| | Die einzelnen News | | 1. | OLG Bamberg: Bei Facebook-Scraping-Vorfällen kein pauschaler DSGVO-Schadensersatz | Auch das OLG Bamberg hat sich nun in die Reihe der ganz überwiegenden Ansicht der Oberlandesgerichte eingereiht und hat festgestellt, dass bei Facebook-Scraping-Vorfällen kein Anspruch auf pauschalen DSGVO-Schadensersatz besteht (OLG Bamberg, Urt. v. 11.06.2024 - Az.: 10 U 58/23e). Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung waren die Scraping-Ereignisse auf der Online-Plattform Facebook. Die Klägerin verlangte von dem Social Media-Anbieter Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO. Zu Unrecht, so die Bamberger Richter, denn der Kläger habe keinen ausreichenden Schaden nachgewiesen: "Nach Auffassung des Senats kann die Frage, ob eine betroffene Person einen „immateriellen Schaden“ im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO erlitten hat, nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls festgestellt werden. Dies wiederum setzt konkreten, auf den Einzelfall bezogenen Sachvortrag dazu voraus, dass und aufgrund welcher Umstände die Klagepartei einen „immateriellen Schaden“ erlitten hat. Diesen Voraussetzungen wird das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Dieses besteht gerichtsbekannt aus Textbausteinen, welche die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in einer Vielzahl von anhängigen Verfahren in identischer Form verwendet haben, und das sich in pauschalen, nicht auf die konkrete Person der Klägerin bezogenen Behauptungen erschöpft (OLG Köln, Urteil vom 7. Dezember 2023 – I-15 U 108/23, juris Rn. 47; OLG Stuttgart, Urteil vom 22. November 2023 – 4 U 20/23, juris Rn. 316)." Und weiter: "Der Senat vermag seiner Entscheidung daher nur den Vortrag der Klägerin in ihrer informatorischen Anhörung vor dem Landgericht, den diese zur Konkretisierung des unzureichenden schriftsätzlichen Vorbringens gehalten hat, sowie die Angaben des nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO bevollmächtigten Klägervertreters im Senatstermin zugrunde zu legen. Danach steht noch nicht einmal fest, dass die von der Klägerin vor dem Landgericht dargestellten negativen Gefühle bei ihr fortbestehen. Die Klägerin, deren persönliches Erscheinen der Senat zur Wahrung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur weiteren Sachverhaltsaufklärung angeordnet hat, ist zum Senatstermin unentschuldigt nicht erschienen. Sie hat sich trotz mehrfachen Hinweises des Senats auf die Bedeutung ihres Erscheinens damit begnügt, ihren Prozessbevollmächtigten eine Vollmacht nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu erteilen. Allerdings konnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Fragen des Senats überwiegend gar nicht oder nur unter Hinweis auf seine „Erfahrungen“ aus Parallelverfahren beantworten. Insbesondere zu der Frage, ob die von der Klägerin beschriebenen negativen Gefühle fortbestehen, konnte der Prozessbevollmächtigte nur spekulieren, dass, wenn dem nicht so wäre, die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hätte. Aktuelle Informationen von der Klägerin hatte er hierzu allerdings nicht erhalten und diese Frage auch mit der Klägerin nicht persönlich erörtert. Daher ist nach der Überzeugung des Senats noch nicht einmal nachgewiesen, dass im Zeitpunkt des Senatstermins die negativen Gefühle der Klägerin fortbestehen, sodass schon aus diesem Grund kein „immaterieller Schaden“ festzustellen ist." | | | | 2. | KG Berlin: Rechtswidrige Kundenbewertungen in Online-Shop können dem Portal-Betreiber zurechenbar sein | Rechtswidrige Kundenbewertungen von Dritten in einem Online-Shop können dem Portal-Betreiber zurechenbar sein. Dies dann der Fall, wenn er die Bewertungen bewusst zur Absatzförderung seines Produkts einsetzt und keine Maßnahmen ergreift, rechtsverletzende Bewertungen zu verhindern (KG Berlin, Urt. v. 10.07.2024 - Az.: 5 U 92/22). Die Beklagte veräußerte Parfüms über ihren Webshop und band dabei auch Kundenbewertungen ein. In den Kundenbewertungen tauchten auch rechtswidrige Äußerungen von Dritten auf (hier: markenrechtswidrige Vergleiche). Die Klägerin vertrat den Standpunkt, dass diese Verstöße der Beklagten zuzurechnen seien. Die Beklagte hingegen berief sich auf die BGH-Entscheidung “Kundenbewertungen auf Amazon”, wonach ein Online-Anbieter grundsätzlich nicht haftet, vgl. unsere Kanzlei-News v. 18.03.2020. Die damaligen Leitsätze waren: "1. Den Anbieter eines auf der Online-Handelsplattform Amazon angebotenen Produkts trifft für nicht von ihm veranlasste Kundenbewertungen keine wettbewerbsrechtliche Haftung, wenn er sich diese Bewertungen nicht zu eigen macht. Für die Beurteilung, ob eine wegen wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch genommene Person sich fremde Äußerungen zu eigen macht, kommt es entscheidend darauf an, ob sie nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Äußerungen Dritter übernimmt oder den zurechenbaren Anschein erweckt, sie identifiziere sich mit ihnen. Dieser Maßstab gilt auch im Heilmittelwerberecht. 2. Ob das Angebot auf der Online-Handelsplattform Amazon eine Garantenstellung mit der Rechtspflicht begründet, eine Irreführung durch Kundenbewertungen abzuwenden, bestimmt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls und bedarf einer Abwägung. 3. Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass Kundenbewertungssysteme auf Online-Handelsplattformen gesellschaftlich erwünscht sind und verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Das Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produkts aus verschiedenen Quellen, zu denen auch Bewertungen anderer Kunden gehören, zu informieren oder auszutauschen, wird durch die Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Bei einem Angebot von Arzneimitteln oder Medizinprodukten kann allerdings das Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit bei der Abwägung zu berücksichtigen sein. 4. Gibt der Anbieter eines auf einer Online-Handelsplattform angebotenen Produkts selbst irreführende oder gefälschte Kundenbewertungen ab, bezahlt er dafür oder können ihm die Kundenbewertungen aus anderen Gründen als Werbung zugerechnet werden, haftet er als Täter, gegebenenfalls Mittäter, eines Wettbewerbsverstoßes." Im vorliegenden Fall bejahte das KG Berlin eine Verantwortlichkeit. Denn der Online-Shop setzte die Bewertungen bewusst zur Verkaufsförderung ein und ergreife auch keine wirklichen Kontrollmaßnahmen: "Die im Rahmen der Bewertungen getroffenen Aussagen sind der Antragsgegnerin auch zuzurechnen (so schon Senat, Beschluss vom 13. Februar 2018 – 5 W 28/18 –, Rn. 105, juris; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Februar 2013 – I-20 U 55/12 –, Rn. 23, juris). Die Antragsgegnerin trifft die bewusste Entscheidung, die Bewertungen als Werbeinstrument einzusetzen, ohne diese zu überwachen oder Rechte Dritter verletzende Handlungen durch den Einsatz von Filtern zu unterbinden. Die von der Antragsgegnerin unternommenen erheblichen Anstrengungen, Kundenbewertungen zu erhalten und diese für potentielle Neukunden als Kauf-Entscheidungshilfe nutzbar zu machen, zeigen, dass auch die Antragsgegnerin Kundenbewertungen im Onlinehandel als in hohem Maße absatzfördernd ansieht. Die antragsgegnerseits zur Absatzförderung vorgenommene Einsammlung und Einbettung von Kundenbewertungen gerade auf der dem Absatz der Ware der Antragsgegnerin dienenden Webseite ist daher nicht mit der – im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat diskutierten – Eröffnung eines dem Meinungsaustausch dienenden Diskussionsforums, etwa im Rahmen einer Leserbriefseite einer Zeitung, zu vergleichen. Die genannte Einbettung von Kundenbewertungen auf der Webseite der Antragsgegnerin ist deshalb nicht nur als Werbung zu qualifizieren, sondern führt auch dazu, dass sich die Antragsgegnerin den Inhalt der Kundenbewertungen zurechnen lassen muss." Und weiter: "Hiergegen sprechen auch nicht die erstinstanzlich angesprochenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Betreffend das Verfahren I ZR 94/13 (Urteil vom 19. März 2015 – Hotelbewertungsportal) ist anzumerken, dass auf der Webseite gerade kein redaktionelles Portal für Parfumbewertungen betrieben wird, sondern in einem Webshop Bewertungen zur Absatzförderung veröffentlicht werden, die in die Vorstellung der einzelnen Waren eingebunden sind. Auch kann sich die Antragsgegnerin nicht auf die Entscheidung I ZR 193/18 berufen. Dort ging es um Kundenbewertungen auf amazon.de, wo der Händler – anders als hier – nicht darüber entscheiden kann, ob Kundenbewertungen überhaupt angezeigt werden. Zudem, so der BGH in dieser Entscheidung, sei der angesprochene Verkehr in den Grundzügen mit dem Bewertungssystem von Amazon vertraut, das unabhängig von direkten Einflussmöglichkeiten der jeweiligen Händler geführt und – anders als hier - durch Amazon auf Verstöße überwacht wird (BGH, Urteil vom 20. Februar 2020 – I ZR 193/18 –, Rn. 19, juris – Kundenbewertungen auf Amazon)."
| | | | 3. | OLG Brandenburg: Apple Macbook mit vorgegebenen Standardoptionen = keine Individualisierung = Fernabsatzrecht nicht ausgeschlossen | Wer online ein Apple Macbook mit vorgegebenen Standardoptionen (Wahl des Prozessors, Größe Arbeitsspeichers, Größe Festplatte und Wahl Grafik) bestellt, hat ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht. Der Widerruf ist nicht aufgrund von Individualisierung (§ 312g Abs. 2 Nr.1 BGB) ausgeschlossen (OLG Brandenburg, Urt. v. 16.07.2024 - Az.: 7 U 133/23). Der klägerische Verbraucher bestellte über eBay ein Macbook Pro. Bei der Bestellung konnte er die persönliche Konfiguration des Geräts in einem Drop-Down-Menü auswählen. Der Kunde konnte zwischen Prozessor (2,3 GHz 8-Core i9 oder 2,4 GHz 8-Core i9 ), Arbeitsspeicher (16, 32 oder 64 GB), Festplattengröße (1 TB – 8 TB SSD) und Grafikkarte (AMD Radeon Pro 5500M mit 4 GB oder AMD Radeon Pro 5500 M mit 8 GB) auswählen. Die Konstruktion der Macbooks durch den Hersteller Apple war so gestaltet, dass die einzelnen Komponenten mit der Hauptplatine fest verlötet und nicht ohne Beschädigung wieder voneinander getrennt werden konnten. Der Kläger wählte eine entsprechende Konfiguration aus. Nach Erhalt der Ware machte er von seinem fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht geltend. Das Unternehmen, das den Notebook verkauft hatte, berief sich auf den Umstand, dass die Hardware individuell zusammengestellt sei und das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 2 Nr.1 BGB ausgeschlossen. Dies gelte insbesondere aufgrun der Tatsache, dass die einzelnen Komponenten dauerhaft verlötet seien. Das OLG Brandenburg sprach dem Kläger ein Widerrufsrecht zu. Die Auswahl im Drop-Down-Menü habe nicht zu einer Individualisierung im Sinne dieser Norm geführt. Ganz allgemein führt das Gericht zunächst aus: "Der Verbraucher kann den geschlossenen Vertrag ohne Begründung widerrufen, unabhängig davon, ob der Verkäufer die vertraglichen Pflichten erfüllt. Der Verkäufer muss also beim Fernabsatzgeschäft damit rechnen, dass der Kunde seinen Kaufentschluss ändert oder die Ware zurückgibt, weil er sie bei einem anderen Anbieter günstiger gesehen hat. Er ist dann darauf angewiesen, die zurückgegebene Ware anderweitig zu veräußern. Dieses Risiko ist dem Verkäufer nicht mehr zuzumuten, wenn die Ware infolge etwa einer Maßfertigung nach Angaben des Käufers nicht ohne weiteres erneut verkauft werden kann (BGH, Urteil vom 19.03.2003 - VIII ZR 295/01, BGHZ 154, 239, juris Rn. 13; Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312g Rn. 22). Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind eng auszulegen. Der Schutzzweck der Vorschrift erfasst nur die Fälle, in denen das Absatzrisiko wegen der Fertigung nach Angaben des Käufers erhöht ist." Auf den vorliegenden Fall übertragen äußern sich die Richter wie folgt: "Das vom Kläger bestellte Notebook unterliegt nicht dem Ausschluss des Widerrufsrechts. Es stellt ein Produkt dar, das nicht nach individueller Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher hergestellt wird. Vielmehr wird es vom Hersteller in verschiedenen Ausstattungen produziert und Angeboten, die vom Käufer bei der Bestellung aus den vom Verkäufer vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten gewählt werden können. Ob das Notebook, wie die Beklagte vorträgt, tatsächlich von Apple auf die konkrete Bestellung des Klägers bzw. der Zwischenhändlerin, von der die Beklagte es bezogen hat, gefertigt wurde, kann dabei dahinstehen. Denn es ist nicht maßgeblich, ob die Produktion der bestellten Ware im Voraus erfolgt oder ob sie zur Vermeidung von Lagerkosten erst entsprechend der Nachfrage vorgenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2003 - VIII ZR 295/01, BGHZ 153, 239, juris Rn. 13). Anderenfalls könnte mit einer nachfrageorientierten Produktion das Widerrufsrecht in bestimmten Fällen eingeschränkt werden. Entscheidens ist vielmehr, dass das Notebook wird nicht nach individueller Auswahl durch den Verbraucher, sondern serienmäßig in bestimmter Bauart hergestellt und hinsichtlich der vier Komponenten Prozessor, Arbeitsspeicher, Grafikkarte und Festplatte gefertigt wird. Die Auswahl des Kunden aus den vom Verkäufer vorgegebenen Möglichkeiten stellt keine vom Kunden für die Produktion vorgenommene Bestimmung im Sinn der Vorschrift dar, weil es an einer individuellen, vom Verkäufer erst mit der Bestellung zu berücksichtigenden Vorgabe fehlt (vgl. OLG München, Urteil vom 18.06.2020 - 31 U 7119/19, NJW-RR 2020, 1248, juris Rn. 67; LG Düsseldorf, Urteil vom 14.09.2016 - 12 O 357/15, juris; MüKOBGB/Wendehorst, § 312g Rn. 17). Vielmehr stellt der Verkäufer verschiedene Varianten des angebotenen Notebooks zur Verfügung, von denen der Käufer gerade nicht abweichen kann. Der Verkäufer kann sich mithin - anders als bei einer Bestellung etwa nach konkreten Maßen - von vornherein die zu liefernde Sache beschaffen und auf Bestellung ausliefern. Da die Auswahlmöglichkeiten für die Käufer vorgegeben und begrenzt sind, ist auch das Absatzrisiko grundsätzlich geringer, als dies bei maßgefertigten Textilien oder Möbelstücken der Fall ist. Jeder Kunde ist in die Lage versetzt, aus den vorgegebenen Varianten auszuwählen, so dass aus der Zahl von Auswahlmöglichkeiten grundsätzlich auch wiederholt dieselbe Bestellung aufgegeben werden wird." Und weiter: “Schließlich steht die von der Beklagten zitierte höchstrichterliche Entscheidung (BGH, Urteil vom 19.03.2003 - VIII ZR 295/01, BGHZ 154, 239) den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen. Zu entscheiden war dort über ein aus Standardbauteilen nach einem „Baukastensystem“ zusammengestelltes Notebook, das nach der tatrichterlichen Annahme mit seiner konkreten Ausstattung nur zufällig einen anderen Käufer finden würde. Im Tatbestand des dort überprüften Berufungsurteils (OLG Frankfurt, Urteil vom 28.11.2001 - 9 U 148/01, juris) ist - anders als im hier zu entscheidenden Fall - nicht die Feststellung getroffen, dass der Kläger dort aus einer Bandbreite von vorgegebenen Ausstattungsmöglichkeiten eines Gerätes wählte. Vielmehr wurde ihm aufgrund einer telefonischen Anfrage vom Verkäufer ein Angebot unterbreitet, das er mit bestimmten Komponenten annahm und zu dem er weitere Komponenten später nachbestellte. Auf die dort maßgebliche Frage, inwieweit die Möglichkeit besteht, die einzelnen Bestandteile zu trennen, kommt es hier demgegenüber nicht an, weil die Bestellung schon nicht nach den individuellen Vorgaben des Verbrauchers vorgenommen worden ist, sondern aus der Angebotsauswahl des Verkäufers bestimmt wurde." | | | | 4. | OLG Dresden: Screenshots von haveibeenpwned.com belegen nicht, dass Kläger von Gravatar-Datenleck betroffen und DSGVO-Schadensersatzanspruch hat | Screenshots von der bekannten Webseite haveibeenpwned.com belegen nicht, dass ein Anspruchsteller vom Gravatar-Datenleck betroffen und einen DSGVO-Schadensersatzanspruch hat (OLG Dresden, Beschl. v. 18.06.2024 - Az.: 4 U 156/24). Inhaltlich ging es um das im Jahr 2021 bekannt gewordene Datenleck beim Onlinedienst Gravatar. Der Kläger war nicht bei Gravatar registriert. Er war jedoch ist mit seiner E-Mail-Adresse als Nutzer bei WordPress.com, einem anderen Dienst der Beklagten, registriert. Nutzer von WordPress.com konnten u.a. mit den angebotenen Funktionen eine Webseite entwerfen. Wenn ein Nutzer ein WordPress.com-Nutzerkonto erstellte, reservierte die Beklagte diesem Nutzer automatisch ein Gravatar-Nutzerkonto für den Nutzernamen. Der Kläger machte nun u.a. einen DSGVO-Schadensersatz iHv. mindestens 3.000,- EUR geltend und legte als Nachweis für die Betroffenheit Screenshots der bekannten Webseite “haveibeenpwned.com” vor. Das OLG Dresden stellte fest, dass dies als Nachweis nicht ausreiche: "Aus dem von dem Kläger vorgetragenen Auszug aus der Webseite von Gravatar ergibt sich nicht, dass ein Datenaustausch zwischen Gravatar und der vom Kläger genutzten Webseite WordPress.com stattfindet. Dort heißt es wie folgt: „If you have registered for an account on WordPress.com, you will also have a Gravatar URL reserved for you based on your WordPress.com username. You can create your Gravatar account by uploading a photo to your WordPress.com profile or by logging in to Gravatar at any time using your WordPress.com credentials. If you don’t yet have a WordPress.com account, you’ll need to sign up for one to use Gravatar.“ Daraus ergibt sich lediglich, dass eine Gravatar URL basierend auf dem Nutzernamen von WordPress.com reserviert ist. Dies hatte die Beklagte in erster Instanz bereits vorgetragen." Und weiter: "Eine Datenübermittlung von WordPress ist diesem Hinweis nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat vorgetragen, dass keine Daten eines Nutzers von WordPress.com an den Dienst Gravatar übermittelt werden. Vielmehr werde das Nutzerkonto und die zugehörige URL (…) lediglich bei der Beklagten intern reserviert, jedoch nicht im Internet „veröffentlicht“. Das reservierte Nutzer-Profil des Klägers mit dem Nutzernamen (…) sei nicht im Internet abrufbar gewesen. Im Übrigen hat die Beklagte zwar das Scraping im Oktober 2020 eingeräumt, aber mitgeteilt, nicht sagen zu können, wann welche Nutzerdaten abgegriffen worden sind. Unabhängig von der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers hat er auch nicht schlüssig vorgetragen, von einem Scarping bei der Beklagten betroffen zu sein. Ob eine positive Meldung hinsichtlich der e-mail Adresse auf der website „haveIbeenpwnd.com„ ausreicht, kann hier offenbleiben, jedenfalls lässt die Vorlage des Screenshots der Seite „haveIbeenpwnd.com“, keinerlei Rückschlüsse darauf zu, wo und wann ein Datenleck aufgetreten ist. Der Kläger ist schließlich bei zahlreichen anderen sozialen Medien - wie Facebook, Instagram, TikTok, Twitter und Pinterest - registriert. Die Vorlage eines Artikels aus der online Zeitschrift „Der Spiegel“ stellt ebenfalls kein taugliches Beweismittel für die Betroffenheit des Klägers dar. Zumal in dem Artikel darauf hingewiesen wird, dass man von einem Datenleck betroffen sein „könnte“, wenn man sich auf einer der Seiten registriert hat." | | | | 5. | OLG Frankfurt a.M.: Online-Vermittlungsportal für Flugreisen muss sämtliche Kosten bei Bestellung ausweisen | Ein Online-Vermittlungsportal für Flugreisen muss sämtliche Kosten, die bei einer Bestellung anfallen, ausweisen. Dies gilt selbst dann, wenn es die Kosten für einzelne Positionen nicht von der Fluglinie erhält (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.04.2024 - Az.: 6 U 108/22). Die Beklagte, ein Vermittlungsportal für Flugreisen im Internet, gab nicht bei allen Reisen die fakultativen Zusatzkosten (hier: Kosten für eine Gepäckbeförderung) an. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen Art. 23 Luftverkehrsdienste-VO. Diese Norm lautet: "Art. 23 Luftverkehrsdienste-V: Information und Nichtdiskriminierung (1) Die der Öffentlichkeit zugänglichen Flugpreise und Luftfrachtraten, die in jedweder Form — auch im Internet — für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, auf das der Vertrag Anwendung findet, angeboten oder veröffentlicht werden, schließen die anwendbaren Tarifbedingungen ein. Der zu zahlende Endpreis ist stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Neben dem Endpreis ist mindestens Folgendes auszuweisen: a) der Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate, b) die Steuern, c) die Flughafengebühren und d) die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mit der Sicherheit oder dem Kraftstoff in Zusammenhang stehen, soweit die unter den Buchstaben b, c und d genannten Posten dem Flugpreis bzw. der Luftfrachtrate hinzugerechnet wurden. Fakultative Zusatzkosten werden auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf „Opt-in“-Basis." Die Beklagte verteidigte sich damit, dass diese Regelung nur für Fluglinien gelte, aber nicht für sie als Vermittler-Portal. Zudem erhalte sie diese Daten gar nicht von allen Airlines, sodass es ihr gar nicht möglich sei, diese immer anzugeben. Das OLG Frankfurt a.M. hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die Norm sei anwendbar, sodass die Beklagte sämtliche Pflichten treffe: "Die Beklagte ist – und das ist der Kern ihrer Verteidigung – der Auffassung, als Vermittlungsportal nicht in jedem Fall Normadressatin zu sein. Sie müsse die Anforderungen dieser Vorschrift dann nicht erfüllen, wenn das Luftfahrtunternehmen die Informationen über die Zusatzleistung, hier: die Kosten für die Beförderung des Gepäcks, nicht preisgebe. (1) Dagegen spricht bereits, dass der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, die Fluggesellschaft Coredon, um die es hier geht, kommuniziere auf ihrer Internetseite www.corendonairlines.com/de sehr wohl auch die Preise für die Gepäckbeförderung. Die Beklagte behauptet dagegen lediglich, dass sich die Informationen zur Gepäckkosten nicht aus der von ihr herangezogenen Datenbank ergeben habe. D. h., das Recherchieren der Gepäckkosten dürfte für die Beklagte im Streitfall aufwändiger sein als üblich, keineswegs aber unmöglich." Und weiter: "(2) Vor allem aber gibt es angesichts der Ratio der Verordnung keinen Grund, Vermittlungsportale von den Verpflichtungen des Art. 23 Abs. 1 Luftverkehrsdienste- VO zu entbinden, wenn sie die erforderlichen Informationen von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht erhalten sollten. Der EuGH hat entschieden, dass die Anforderungen aus Art. 23 Abs. 1 Satz 4 Luftverkehrsdienste-VO selbst in Bezug auf solche Zusatzleistungen einzuhalten sind, die zusammen mit dem Flug gebucht werden können, aber nicht vom Luftfahrtunternehmen, sondern von einem Dritten angeboten werden (EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – C-112/11 – ebookers.com – Rn. 17 f. juris). Das gilt dann erst recht für Zusatzleistungen, die von dem Luftfahrtunternehmen selbst angeboten werden. Die Beklagte sieht das anders und meint, ihr dürfe die Pflicht zur Angabe der Gepäckbeförderungskosten nicht auferlegt werden, wenn sie sich nicht die erforderlichen Informationen beschaffen könne (was, wie oben dargetan wurde, schon nicht zutreffend ist), weil sie als Vermittlungsportal die Funktion erfülle, im Dienste der Verbraucher für eine Vergleichbarkeit der Flugreisekosten zu sorgen. Dieser Aufgabe wird sie gerade nicht gerecht, wenn sie die Kosten für das Gepäck – die gerade bei Billig-Airlines ein erheblicher Preisbestandteil sein können – nicht angibt. Die Beklagte ist also Normadressatin von Art. 23 Abs. 1 Luftverkehrsdienste-VO und verstößt gegen diese Vorschrift. Der Unterlassungsanspruch ist daher aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG begründet." | | | | 6. | OVG Münster: Ladungsfähige Adresse bei Klageerhebung notwendig, trotz nach DSGVO verbotener Datenübermittlung in die USA | Wer vor einem deutschen Gericht klagt, muss grundsätzlich eine ladungsfähige Anschrift angeben. Dies gilt auch dann, wenn sich die Person in den USA aufhält und die Übermittlung personenbezogener Daten aus der EU in die USA unter bestimmten Umständen gegen die DSGVO verstoßen kann (OVG Münster, Beschl. v. 17.06.2024 - Az.. 12 A 806/24). Die Klägerin wehrte sich vor dem Verwaltungsgericht gegen eine behördliche Maßnahme. Das Gericht wies bei Klageerhebung darauf hin, dass es an einer ladungsfähigen Adresse fehle. Die Klägerin antwortete, dass sie sich in den USA aufhalte und keine zuverlässige Anschrift angeben könne. Auch erklärte sie wörtlich: "in den Jahren 2021-2024 mehrfach im Ausland umgezogen" (zu sein) und (über) keine sichere Zustellanschrift in den USA" (zu verfügen) und (ihre Auslandsanschrift gehe) “weder (…) das VG Köln noch das OVG NRW etwas an” und (nach der DSGVO) seien "Übersendungen von personenbezogenen Daten aus der EU in die USA nicht zulässig". Weder das VG Köln noch das OVG Münster überzeugten diese Ansichten. Die Angabe einer ladungsfähigen Adresse sei notwendig, um eine ausreichende Identifizierbarkeit des Klägers zu gewährleisten sowie die Zustellung von Entscheidungen und Ladungen zu ermöglichen. Ausnahmen von dieser Pflicht gebe es nur in besonderen Fällen, wie bei Obdachlosigkeit oder schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen, die im vorliegenden Fall nicht substantiiert geltend gemacht worden seien: "Dass sie in den USA über keine Anschrift verfügt, macht die Klägerin nicht substantiiert geltend; sie vertritt vielmehr - rechtsirrig - die Auffassung, ihre Auslandsanschrift gehe "weder […] das VG Köln, noch das OVG NRW etwas an". Die bloße Behauptung der Klägerin, sie sei "in den Jahren 2021-2024 mehrfach im Ausland umgezogen" und habe "keine sichere Zustellanschrift in den USA" gehabt, lässt jegliche konkrete Anhaltspunkte für das Fehlen einer Wohnanschrift vermissen. Des Weiteren legt die Klägerin auch mit ihrer Zulassungsbegründung nicht ansatzweise dar, dass der Angabe ihrer Anschrift unüberwindliche bzw. nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. Ihr Einwand, nach der Datenschutz-Grundverordnung seien "Übersendungen von personenbezogenen Daten aus der EU in die USA nicht zulässig", verfängt nicht. Die Art. 44 bis 50 DSGVO treffen nach der Kapitelüberschrift Regelungen für die Übermittlung von personenbezogenen Daten "an Drittländer oder an internationale Organisationen". Dass eine angenommene Auslandszustellung unter der Anschrift der Klägerin in den USA eine Übermittlung personenbezogener Daten "an" dieses Drittland beinhaltet, wird mit der Zulassungsbegründung in keiner Weise substantiiert dargelegt. Insofern kann dahinstehen, ob aus den geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken überhaupt ein rechtlich relevantes Geheimhaltungsinteresse erwachsen könnte. Das Verlangen der Klägerin, "nicht mit Zustellungen aus Deutschland in den USA belästigt" zu werden, weil sie hierdurch "Nachteile […] erleiden" könne ("Zeitverlust, Nachsendung aus alten Adressen, Datenschutzfragen, sowie Störung in ihrer Ausbildung und Berufsanbahnung"), gibt für das Vorliegen eines Ausnahmefalles von vornherein nichts her. Schließlich sind auch sonst keine besonderen Umstände dargelegt oder erkennbar, welche die Annahme eines Ausnahmefalles rechtfertigen könnten." | | | | 7. | OLG Stuttgart: Tankstelle darf für Tabakwaren nicht so werben wie spezialisierte Tabakläden | Eine Tankstelle darf für Tabakwarten nicht auf die gleiche Art und Weise werben (hier: Bildschirme im Schaufenster) wie spezialisierte Tabakläden (OLG Stuttgart, Urt. v. 01.08.2024 - Az.: 2 Ukl 2/24). Ein Verbraucherschutzverein verklagte einen Tankstellenbetreiber wegen einer Außenwerbung für Tabakerzeugnisse. An der Tankstelle war über einen Bildschirm hinter der Außenscheibe für zwei Zigarettenmarken geworben und war außerhalb des Verkaufsraums von außen deutlich sichtbar. Das OLG Stuttgart sah dies als Verstoß gegen § 20a TabakerzG an. Diese Norm lautet. "§ 20a Verbot der Außenwerbung Es ist verboten, Außenwerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter zu betreiben. Satz 1 gilt nicht für Werbung an Außenflächen einschließlich dazugehöriger Fensterflächen von Geschäftsräumen des Fachhandels." Das Gericht bewertete die Tankstelle nicht als einschlägigen Fachhandel: "Nach der amtlichen Begründung (BT.-Drs. 19/19495) wird hier der einschlägige Fachhandel privilegiert, mithin der Fachhandel für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter. Diese Ausnahme soll das Werbeverbot ersichtlich vor dem Verdikt der Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen das Übermaßverbot schützen. Ein Verstoß gegen die grundrechtlichen Schutzschranken läge vor, wirkte das Werbeverbot gegenüber „klassischen“ Tabakwarenhändlern erdrosselnd. Für den Bestand dieses hergebrachten Berufszweiges wöge ein Werbeverbot weit schwerer als gegenüber Unternehmen mit einem gemischten Warensortiment. Es beeinträchtigte sie im Kernbereich ihrer wirtschaftlichen Betätigung, weil ihnen eine nach außen wirkende Werbung für ihr Warenangebot im Ergebnis unmöglich gemacht würde und sie damit weitgehend von Laufkundschaft abgeschnitten würden. Vor diesem Hintergrund ist die Ausnahme zu verstehen und zu interpretieren." Und weiter: "Für den Fachhandel charakteristisch ist ein eher schmales, häufig sehr tiefes, in sich geschlossenes Branchen-Sortiment mit Beratung durch speziell geschulte Verkaufskräfte (…). Damit fallen Händler, die (neben anderen Produkten) lediglich Zigaretten anbieten, nicht unter den Begriff des Fachhandels; also nicht Einzelhandelsgeschäfte mit einem gemischten Sortiment (…), namentlich nicht Lebensmittelgeschäfte und Tankstellen (…)…). Dahinstehen kann, ob eine Ausschließlichkeit zu fordern ist, worüber die Parteien streiten oder ob traditionell mit dem Fachhandel für Tabakwaren einhergehende Geschäftsfelder wie insbesondere der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften sowie Annahme und Verkauf von Lotteriescheinen die Zuordnung zum Fachhandel ausschließen. Denn unabhängig davon erfüllt die Tankstelle des Verfügungsbeklagten die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nicht. (1) Eine Tankstelle wird gemeinhin nicht als Fachhandelsgeschäft für Tabakerzeugnisse verstanden. Ihr primärer Zweck ist die Versorgung der Bevölkerung mit Fahrzeugtreibstoffen. Hinzugekommen sind im Laufe der Zeit der Verkauf von Reisebedarf (Getränken, Süßigkeiten etc.) und von Hilfsmitteln, die zum sicheren Betrieb eines Kraftfahrzeugs kurzfristig erforderlich sein können und mit denen sich der Autofahrer selbst weiterhelfen kann (z.B. Motorenöl). Dieser Zuschnitt erlaubt es Tankstellen, ihr Sortiment auch außerhalb der regulären, gesetzlich beschränkten Ladenöffnungszeiten zu verkaufen. (2) Der Verfügungsbeklagte, welcher die für den Ausnahmetatbestand erforderlichen Tatsachen vortragen und glaubhaft machen müsste, hat nichts vorgetragen, woraus sich ergäbe, dass in seiner Tankstelle eine Spezialisierung vorliegt, wie sie von einem Fachhandel zu erwarten wäre (…)." | | | | 8. | LG Erfurt: Kein DSGVO-Schadensersatz bei nicht gewollter Übermittlung an SCHUFA bei Vertrags-Abschluss | Ein Schaden nach Art. 82 DSGVO ist nicht bereits dann gegeben, wenn bei Abschluss eines Handyvertrages ohne Zustimmung Positivdaten an die SCHUFA übermittelt werden. Vielmehr bedarf es der Darlegung eines konkreten Schadens (LG Erfurt, Urt. v. 25.06.2024 - Az. 8 O 1244/23). Der Kläger schloss bei der Beklagten, einem Telekommunikationsunternehmen, einen Mobilfunkvertrag an. Das Unternehmen übermittelte ohne Zustimmung positive Daten des Klägers die SCHUFA. Der sah darin einen DSGVO-Verstoß und verlangte mindestens 5.000,- EUR Schadensersatz. Zu Unrecht, wie das LG Erfurt nun entschied. Denn es fehle bereits an einem konkreten Schaden. Der betroffene Kunde forderte daraufhin Schadensersatz in Höhe von 5.000,- EUR wegen einer angeblichen DSGVO-Verletzung. "Der Kläger hat das Vorliegen eines ersatzfähigen immateriellen Schadens weder dargelegt noch bewiesen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des EUGH (Urteil vom 04.05.2023, Rs. C-300/21 und Urteil vom 14.12.2023, Az. C-340/21 - jeweils zitiert nach juris) ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Verordnung nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen (…). Vielmehr sind „Schaden“ und „Kausalität“ zwei weitere Anspruchsvoraussetzungen i.S.v. Art. 82 Abs. 1 DSGVO, die kumulativ vorliegen müssen (EuGH, Urteil vom 14.12.2023, Az. C-340/21, Tz. 77 - zitiert nach juris)." Und weiter: "Die Annahme eines solchen konkreten Schadens setzt in unionsautonomer Auslegung voraus, dass dieser „tatsächlich und sicher“ besteht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 15.08.2023, Az. 7 U 19/23, Tz. 140 m.w.N. - zitiert nach beck-online). Der schriftsätzliche Vortrag des Klägers zum Schaden beschränkt sich auf allgemein gehaltene Angaben, ohne dass dargelegt wird, wie sich der behauptete „Kontrollverlust“, die „große Sorge, insbesondere auch auf die eigene Bonität“, die „Angst, einer unberechtigten Übermittlung an eine Auskunftei wie der S. Holding AG ausgesetzt zu sein“ und die „Unruhe“ konkret äußern und zu welchen Symptomen sie konkret führen. Dies ist auch in der mündlichen Verhandlung am 04.06.2024 nicht erfolgt. Hier gab der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung an: „Auf den Gedanken mit dem Rechtsstreit kam ich, weil es Online-Werbung von der Kanzlei Legalbirds gibt. Da wurde ich darauf gestoßen, dass man diese Umstände mit der Einwilligung prüfen lassen kann. Nach Erhalt dieser Auskunft war für mich klar, dass die Daten ohne meine Einwilligung weitergegeben worden sind. Dies ist für mich ein Rechtsverstoß. Aus diesem Grund wollte ich dagegen vorgehen. (...) Ich habe bisher keinen Schaden erlitten, mir ist zumindest kein Schaden bekannt geworden.“ | | | | 9. | LG Köln: Bei Urheberrechtsverletzung auf YouTube Abmahnung auch dann notwendig, wenn vorher YouTube-Beschwerdeverfahren durchlaufen | Bei Urheberrechtsverletzungen auf YouTube ist vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Abmahnung erforderlich, auch wenn zuvor das YouTube-Beschwerdeverfahren (Strike und Counter-Notification) durchgeführt wurde. Erfolgt keine Abmahnung, trägt der Kläger im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses die Kosten des Gerichtsverfahrens. (LG Köln, Urt. v. 22.07.2024 - Az.: 14 O 192/24). Es ging um die unerlaubte Veröffentlichung eines Videos auf der YouTube-Plattform. Die Klägerin besaß an der Produktion die Nutzungsrechte und leitete ein entsprechendes Beschwerdeverfahren auf der Plattform ein (Strike-Verfahren). YouTube sperrte daraufhin das Video. Der Beklagte reagierte darauf und erstellte eine Gegendarstellung (Counter-Notification). In der Folge teilte YouTube der Klägerin mit, dass der Inhalt wieder freigeschaltet würde, wenn die Klägerin nicht binnen 10 Tage nachweise, dass sie gerichtliche Schritte gegen die Veröffentlichung eingeleitet habe. Daraufhin leitete die Klägerin eine einstweiliges Verfügungsverfahren ein. Der Beklagte erkannte den Antrag sofort an, sodass es nun nur noch um die Kosten des Rechtsstreits ging. Das LG Köln legte diese der Klägerin auf, da sie nicht vorher außergerichtlich abgemahnt habe. Das Beschwerdeverfahren bei YouTube genüge nicht: "Soweit ersichtlich ist die Rechtsfrage, ob ein (…) einer Abmahnung gleich steht oder diese entbehrlich macht, noch nicht entschieden worden. Die Kammer ist der Ansicht, dass ein solcher (…) grundsätzlich nicht einer urheberrechtlichen Abmahnung im Sinne von § 97a UrhG gleichsteht und diese auch grundsätzlich nicht entbehrlich macht. Zwar mag dies in gegebenen Einzelfällen möglich sein, jedoch ist der hiesige Einzelfall jedenfalls nicht geeignet, durch den (..) die urheberrechtliche Abmahnung obsolet zu machen. Auch die hier unstreitige Counter Notification des Verfügungsbeklagten führt nicht zur Annahme, dass der Verfügungsbeklagte hinreichend Veranlassung zur Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen ihn gegeben hat." Und weiter: "Zunächst geht die Kammer davon aus, dass eine Abmahnung vor der Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich notwendig ist, um die Kostenfolge des § 93 ZPO abzuwenden. (…) Das System von (…) und „Counter Notifications“ bei (…), das den gesetzlichen Anforderungen etwa von § 14 UrhDaG bzw. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 UrhDaG oder Art. 16 DSA entspricht, hat einen gänzlich anderen Sinn und Zweck als das grundsätzliche Abmahnerfordernis. Deshalb ist die Beschwerdemöglichkeit von Rechteinhabern nach Ansicht der Kammer grundsätzlich nicht gleichwertig oder sogar vorrangig zu einer Abmahnung. Denn die oben genannten Normen betreffen Anforderungen an Plattformen, mit denen sie etwa im Fall des UrhDaG eine eigene urheberrechtliche Haftung für die auf ihren Diensten sich ereignenden Urheberrechtsverletzungen abwenden können. Das System dient sicherlich auch der Unterbindung von Rechtsverletzungen im Interesse der Rechtsinhaber. Jedoch sind die Plattformbetreiber (…) kein Ersatz- oder Spezialgericht für Rechtsverletzungen im Internet. Demnach wies (…) nach Eingang der Counter Notification des Verfügungsbeklagten zu Recht die Verfügungsklägerin darauf hin, dass sie binnen 10 Tagen gerichtlich gegen die öffentliche Zugänglichmachung vorzugehen hat. Denn die Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, bleibt den Gerichten, konkret den spezialisierten Spruchkörpern wie der hiesigen Kammer vorbehalten. Dann wiederum ist eine Abmahnung nach § 97a Abs. 1 UrhG aber der Regelfall. Die von B. gewährten 10 Tage genügen auch ohne Weiteres für eine Abmahnung mit einer angemessenen Frist und danach der Einreichung eines Verfügungsantrags. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der vorliegende Sachverhalt keine maßgeblichen Schwierigkeiten tatsächlicher Art aufweist, vielmehr die Rechtsverletzung maßgeblich durch Vergleich der streitgegenständlichen Videos rechtlich bewertet werden kann." | | | | 10. | LG Oldenburg: Für Nachweis eines Wettbewerbsverstoßes genügt Vorlage von Rechnung und Abbuchung | Um einen Wettbewerbsverstoß nachzuweisen, kann es im Einzelfall ausreichen, die entsprechende Rechnung und den Abbuchungsbeleg vorzulegen (LG Oldenburg, Urt. v. 18.03.2024 - Az.: 5 O 2783/23). Der Beklagte betrieb einen Laden. Im vorliegenden Fall wurden beim Einkauf eines Kunden mit EC-Karte anstatt des eigentlichen Kaufpreises iHv. 6,90 EUR vielmehr 6,97 EUR abgebucht. Die Klägerin trug vor, dass hier ein unzulässiges Zahlungsentgelt iHv. 1% erhoben worden sei und legte als Nachweis die Rechnung und die Abbuchung vor. Der Beklagte bestritt diese pauschal. Das LG Oldenburg sah in der Handlung einen Verstoß gegen § 270a BGB, wonach bei bargeldlosen Zahlungsmitteln keine gesonderten Kosten anfallen dürfen. Die Klägerin habe auch ausreichend Nachweise für den Rechtsverstoß vorgelegt: "Der Beklagte hat bei dem Bezahlvorgang am 13.07.2023 über eine Packung Tabak zum Kaufpreis von 6,90 € einen Betrag in Höhe von 6,97 € abgebucht. Soweit er die Abbuchung über 6,97 € bestreitet und behauptet, die Abbuchung sei jedenfalls nicht durch diesen veranlasst worden, ohne dies näher darzulegen und insoweit Beweis anzubieten, ist dieses Bestreiten unbeachtlich. Die Klägerin hat dargelegt, dass abweichend von der Rechnung des Beklagten in Höhe von 6,90 € eine Abbuchung in Höhe von 6,97 € bei der betreffenden Kundin (Verbraucherin) erfolgte. Zur Substantiierung ihres Vortrags legte die Klägerin die entsprechende Rechnung und Umsatzübersicht vor, die hinsichtlich Zahlungsempfänger sowie Datum und Zeit der Abbuchung übereinstimmen." Und weiter: "Weitere Darlegungen zur Substantiierung ihrer Behauptung waren von der Klägerin im Rahmen der Anspruchsbegründung nicht zu verlangen. Grundsätzlich ist es zwar Sache der Klägerin, die Berechtigung der Abmahnung als Voraussetzung des von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruchs vollumfänglich darzulegen und zu beweisen. Dieser Grundsatz erfährt hier jedoch eine Einschränkung, weil der Beklagte als Zahlungsempfänger die wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Mithin trifft hier den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast, in deren Rahmen es ihm auch obliegt, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. Genügt er dieser sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung der Klägerin nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Erst dann, wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast genügt, ist es Sache der Klägerin, für ihre Behauptung sprechende Umstände näher darzulegen und zu beweisen (...). Hierauf hat die Kammer den Beklagten mit Verfügung vom 17.01.2024 hingewiesen. Eine ergänzende Darlegung durch den Beklagten erfolgte auch auf ausdrückliche Nachfrage der Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.02.2024 nicht. Der von dem Beklagten damit zugestandene Vortrag der Klägerin stellt einen Verstoß gegen § 270a BGB dar." | | | | | | Allgemeine Informationen zum Newsletter |
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