nach seinem eigenen Vortrag u.a. der L(…) T(…) Online entsprechende Interviews gegeben. Gibt es Unstimmigkeiten in der Bewerbung, welche dem einstellenden Arbeitgeber auffallen, wie hier der bekannte Name des Klägers, darf er dazu googeln. Schutzwürdige Interessen stehen dem auf Seiten des Klägers nicht entgegen (…)." Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es läuft die Revision vor dem BAG unter dem Az: 8 AZR 117/24. Der mündliche Verhandlungstermin ist für Ende März 2025 bestimmt. | | | | 8. | VG Frankfurt a.M.: Anordnung der BaFin zur Einrichtung einer DNS-Sperre rechtswidrig | Die für das Finanzdienstleistungsaufsichtsrecht zuständige 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage der Klage eines Internetdienstanbieters gegen die Weisung der BaFin stattgegeben. Im April 2021 veröffentlichte die beklagte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf ihrer Homepage eine Mitteilung, dass sie der dem Verfahren beigeladenen Gesellschaft das unerlaubt betriebene Depotgeschäft sowie die unerlaubt erbrachte Anlagevermittlung und Anlageberatung untersagt habe. Sodann erteilte die BaFin der Klägerin, die zu den größten Internetdienstanbietern (Internet- oder Access-Provider) gehört, eine Weisung, für die Internetadresse der beigeladenen Gesellschaft eine DNS-Sperre einzurichten und ihre Kunden darüber zu informieren, dass die Webseite auf Weisung gesperrt worden und eine Untersagungsverfügung gegenüber der beigeladenen Gesellschaft erlassen worden sei. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen diese Weisung. Sie ist der Auffassung, § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG sei keine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung einer DNS-Sperre und die Auferlegung der Informationspflichten. Die BaFin habe auch nicht alle ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Heranziehung der Beigeladenen ausgeschöpft, bevor sie die Weisung erteilt habe. Die Kammer hat der Klage stattgegeben. In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Kammer ausgeführt, dass sie an der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage des § 37 KWG keine Zweifel habe. Die Beigeladene habe zwar erlaubniswidrig gehandelt: die BaFin habe aber nicht ohne Vorermittlungen die Klägerin als Access-Provider einbeziehen dürfen. Insoweit hätte sie als milderes Mittel zunächst die Hinzuziehung des Host-Providers in Erwägung ziehen müssen. Die Berufung wurde zugelassen. Bei der Abfassung der Pressemitteilung lag eine schriftliche Urteilsbegründung noch nicht vor. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es besteht die Möglichkeit, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen. Aktenzeichen 7 K 800/22.F Quelle: Pressemitteilung des VG Frankfurt a.M. v. 23.10.2024 Kreditwesengesetz - KWG § 37 Einschreiten gegen unerlaubte oder verbotene Geschäfte (1) 1Die Bundesanstalt kann die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die unverzügliche Abwicklung dieser Geschäfte gegenüber dem Unternehmen und den Mitgliedern seiner Organe anordnen, wenn 1. ohne die nach § 32 oder die nach § 15 des Wertpapierinstitutsgesetzes erforderliche Erlaubnis Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht werden, (…) | | | | 9. | LG Gera: Unternehmen darf Hinweis auf Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers bei Preiserhöhungen nicht im Kundenanschreiben "verstecken" | Ein Unternehmen muss, wenn es seine Preise gegenüber Bestandskunden erhöht, ausreichend transparent auf das bestehende Sonderkündigungsrecht hinweisen. Es genügt nicht, dieses Detail in dem Kundenanschreiben “zu verstecken” (LG Gera, Urt. v. 16.07.2024 – Az.: 2 O 881/22). Die Klägerin, der Verbraucherzentrale Bundesverband, ging gerichtlich gegen ein Energieversorgungsunternehmen vor. Der Anbieter hatte Preisanpassungsschreiben an seine Kunden geschickt. Dort wurde zwar das Sonderkündigungsrecht hingewiesen, jedoch befand sich dieser Hinweis lediglich kleingedruckt und unscheinbar am unteren Rand der Seite, zudem ohne klare Zeitangaben. Das LG Gera stufte dies als Wettbewerbsverstoß ein. Der Hinweis auf das Kündigungsrecht, das dem Verbraucher in diesen Fällen zustünde, sei nicht deutlich genug und befinde auch in einem unscheinbaren Teil des Anschreibens. was den Verbraucher leicht in die Irre führen könne. "Dem laufen die Preisanpassungsschreiben der Beklagten in Hinblick auf das Sonderkündigungsrecht zuwider. Die Sonderkunden werden in den streitgegenständlichen Preisanpassungsschreiben nicht in einfacher und verständlicher Weise auf ihr Sonderkündigungsrecht hingewiesen. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass dem Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht folgender Wortlaut vorangestellt ist: „Sie sind uns wichtig - deshalb weisen wir darauf hin:“. Denn ein Verstoß gegen die Transparenzpflicht liegt u.a. auch dann vor, wenn die Rechtslage unzutreffend wiedergegeben wird (…). So liegt der Fall hier. Der einleitende Halbsatz „Sie sind uns wichtig suggeriert dem Verbraucher, dass unternehmerseitig das Kündigungsrecht als eine Art Kundenservice bzw. Zugeständnis eingeräumt wird, während das Recht auf Vertragsbeendigung aber gerade von Gesetzes wegen besteht. Zum anderen deutet der Halbsatz „Sie sind uns wichtig ..." nicht darauf hin, dass für den Kunden besonders wichtige und entscheidende Informationen, insbesondere in Hinblick auf ein etwaiges Kündigungsrecht folgen werden." Und weiter: “Des Weiteren ist die Positionierung des Hinweises auf das Sonderkündigungsrecht ebenso wie dessen Schriftfarbe geeignet, von einem Kunden übersehen zu werden. Während die Aufforderung, den Zählerstand abzulesen ebenso wie die Informationen zu Treueprämien unstreitig blau hervorgehoben sowie umrandet und damit augenfällig sind, ist der Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht unauffällig in schwarzer Schriftfarbe gehalten und zwar grundsätzlich von der Schriftgröße ausreichend, aber im Gesamtgefüge des Schreibens derart unscheinbar, dass er auch in einem nur drei Seiten umfassenden Schreiben leicht übersehen werden kann. Die gesamte Gestaltung des Schreibens erweckt den Eindruck, dass wichtige Informationen hervorgehoben sind. Hiervon darf bei einer entsprechenden Gestaltung ein verständiger Durchschnittsverbraucher auch ausgehen. Die entscheidende und eine für den Verbraucher ganz wesentliche Information wird hier indes unauffällig in schwarz ohne jegliche Hervorhebung positioniert, sodass die notwendige Kenntnisnahme jedenfalls nicht unerheblich erschwert wird. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass eine Hervorhebung bestimmter Passagen nicht zwingend erforderlich ist. Wenn aber - und so liegt es hier - wichtige Informationen im Schreiben hervorgehoben werden (wie etwa die Preiserhöhung und die notwendige Ablesung des Zählerstandes) darf der verständige Durchschnittsverbraueher davon ausgehen, dass auch die weiteren wesentlichen Informationen hervorgehoben werden. Ansonsten fehlt es an der notwendigen Transparenz." | | | | 10. | AG München: Verkäufer ist zur Waren-Retoure nur dann verpflichtet, wenn sie in transportfähigem Zustand ist | Käufer ist nach Rücktritt vom Kaufvertrag verpflichtet, die Ware in einem transportfähigen Zustand für den Abtransport bereitzustellen. Der Kläger kaufte am 08.06.2020 bei der Beklagten ein Carport-Bausatz für 999 € inklusive „Lieferung bis Bordsteinkante“. Die Beklagte gewährte dem Käufer ein 60-tägiges Rücktrittsrecht. Der Bausatz wurde in drei großen Paketen durch eine Spedition im Vorgarten des Klägers abgelegt. Etwa drei Wochen nach Lieferung erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte entsandte viermal eine Spedition, die die Pakete jedoch nicht mitnahm, da diese teilweise geöffnet waren und sich der Karton der Pakete durch die lange Lagerung im Garten bereits auflöste. Inzwischen ist der Bausatz im Keller des Klägers eingelagert. Der Kläger geht davon aus, dass die Beklagte für die Beschädigung der Pakete verantwortlich und mit der Abholung in Verzug sei. Auch sei der Bausatz mangelhaft, weil er aus „vermutlich hunderten Einzelteilen“ bestehe. Ein Zurückbehaltungsrecht der Kaufpreisrückzahlung bestehe somit nicht. Vor dem Amtsgericht München verklagte der Kläger die Beklagte daher auf Rückzahlung des Kaufpreises von 999 €. Das Gericht verurteilte die Beklagte schließlich zur Rückzahlung der 999 €, jedoch nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Carports. Der Carport ist nicht mangelhaft, der Kläger hat der Beklagten die Rückgabe der Pakete nicht ordnungsgemäß angeboten: „Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Bausatz aus zahlreichen Einzelteilen besteht. Bei einem Carport handelt es sich um ein Bauwerk, das fest mit dem Boden verankert werden muss und das Umwelteinflüssen standhalten muss, so dass es selbstverständlich zu erwarten ist, dass die Lieferung auch „mehrere hundert Einzelteile“ umfassen kann, zumal zahlreiche Schrauben, Muttern, Verbindungsstücke etc. enthalten sein müssen. Gleiches gilt für eine umfangreiche Bedienungsanleitung. […] [Der Kläger] erwartet offenbar, dass die Beklagte die Pakete in seiner Abwesenheit von seinem (eingefriedeten) Grundstück abholt, müsste diese jedoch auf der „Bordsteinkante“, demnach auf öffentlich zugänglichem Grund, bereitstellen. Zudem war ein Karton ebenfalls unstreitig geöffnet, was auch nach Auffassung des Gerichts dazu führt, dass die Pakete nicht transportfähig waren. […] Dass die Verpackung eines der Pakete bereits bei Anlieferung beschädigt bzw. geöffnet war, hat der Kläger nicht bewiesen. Schon seit Vortrag hierzu ist widersprüchlich, da er bei der Anlieferung offensichtlich nicht zugegen war.“ Urteil des Amtsgerichts München vom 19.06.2024 Aktenzeichen: 142 C 21245/23 Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 21.10.2024 | | | | | | Allgemeine Informationen zum Newsletter |
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