| | Die einzelnen News | | 1. | BGH: Werbung für ein Desinfektionsmittel mit der Angabe "hautfreundlich" ist unzulässig | Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Verwendung der Angabe "Hautfreundlich" in der Werbung für ein Desinfektionsmittel unzulässig ist. Sachverhalt: Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist eine bundesweit tätige Drogeriemarktkette. Sie bot ein Desinfektionsmittel zum Verkauf an, bei dem es sich um ein Biozidprodukt im Sinne der Biozidverordnung handelt. Auf dem Etikett des Produkts befinden sich die Angaben: "Ökologisches Universal-Breitband Desinfektionsmittel" sowie "Hautfreundlich - Bio - ohne Alkohol". Die Klägerin hält die Angabe wegen eines Verstoßes gegen die Biozidverordnung für unlauter. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und den Unterlassungsantrag hinsichtlich der Angabe "Hautfreundlich" abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Unterlassungsantrag hinsichtlich der Werbeaussage "Hautfreundlich" weiter. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 20. April 2023 (GRUR 2023, 831) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Auslegung von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Biozidverordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dieser hat die Frage mit Urteil vom 20. Juni 2024 (C-296/23, GRUR 2024, 1226) beantwortet. Entscheidung des Bundesgerichtshofs Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Klägerin ausgefallen war und die stattgebende Entscheidung des Landgerichts wiederhergestellt. Die Angabe "Hautfreundlich" zur Bezeichnung eines Desinfektionsmittels fällt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts als "ähnlicher Hinweis" unter das Verbot des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Biozidverordnung. Der Klägerin steht daher unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 3a UWG ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Die Angabe "Hautfreundlich" hebt eine positive Eigenschaft des beworbenen Desinfektionsmittels hervor und ist dadurch geeignet, die Risiken des Biozidprodukts zu verharmlosen. Die Betonung der positiven Eigenschaft steht zudem im Widerspruch zu dem von der Biozidverordnung verfolgten Ziel, den Einsatz von Biozidprodukten zu minimieren. Vorinstanzen: LG Karlsruhe - Urteil vom 25. März 2021 - 14 O 61/20 KfH OLG Karlsruhe - Urteil vom 8. Juni 2022 - 6 U 95/21 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 10.10.2024 Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 3 Abs. 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) (1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. § 3a Abs. 1 UWG Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Art. 72 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (3) In der Werbung für Biozidprodukte darf das Produkt nicht in einer Art und Weise dargestellt werden, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit irreführend ist. Die Werbung für ein Biozidprodukt darf auf keinen Fall die Angaben "Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotenzial", "ungiftig", "unschädlich", "natürlich", "umweltfreundlich", "tierfreundlich" oder ähnliche Hinweise enthalten. | | | | 2. | BAG: Bloße Sorge vor einem Datenmissbrauch reicht nicht für einen immateriellen DSGVO-Schadensersatz aus | Die bloße Sorge vor einem Datenmissbrauch reicht nicht für einen immateriellen DSGVO-Schadensersatzanspruch aus (BAG, Urt. v. 20.06.2024 – 8 AZR 124/23). Die Klägerin war seit März 2014 bei der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2020 forderte sie eine DSGVO-Auskunft nach Art. 15 DSGVO von ihrem Arbeitgeber an. Die Beklagte verweigerte zunächst das Auskunftsbegehren. Daraufhin machte die Klägerin Auskunft und Schadensersatz in Höhe von 5.000,- EUR wegen immaterieller Schäden geltend. Sie begründete dies mit der Sorge, die Beklagte könnte ihre Daten missbräuchlich verwendet haben. Während des Prozesses erteilte die Beklagte schließlich Auskunft. Die Forderung nach Schadensersatz behielt die Klägerin jedoch bei. Zu Unrecht, wie nun das BAG entschied. Denn die bloße Sorge vor einem Datenmissbrauch genüge nicht: "Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Schaden iSv. Art. 82 Abs. 1 DSGVO dargelegt. aa) Sie hat zwar ihre aus Unkenntnis der Datenverarbeitung resultierenden Befürchtungen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Solche Befürchtungen liegen bei einer nicht oder unvollständig erteilten Auskunft jedoch in der Natur der Sache. Der Auskunftsanspruch soll die Durchsetzung von Rechten, ua. bezogen auf die Einschränkung der Datenverarbeitung, und ggf. die Inanspruchnahme von Rechtsmitteln ermöglichen (vgl. EuGH 4. Mai 2023 – C-487/21 – [Österreichische Datenschutzbehörde] Rn. 35; 12. Januar 2023 – C-154/21 – [Österreichische Post] Rn. 38 ff.). Die Nichterfüllung des Auskunftsanspruchs löst geradezu zwangsläufig die Sorge eines Verstoßes gegen sonstige Verpflichtungen aus der Datenschutz-Grundverordnung aus. Wäre das Berufen auf solche Befürchtungen jedoch für die Annahme eines Schadens bereits ausreichend, würde jeder Verstoß gegen Art. 15 DSGVO – so ein Verstoß dagegen einen Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO dem Grunde nach begründen könnte – praktisch in jedem Fall zu einem immateriellen Schaden führen. Die eigenständige Voraussetzung des Schadens würde damit bedeutungslos. Sie wäre stets erfüllt. Dies ist jedoch mit dem Normverständnis des Gerichtshofs von Art. 82 Abs. 1 DSGVO ebenso wenig zu vereinbaren wie mit den Anforderungen des nationalen Prozessrechts, das die substantiierte Darlegung eines Schadens verlangt (…)." Und weiter: “bb) Für eine solche Darlegung eines Schadens reicht auch die Hervorhebung besonderer Spannungen mit dem Auskunftsverpflichteten nicht aus. Die Klägerin verweist insoweit nachvollziehbar darauf, dass die Beklagte die Erteilung einer Auskunft zunächst vorsätzlich verweigert und auf den Rechtsweg verwiesen habe. Damit wird aber kein immaterieller Schaden belegt, es verbleibt bei der grundsätzlichen Ungewissheit. Eine Straffunktion kommt dem Schadenersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO – wie unter Rn. 12 ausgeführt – nicht zu.” cc) Dem kann – entgegen der Auffassung der Klägerin – Art. 8 Abs. 2 GRC nicht entgegengehalten werden. Zwar hat nach Art. 8 Abs. 2 Satz 2 GRC jede Person das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken. Aus dieser Norm lassen sich jedoch keine Vorgaben für den Schadenbegriff im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO ableiten (…)." | | | | 3. | OLG Hamm: Instagram-Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern für Unterspritzen mit Hyaluronsäure rechtswidrig | Für das Unterspritzen mit Hyaluronsäure darf ein Anbieter auf Instagram nicht mit Vorher-Nachher-Bildern werben (OLG Hamm, Urt. v. 29.08.2024 – 4 UKl 2/24). Eine Praxis für ästhetische Behandlungen warb auf Instagram Media mit Vorher-Nachher-Bildern für den Einsatz von kosmetischen Eingriffen mittels Unterspritzen mit Hyaluronsäure (wie z.B. Lippenformungen oder Nasenkorrekturen). Es gab jeweils Patienten-Fotos vor und nach dem medizinischen Eingriff. Das OLG Hamm stellte fest, dass derartige Vorher-Nachher-Bilder für reine Schönheit-OPs nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG ausdrücklich verboten seien: "Ein Verstoß der Beklagten gegen § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG nF liegt vor. Nach dieser Vorschrift darf außerhalb der Fachkreise (…) nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden. Das Werbeverbot mit vergleichenden Darstellungen erfasst hierbei alle operativen plastischchirurgischen Eingriffe, sofern sich nicht aus der jeweiligen Werbung selbst ergibt, dass der Eingriff auf einer medizinischen Notwendigkeit beruht (…). Die Beklagte wirbt sowohl auf ihrer Internetseite als auch auf ihrem Instagram-Account für die (…) wiedergegebenen Eingriffe, die sämtlich durch Unterspritzen der Haut mit Hyaluron bzw. (…) mit Hyaluronidase durchgeführt werden, mit sog. Vorher-Nachher-Darstellungen." Und weiter: "Entgegen der Auffassung der Beklagten nötigen weder die Bewertung der streitgegenständlichen Eingriffe durch die Hersteller der eingesetzten Medizinprodukte als „nicht-operativ“ (…) noch das im Vergleich zu einer „klassischen“ Operation unterschiedliche Risikoprofil - wie es sich aus den zur Akte gereichten Patientenaufklärungsbögen bezüglich Faltenkorrektur und Volumenaufbau von Lippen- und Konturdefekten ergibt (…) - zu einer anderen Auslegung. Im Vordergrund steht (…) allein die potentielle Gefährlichkeit eines medizinisch nicht notwendigen, Körperformen verändernden Eingriffs, und zwar unabhängig davon, welche Intensität der Eingriff selbst hat und mit welchem Instrument er durchgeführt wird. E rhebliche Gesundheitsschäden drohen aber auch bei der Unterspritzung der Haut mit Hyaluron oder anderen sog. Fillern. Auf ihrer Homepage führt die Beklagte selbst zu den möglichen Risiken und Nebenwirkungen einer von ihr ebenfalls beworbenen Nasenkorrektur mit Hyaluronsäure aus, dass dazu Schmerzen, Schwellungen, blaue Flecken und Rötungen an der behandelten Stelle gehörten; in „enorm seltenen Fällen“ könne es auch zu Infektionen, allergischen Reaktionen oder Embolien kommen (vgl. Bl. 142 eA). Auch kann es – insbesondere bei Hyaluronunterspritzung im Augenbereich – zu Auswirkungen auf die Sehkraft kommen (…). All dies verdeutlicht, dass die von der Beklagten durchgeführten Behandlungen durch Unterspritzen der Haut mit Hyaluron keineswegs so risikoarm sind, wie sie offenbar suggerieren will." | | | | 4. | OLG Stuttgart: Online-Werbung für "Sanitär- und Heizungsnotdienst" unzulässig, wenn keine Eintragung in die Handwerksrolle vorliegt | Auch ein Unternehmen, das einen "Notdienst" für Klempner- oder Heizungsarbeiten anbietet, muss in die Handwerksrolle eingetragen sein (OLG Stuttgart, Beschl. v. 06.05.2024 - Az.: 2 U 70/23). Der verklagte Unternehmen warb online als Klempner-, Sanitär-, Rohrbruch- und Heizungsnotdienst, obwohl es nicht in der Handwerksrolle für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk eingetragen war. Es verteidigte sich damit, dass diese Notdienste nicht in den Bereich der Handwerkrollen- Tätigkeiten fielen. Das OLG Stuttgart sah dies anders und bejahte einen Wettbewerbsverstoß. 1. Fehlende Eintragung in Handwerksrolle ist Wettbewerbsverletzung: Übe eine Firma Tätigkeiten aus, die eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderten, sei dies wettbewerbswidrig: “Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die §§ 1, 7 HandwO Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG darstellen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. April 2020 – 2 U 10/20, juris Rn. 52).” 2. Auch Notdienste fallen in den Anwendungsbereich: Die Stuttgarter Richter folgten nicht der Ansicht des Beklagten, sondern sahen auch Handwerksleistungen, die als Notdienste erbracht würden, als eintragungspflichtig an: "Weiter hat das Landgericht überzeugend festgestellt, dass der Beklagte mit den streitgegenständlichen Werbeangaben und der Durchführung der entsprechenden Tätigkeiten gegen § 1 HandwO verstoßen hat. Nach § 1 Absatz 1 S. 1 HandwO ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Personen gestattet. (...) Was wesentliche Tätigkeiten sind, ist in der Handwerksordnung nicht definiert und lässt sich auch nicht eindeutig aus den Prüfungs- und Ausbildungsordnungen heraus feststellen; diesen kommt hinsichtlich der „wesentlichen Tätigkeiten“ allenfalls Indizwirkung zu. Außerdem gewichten gerade sie in ihrem Wortlaut nicht nach „wesentlichen“ und „unwesentlichen“ Tätigkeiten (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 58). Die „wesentlichen Tätigkeiten“ werden vielmehr mit dem sog. Kernbereichskriterium bestimmt (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 59). Dabei ist der Begriff der wesentlichen Tätigkeit nicht quantitativ zu verstehen. Es kommt nicht darauf an, wieviel derartige Tätigkeiten in dem Betrieb anfallen, sondern welcher Qualität die anfallende Tätigkeit ist. Wesentliche Tätig- keiten müssen daher nicht mehr oder vielfältige Aktivitäten be- inhalten. Bereits eine einzige wesentliche Tätigkeit begründet die Zulassungspflicht (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 74)." Und weiter: "Nach diesen Maßstäben führt der Beklagte eine „wesentliche Tätigkeit“ des Installateur- und Heizungsbauerhandwerks aus. Der Beklagte räumt selbst ein, dass die von ihm ausgeübten Tätigkeiten unter § 2 Ziffer 12 der Meisterprüfungsverordnung für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk fallen. Gerade die Fehler- und Störungssuche sowie das Ergreifen von entsprechenden Maßnahmen und die Bewertung der Ergebnisse prägen das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk. Richtig weist das Landgericht darauf hin, dass sich aus Tätigkeiten im Rahmen eines Notdienstes keine Einschränkung ergibt. Dies trifft umso mehr zu, als sich aus der in der Berufungsinstanz vorgelegten Anlage BK 1 ergibt, dass der Beklagte ausweislich seiner Werbung nicht nur die Fehlersuche übernimmt, sondern auch die schnelle Reparatur der Heizungsanlage. Unter diesen Umständen liegt auch die Annahme eines Minderhandwerks im Sinne von § 1 Absatz 2 HandwO fern. Folgerichtig hat das Landgericht ausgeführt, dass der Verstoß im Sinne von § 3a UWG spürbar ist (…) und auf Grund des Erstverstoßes die erforderliche Wiederholungsgefahr vorliegt." . | | | | 5. | VG Hannover: Split-Screen-Werbung verstößt gegen medienrechtliches Trennungsgebot | Eine Split-Screen-Werbung, die innerhalb des Werbefensters Elemente der laufenden Sendung darstellt, widerspricht dem medienrechtlichen Trennungsgebot nach § 8 Abs.4 S.1 MStV(VG Hannover, Urt. v. 07.02.2024 - Az.: 7 A 3303/22). Der klägerische Fernsehsender wehrte sich gegen die behördliche Beanstandung einer Split-Screen-Werbung. Die Klägerin strahlte während einer Castingshow eine Split-Screen-Werbung für ein Smartphone aus. Auf der linken Seite des Bildschirms erschien eine Werbefläche für das “Google Phone”, während im Hintergrund Teile des laufenden Programms, darunter das applaudierende Studiopublikum, weiterhin zu sehen waren. Die Landesmedienanstalt beanstandete diese Werbung aufgrund eines möglichen Verstoßes gegen das Trennungsgebot nach § 8 Abs. 4 Satz 1 MStV. Zu Recht, wie nun das VG Hannover urteilte. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Werbung nicht klar vom redaktionellen Inhalt getrennt sei. Während der Werbeeinblendung seien weiterhin Szenen des Programms zu sehen gewesen, was eine optische Verknüpfung von Programm und Werbung bewirkt habe. Dadurch sei für den Zuschauer nicht eindeutig erkennbar gewesen, ob das gezeigte Studiopublikum zur Werbung oder zum Programm gehöre. Das Trennungsgebot solle verhindern, dass Zuschauer den redaktionellen Inhalt mit der Werbung verwechselten. In vorliegenden Sachverhalt sei die optische Trennung unzureichend gewesen, da die beiden Bildinhalte überlagert gewesen seien. Die eindeutige Trennung von Werbung und Programm sei jedoch zwingend einzuhalten: "Unter Berücksichtigung des Wortlauts des § 8 Abs. 4 MStV (…) ist im vorliegenden Fall eine eindeutige optische Trennung nicht gegeben. Das Trennungsgebot ist nicht gewahrt, da für den durchschnittlich aufmerksamen Zuschauer nicht unzweideutig erkennbar ist, ob das auf dem Display gezeigte Saalpublikum Teil der Werbung sein soll oder nicht. Es besteht hier nicht ein Nebeneinander von Werbung und Sendung, sondern ein Übereinander. Die Kammer folgt insofern Bornemann, der jede vertikale, horizontale, diagonale oder sonstige Teilung des Bildschirms für zulässig hält, allerdings einen Rechtsverstoß annimmt, wenn die Split-Screen-Werbung transparent über das redaktionelle Programm gelegt wird, da es sich bei dieser Gestaltung nicht mehr um eine Teilbelegung des Bildschirms handele." Und weiter: "In einer solchen Konstellation findet eine Vermischung von Sendung und Werbung statt, die mit dem Trennungsgebot nicht mehr vereinbar ist. So liegt es auch hier: Innerhalb des Werbefensters erscheint auf dem Display des beworbenen Smartphones das Saalpublikum als Element des redaktionellen Programms. Es ist für den durchschnittlichen Fernsehzuschauer nicht klar erkennbar, dass diese Abbildung Teil der Werbung sein soll, da wiederum offensichtlich ist, dass das Publikum außerhalb des Werbefensters dasselbe Publikum wie auf dem Display ist. Das Saalpublikum ist sowohl Teil des redaktionellen Programms als auch Teil des Werbefensters, was wiederum dazu führt, dass die beiden Inhaltsarten - Programm und Werbung - nicht mehr optisch eindeutig getrennt sind. Für den Fernsehzuschauer ist nicht "mühelos" oder "eindeutig" zu erkennen, ob das auf dem Display gezeigte Bild nun Inhalt des Programms oder der Werbung ist." | | | | 6. | LG Landshut: Beim Online-Coaching-Vertrag besteht ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht | Wer einen Online-Coaching-Vertrag zur Selbstständigkeit im Online-Marketing bucht, sich aber noch nicht zur Aufnahme einer eigenständigen Tätigkeit entschlossen hat, ist als Verbraucher anzusehen. In diesem Fall besteht ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht (LG Landshut, Urt. v. 10.05.2024 - Az.: 54 O 305/24). Der Kläger, ein arbeitsloser Kfz-Mechatroniker, schloss einen Coachingvertrag zum Thema “Digitaler Vertrieb - Einkommen auf Autopilot” ab, nachdem er durch Werbung auf YouTube und Instagram auf das Angebot aufmerksam geworden war. Der Vertrag enthielt eine Klausel, die den Verzicht auf das Widerrufsrecht bestätigte. Der Kläger überwies als erste Zahlung rund 2.000,- Euro, widerrief den Vertrag dann aber und verlangte sein Geld zurück. Die Beklagte lehnte dies ab. Dem Kläger stünde kein Widerrufsrecht zu, da er den Coachingvertrag zur Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit gebucht habe und damit Unternehmer und kein Verbraucher sei. Einem Unternehmer stünde aber kein Widerrufsrecht zu. 1. Kläger ist Verbraucher = Widerrufsrecht Das LG Landshut entschied, dass der Kläger im vorliegenden Fall als Verbraucher aktiv geworden sei, sodass er die Rückabwicklung des Vertrags verlangen könne. Entscheidend sei, dass der Kläger sich damals noch nicht abschließend sicher war, ob er tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen wollte: "Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger allerdings nicht als Existenzgründer (und somit als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB) einzustufen, sondern als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, welcher ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abgeschlossen hat, die überwiegend weder seiner gewerblichen noch seiner selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. In der Anhörung hat der Kläger angegeben, dass er (wie immer noch) zum Zeitpunkt Vertragsschlusses arbeitssuchend war und gelernter Kfz-Mechatroniker ist. Er hat für sich eine Selbstständigkeit überlegt, kann diese allerdings noch nicht anstreben, da er den dafür erforderlichen Meisterbrief noch nicht vorweisen kann. Damit war offenbar eine Selbstständigkeit im Bereich Kfz-Mechatronik, da er dafür den Meisterbrief benötigt. Er hat auch angegeben, dass er sich für das Beratungsgespräch nur aus Neugier angemeldet hat. Ob er sich tatsächlich, wie man dem vom Kläger angeführten Beitrag des Comedians Jan Böhmermann entnehmen kann, zur Einkommensgenerierung „mittels zerrissener Hosen“ breitschlagen lassen wollte, konnte der Anhörung des Klägers nicht entnommen werden. Neugier allein verleitet einen Verbraucher nicht dazu, sich im Hinblick auf kaum nachvollziehbare Versprechung ohne jede Substanz (Einkommen ohne jeglichen Arbeitseinsatz, weil „Autopilot“) selbstständig zu machen oder eine selbstständige Tätigkeit vorzubereiten." Und weiter: "In Anbetracht dessen ist der Kläger somit nicht als Existenzgründer einzustufen, da er sich noch nicht zur Aufnahme eines Unternehmens entschlossen hat, sondern diese Entscheidung (zur Führung eines Unternehmens wie –) allenfalls vorbereitet hat (…). Sollte sich der Kläger nach Inanspruchnahme des „Coachings“ der Beklagten, welches tatsächlich durch die – - erfolgen sollte, wirklich zu einer „Einkommensgenerierung im Autopilot“ entschließen, hätte er diese Entscheidung erst nach dem Coaching getroffen, das Coaching selber wäre allenfalls eine Art von Informationsbeschaffung gewesen. Die von der Beklagten vertriebenen Coachings dienen also allenfalls der Vorbereitung einer Entscheidung, ob man eine Existenz gründen möchte oder nicht (…)." 2. Verzicht auf Widerrufsrecht aus formalen Gründen unwirksam Die Vertragsklausel, wonach der Kläger auf sein Widerrufsrecht verzichtete, sei aus formalen Gründen unwirksam. Denn es fehle an der notwendigen Belehrung: "Die Widerrufsfrist hat noch nicht zu laufen begonnen, da die Beklagte den Kläger nicht über sein Widerrufsrecht belehrt hat (§ 356 Abs. 3 BGB). (…) Das Widerrufsrecht des Klägers ist auch nicht nach § 356 Abs. 5 BGB erloschen, da wie bereits ausgeführt, keine digitalen Inhalte vorliegen, sondern die Beklagte, gegebenenfalls durch ihre „Subunternehmer“ wie –, zur persönlichen Erbringung der Coachingdienstleistungen verpflichtet war und somit nicht nur digitale Inhalte heruntergeladen werden konnten, sondern auch per WhatsApp oder „Livecall“ Echtzeitkontakte mit real lebenden Personen geschuldet waren. d) Das Widerrufsrecht ist auch nicht nach § 356 Abs. 4 Nr. 1 BGB erloschen, da die Beklagte die Dienstleistung noch nicht vollständig erbracht hat. Angesichts des Ratenzahlungsplanes ist davon auszugehen, dass die Dienstleistungen der Beklagten bis 06.11.2024 für den Kläger zur Verfügung gestanden hätten, in diesem Zeitraum also ein Coaching erfolgt wäre und somit die Dienstleistung bis dahin erst vollständig erbracht worden wäre." | | | | 7. | LG Lübeck: 350,- DSGVO-Schadensersatz für Deezer-Datenleck im Darknet | Ein Betroffener des Deezer-Datenlecks hat einen Anspruch auf 350,- EUR DSGVO-Schadensersatz. Bereits in dem Fehlen einer Auftragsdatenverarbeitung liegt ein Datenschutzverstoß (LG Lübeck, Urt. v. 04.10.2024 - Az.: 15 O 216/23). Der Kläger war Nutzer der Musik-Streaming-Plattform Deezer und klagte auf Schadensersatz aufgrund eines Datenlecks. Deezer hatte 2019 Nutzerdaten an einen externen Dienstleister weitergegeben, der die Daten nicht ausreichend geschützt hatte. Durch einen Hackerangriff gelangten die Daten ins Darknet, wo sie öffentlich zugänglich waren. Dezer hatte lediglich mit dem externen Mutterkonzern M eine Auftragsdatenverarbeitung abgeschlossen, nicht jedoch mit der Tochtergesellschaft O. 1. Datenschutzverletzung aufgrund fehlender Vereinbarung über Auftragsdatenverarbeitung: Bereits durch die Tatsache, dass keine Vereinbarung über die Auftragsdatenverarbeitung nach Art. 28 DSGVO mit der Firma O vorliege, führe zu einer rechtswidrigen Datenübermittlung, so das Gericht: "Entsprechendes gilt für eventuelle Unterauftragsverarbeiter: diesen muss ebenfalls verbindlich durch Vertrag oder ein anderes Rechtsinstrument dieselben Datenschutzpflichten auferlegt worden sein wie dem Auftragsverarbeiter selbst, § 28 Abs. 4 DSGVO. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, so stellt sich (…)auch die Übermittlung der Daten von dem Verantwortlichen an den Auftragsverarbeiter oder Unterauftragsverarbeiter als rechtswidrig dar (…). Diese vorgenannten Voraussetzungen für die rechtskonforme Übermittlung geschützter Daten an Auftragsdatenverarbeiter wurden hier nicht beachtet. Dabei kann dahinstehen, ob die O. als Auftragsdatenverarbeiter oder - wie dies der Vortrag der Beklagten nahelegt - als Unterauftragsdatenverarbeiter der M. tätig wurde. Denn nach dem insoweit unstreitigen Sachverhalt liegt weder ein den Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 DSGVO genügender Auftragsverarbeitungsvertrag zwischen der Beklagten und der O. vor - an welche aber dennoch die Daten herausgegeben wurden -, noch ein Unterauftragsverarbeitungsvertrag zwischen der O. und der M.. Auch auf entsprechenden Hinweis vom 8. Mai 2024 erfolgte hierzu kein weiterer Sachvortrag. Eine wirksame Übertragung von Datenschutzverpflichtungen auf die O. lag damit entgegen der Vorgaben der DSGVO zu keinem Zeitpunkt vor." Dabei sei es unerheblich, dass mit der Muttergesellschaft M ein solcher Vertrag vorliege. Denn daraus lasse sich nichts für das Tochterunternehmen O ableiten: "Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass es „marktüblich und nicht zu beanstanden“ sei, „dass Verträge innerhalb eines Konzerns von der Muttergesellschaft (auch mit Wirkung für verbundene Unternehmen) abgeschlossen werden“. Dies überzeugt die Kammer nicht. Nach deutschem und europäischen Gesellschaftsrecht handelt es sich auch bei konzernverbundenen Gesellschaften grundsätzlich um rechtlich selbständige Rechtspersönlichkeiten. Eine automatische Verpflichtung der Konzerntochter durch einen Vertrag der Konzernmutter findet nicht statt, so dass auch vertragliche Datenschutzpflichten der Konzernmutter nicht ohne weiteres zugleich sämtliche Töchter verpflichten. Entsprechend nimmt es nicht Wunder, dass auch in der einschlägigen datenschutzrechtlichen Literatur betont wird, dass es sich bei konzernverbundenen Gesellschaften um getrennte Organisationen handelt und auch datenschutzrechtlich eine Privilegierung von Konzernen nicht stattfindet (…)." 2. Beweislast-Umkehr bei konkreter Benennung der Darknet-Veröffentlichung: Grundsätzlich obliege die Beweislast dem jeweiligen Anspruchsteller. Gebe der Betroffene jedoch genaue Fundstellen im Darknet an, auf denen die Deezer-Dateninformationen veröffentlicht worden seien, könne Deezer diese Tatsache nicht einfach mit Nichtwissen bestreiten. Die Beweislast drehe sich in diesen Fällen vielmehr um. müsse es als weltweit operierendes Unternehmen, das über entsprechende Ressourcen verfüge, entsprechend Stellung nehmen: "Dabei hat die Kammer eingehend gewürdigt, dass die Beklagte allerdings mit Nichtwissen bestreitet, dass die Daten veröffentlicht wurden. Der Beklagten steht es jedoch zur Überzeugung der Kammer nicht zu, die vorgetragene Veröffentlichung der Daten mit schlichtem Nichtwissen zu bestreiten. Die Klägerseite hat insoweit mit Schriftsatz vom 07.03.2024 konkret vorgetragen, welche ihrer Datenpunkte auf welcher konkreten Seite im Darknet veröffentlicht wurden. Dies darf die Beklagte nicht mit Nichtwissen bestreiten. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist insoweit geklärt, dass eine Erklärung mit Nichtwissen auch außerhalb des Bereichs der eigenen Handlungen und eigenen Wahrnehmung der Partei unzulässig ist, wenn und soweit eine Informationspflicht der Partei hinsichtlich der vom Gegner behaupteten Tatsachen besteht (….). Dies ist hier der Fall. Denn gem. Art. 33 Abs. 3 c), Abs. 4 DSGVO ist der Verantwortliche – hier mithin die Beklagte – im Falle einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten verpflichtet, über die wahrscheinlichen Folgen der Verletzung des Schutzes der Daten ebenso zu informieren, wie über die Maßnahmen zur Behebung der Verletzung sowie zur Abmilderung der möglichen nachteiligen Auswirkungen. Diese Informationspflichten machen es erforderlich, dass sich die Beklagte ein eigenes Bild über die vorgetragenen Folgen des Vorfalles, die Wege der Verbreitung der Daten und hierauf aufbauend über etwaige Möglichkeiten zur Abmilderung der Folgen verschafft – zumal es einem weltweit tätigen Unternehmen wie der Beklagten ganz offenkundig technisch unproblematisch möglich ist, die entsprechenden Informationen beizuziehen. Dass es der Beklagten unzumutbar gewesen sein soll, auf der entsprechenden Seite im Darknet zu prüfen und zu sichern, welche konkreten Informationen dort verbreitet werden, ist nicht nachvollziehbar vorgetragen. Soweit die Beklagte insoweit ausführt, es sei ihr nicht zuzumuten, sich „in einem illegalen Forum anzumelden“ ist dieser Vortrag schon nicht einlassungsfähig. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Daten zum Download angeboten wurden. Dass dieser Download an unzumutbare Bedingungen oder Anmeldeprozedere geknüpft wurde, ist weder ersichtlich noch ansatzweise nachvollziehbar vorgetragen. Ebensowenig ist ersichtlich, inwieweit ein zur Beweissicherung, Strafverfolgung, Dokumentation und Unterrichtung der Betroffenen evident erforderlicher, kostenfreier Download der veruntreuten Daten dazu beigetragen haben sollte, „Kriminelle zu unterstützen“." 3. DSGVO-Schadensersatz iHv. 350,- EUR: Das Gericht sprach dem Kläger einen Schadensersatz iHv. 350,- EUR zu. "Des Weiteren liegt auch ein ersatzfähiger Schaden im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO vor. Grundsätzlich ermöglicht Art. 82 Abs. 1 DSGVO den Ersatz materieller und immaterieller Schäden. Ein materieller Vermögensschaden wurde von der Klägerseite nicht vorgetragen. Sie beruft sich jedoch erfolgreich auf das Vorliegen eines immateriellen Schadens. aaa. Als Anknüpfungspunkte für einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO sind hier die von der Klägerseite geschilderten Spam-Emails und Anrufe (im Folgenden bbb.), die vorgetragenen Sorgen und Ängste in Folge des oben festgestellten Datenschutzverstoßes durch die Beklagte (im Folgenden ccc.), die Veröffentlichung der Daten der Klägerseite im Internet (im Folgenden ddd.) denkbar und/oder die Übermittlung von Daten der Klägerseite an die für den Datenschutzvorfall Verantwortlichen an sich (im Folgenden eee.)." Und weiter: "bbb. Auf die von der Klägerseite geschilderten Spam-Emails und die bei ihr eingehenden Anrufe kann sich die Klägerseite – und das Gericht erlaubt sich an dieser Stelle zu ergänzen: ganz offensichtlich – nicht berufen. Die Beklagtenseite hat insoweit nachvollziehbar bestritten, dass diese Emails und Anrufe etwas mit dem streitgegenständlichen Datenschutzvorfall zu tun haben und taugliche Beweisangebote der Klägerseite dafür, dass diese Anrufe bzw. Emails konkret durch den hier behandelten Datenschutzvorfall ermöglicht wurden, fehlen naturgemäß. Es ist insoweit dem Gericht aus eigener Anschauung bekannt, dass jedermann das Risiko trägt, Gegenstand derartiger Emails und Anrufe zu werden und entsprechend in keiner Weise nachvollzogen werden kann, aus welcher Quelle die hierfür Verantwortlichen die benötigten Daten, insbesondere die Emailkennung oder Telefonnummer beziehen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich jedweder Anscheinsbeweis dahingehend, dass vorliegend der streitgegenständliche Datenschutzvorfall Quelle der benötigten Daten für die Anrufe bzw. Emails war. Dies gilt ausdrücklich auch im Hinblick auf eine etwaige zeitliche Koinzidenz der Anrufe/ Emails mit dem hier verhandelten Vorfall bei Deezer. Diese erhöht zwar die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kausalzusammenhang bestehen könnte, bietet jedoch keinen hinreichenden Beweiswert, um diese Behauptung aus dem Reich der bloß irgendwie plausibel klingenden Spekulation in den Bereich des gerichtlichen Vollbeweises zu erheben. ccc. Vorliegend liegt ein Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO jedoch in den geltend gemachten Ängsten und Sorgen der Klägerseite begründet." Anmerkung von RA Dr. Bahr: Pyrrhus-Sieg der Klägerseite Auf den ersten Blick erscheint die Klage des Betroffenen als erfolgreich, da ihm 350,- EUR zugesprochen wurden. Bei näherer Betrachtung ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Es handelt sich im Ergebnis vielmehr um einen (finanziellen) Pyrrhus-Sieg. Der Kläger hatte nämlich die Zahlung von mindestens 3.000,- EUR Schadensersatz geltend gemacht und daneben noch weitere Begehren (Unterlassung, Auskunft, Feststellung und Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten) vorgetragen. Alle diese Forderungen wies das Gericht zurück und legte zudem der Klägerseite auch die volle Kostenlast für das gerichtliche Verfahren auf. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Gericht hat für Deezer explizit die Berufung zugelassen. | | | | 8. | VG Karlsruhe: Handgel mit desinfizierender Wirkung ist Biozid-Produkt und darf nicht als Kosmetikprodukt vertrieben werden | Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit einem den Beteiligten zwischenzeitlich bekanntgegebenen Urteil die Klage einer Drogeriemarkt-Betreiberin abgewiesen, mit der sich diese gegen eine Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen gewandt hatte (3 K 2412/22). Die Klägerin betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Sie bietet unter der Bezeichnung „Reinigungs-Handgel“ sowie „Reinigendes Handgel“ drei Produkte ihrer Eigenmarken in farbigen Kunststoffbehältern an, die mit Schmetterlingen, Clementinenspalten oder Häschen verziert und jeweils mit einem Henkel versehen sind. Das Regierungspräsidium Tübingen hatte mit Verfügung vom 14.06.2022 das Inverkehrbringen dieser Produkte untersagt, solange diese nicht über eine Zulassung nach der sogenannten Biozid-Verordnung der Europäischen Union oder eine entsprechende Registrierung verfügten. Die Produkte enthielten als Hauptbestandteil Ethanol (Alkohol) und müssten bei der Verwendung ebenso wie ein Biozid-Produkt einige Zeit auf der Haut einwirken. Daher seien die Regelungen der Biozid-Verordnung anwendbar. Zur Begründung ihrer auf die Aufhebung der Untersagungsverfügung gerichteten Klage hatte die Klägerin insbesondere geltend gemacht, dass es sich um Kosmetikprodukte handle. Für diese sehe das Unionsrecht eigene Regelungen in der sogenannten Kosmetik-Verordnung vor. In den Reinigungsgelen sei jeweils mindestens ein Duftstoff sowie ein Inhaltsstoff mit pflegender Wirkung enthalten. Sie würden als kosmetische Mittel angeboten und erweckten für den Verbraucher nicht den Eindruck eines Biozid-Produkts. Die Biozid-Funktion sei allenfalls zweitrangig. Dem ist die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe nicht gefolgt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2024 Beweis durch eine Inaugenscheinnahme der drei Produkte erhoben und anschließend entschieden, dass die Untersagungsverfügung rechtlich nicht zu beanstanden sei. Die Biozid-Verordnung sei anwendbar. Zwar seien Kosmetikprodukte von deren Anwendungsbereich ausgenommen, allerdings treffe dies auf die Reinigungsgele der Klägerin nicht zu. Die Unterscheidung zwischen einem Biozid-Produkt und einem kosmetischen Mittel richte sich nach einem abstrakt-objektiven Maßstab. Es komme darauf an, wie das Produkt für einen durchschnittlichen Verbraucher in Erscheinung trete. Bei den Reinigungsgelen der Klägerin sei ein Alkoholgeruch unmittelbar nach dem Auftragen intensiv wahrnehmbar. Auch seien deutliche Warnhinweise auf den Kunststoffbehältern angebracht, die unter anderem auf eine hohe Entzündlichkeit der Produkte aufmerksam machten. Die Reinigungsgele würden in den Ladengeschäften zwischen den Handdesinfektionsmitteln platziert. Insgesamt gehe der Verbraucher nicht von einem Kosmetikprodukt aus. Die Reinigungsgele seien für eine Anwendung ohne Wasser gedacht und zielten auf das selbständige Abtöten von Keimen und Bakterien ab. Solchen Mitteln fehle der für ein Kosmetikprodukt erforderliche Reinigungseffekt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann einen Antrag auf Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim stellen. (SC) Quelle: Pressemitteilung des VG Karlsruhe v. 07.10.2024 | | | | 9. | LG Paderborn: Automatische Übermittlung von Positivdaten an SCHUFA durch berechtigtes Interesse gerechtfertigt | Die automatische Übermittlung von Positivdaten an die SCHUFA bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages ist durch das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO gerechtfertigt (LG Paderborn, Urt. v. 02.09.2024 - Az.: 3 O 96/24). Der Kläger forderte von dem Telekommunikationsunternehmen, mit dem er einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen hatte, eine Entschädigung nach Art. 82 DSGVO. Grund dafür war, dass ohne seine Zustimmung Positivdaten an die SCHUFA übermittelt worden waren. Er vertrat die Auffassung, dass diese Übermittlung eine Datenschutzverletzung darstelle. Das Landgericht Potsdam teilte diesen Standpunkt jedoch nicht und wies die Klage ab. Die Übermittlung der Positivdaten sei durch die berechtigten Interessen (Art. 6 Abs.1 f) DSGVO) gerechtfertigt: "Es liegt bereits kein Verstoß der Beklagten gegen die DGVO durch Weitergabe der streitgegenständlichen Positivdaten an die S. Holding AG vor. (…) Zwar liegt keine Einwilligung des Klägers in die Weitergabe der Daten gemäß Art.6 Abs.1 S.1 lit. a) DSGVO vor, obwohl in seinem Vertragsformular entsprechende Hinweise vorhanden waren. Allerdings folgt die Rechtfertigung für die Weitergab der Daten aus Art.6 Abs.1 S.1 lit. f) DSGVO. (…) Die Übermittlung der Positivdaten dient der Wahrung berechtigter Interessen." Und weiter: "An dieser Stelle ist anzufügen, dass auch der Generalanwalt beim EuGH ein berechtigtes Interesse von Teilnehmern im Wirtschaftsverkehr bzgl. der Beurteilung der Zahlungsbereitschaft potentieller Vertragspartner durch Dienstleistungen, insb. Auskünfte, von Wirtschaftsauskunfteien, namentlich der S., anerkennt (Generalanwalt beim EuGH (Priit Pikamäe), Schlussantrag vom 16.03.2023 – C-26/22, C-64/22, ReckRS 2023 4638, Rn. 63). Die Weitergabe von Positivdaten dient neben der Betrugsprävention auch dem Interesse der betroffenen Personen an einer höheren Genauigkeit ihres Scorings, einer abgewogeneren Beurteilung von Negativdaten und einem Schutz vor Überschuldung (vgl. hierzu Paal, in NJW 2024, 1689 Rn. 13). (...) Die Übermittlung der Positivdaten war auch erforderlich zur Wahrung der berechtigten Interessen. Grundsätzlich muss sich jede Verarbeitung personenbezogener Daten auf das absolut erforderliche Maß beschränken. Die Erforderlichkeit fehlt dann, wenn das berechtigte Interesse ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger stark in die Rechte der betroffenen Person eingreifen. Insbesondere ist – unter Beachtung des Grundsatzes der Datenminimierung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO – zu prüfen, ob der Zweck mit weniger personenbezogenen Daten erreicht werden kann (LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 49, juris, m.w.N.). Die Erforderlichkeit für die oben genannten berechtigten Interessen wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. So hat das Landgericht München I die Erforderlichkeit für Zwecke der Verbesserung von Abschlussquoten, der Inklusion finanziell schwacher Verbraucher und der Funktionalität von Auskunfteien verneint (LG München I, Urteil vom 25.04.2023 33 O 5976/22, ZD 2024, 46 Rn. 100 ff.). Die Erforderlichkeit insbesondere zur Betrugs- und Überschuldungsprävention sowie zur Präzisierung der Ausfallprognosen, und teils auch zur Funktionalität des Auskunfteiwesens wird jedoch vielfach bejaht (vgl. LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 50, juris, m.w.N.; LG Gießen, Urteil vom 03.04.2024 – 9 O 523/23 Rn. 17 - juris). Mögliche mildere Mittel werden dem hochautomatisierten Massegeschäft der Telekommunikationsdienstleister nicht gerecht." | | | | 10. | Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr online: "Provisions-Verbote im Affiliate-Marketing - und wie Sie sie vermeiden können" | Aus der Website Boosting #82, dem führenden Magazin für SEO, SEM, Usability und E-Commerce, gibt es einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr zum Download. Provisions-Verbote im Affiliate-Marketing - und wie Sie sie vermeiden können In der letzten Zeit mehren sich die gerichtlichen Entscheidungen, bei denen Affiliate und Merchant gegen ein gesetzliches Provisionsverbot verstoßen. Die Folge ist dann, dass der Affiliate trotz erbrachter Leistung keinen Anspruch auf Vergütung hat. Bereits empfangene Gelder muss er dann sogar noch zurückzahlen. Der denkbar schlechteste Ausgang also für den Affiliate. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe eines solchen Affiliate-Verbots und weist (die begrenzten) Möglichkeiten auf, wie ein Affiliate sich vor einem solchen Risiko schützen kann.
Der Aufsatz ist hier online und kann hier als PDF heruntergeladen werden. | | | | | | Allgemeine Informationen zum Newsletter |
| | | | | | | | | Fragen? Sollten Sie weitere Fragen zu den in diesem Newsletter angesprochenen Themen haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Zur Kanzlei-Homepage gelangen Sie hier. Und hier finden Sie unsere Kontaktdaten.
| | | Archiv Dieser Newsletter ist ein kostenloser Service der Kanzlei Dr. Bahr. Sollten Sie die vorherigenden Newsletter verpasst haben, so können Sie diese hier abrufen.
| | | | | | | | | | | | | RSS-Feed Sie können unsere täglichen News auch als RSS-Feed abonnieren. Hier finden Sie alle weiteren Informationen.
| | | Messenge Service Sie können unsere täglichen News auch als Messenger Service direkt auf ihr Smartphone erhalten. Hier finden Sie alle weiteren Informationen.
| | | | | |
|
|