| | Die einzelnen News | | 1. | BGH: GmbH-Geschäftsführer hat keinen Anspruch auf Löschung seines Geburtsdatums und Wohnorts aus dem Handelsregister | Die DSGVO begründet für den Geschäftsführer einer GmbH keinen Anspruch darauf, sein Geburtsdatum und seinen Wohnort aus dem Handelsregister entfernen zu lassen (BGH, Beschl. v. 23.01.2024 - Az.: II ZB 7/23). Der Geschäftsführer einer GmbH, der gegen die Aufnahme seines Geburtsdatums und Wohnorts in das offizielle Handelsregister vorging, berief sich BGH auf die DSGVO, um die Löschung dieser Informationen zu erwirken. Der BGH wies sein Anliegen ab und entschied, dass er keinen Anspruch auf Löschung hat. Die offiziellen Leitsätze des Urteils besagen: "1. Der Geschäftsführer einer GmbH hat keinen Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO auf Löschung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts im Handelsregister. 2. Der Wohnort des Geschäftsführers einer GmbH ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. 3. Ein Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 Abs. 1 DS-GVO besteht nicht, wenn die Datenverarbeitung aufgrund von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c DS-GVO zur Erfüllung einer rechtlichen Pflicht des Verantwortlichen erfolgt. Das gilt auch dann, wenn die Verarbeitung zugleich nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO erlaubt wäre. Auch ein Anspruch aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO auf Einschränkung der Verarbeitung besteht in diesem Fall nicht." Das Handelsregister gewährleiste die notwendige und erforderliche Rechtssicherheit, so die Richter. Daher sei eine Verarbeitung auch gegen den Willen des Einzelnen erlaubt: "Sinn und Zweck des Handelsregisters liegen darin, es der Öffentlichkeit zu ermöglichen, sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu unterrichten, und Umstände zu verlautbaren, die für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sind (…) Der Verwirklichung dieses schützenswerten Interesses des Rechtsverkehrs, sich über die Vertretungsverhältnisse der am geschäftlichen Verkehr teilnehmenden Kapitalgesellschaften informieren und vergewissern zu können, dient insbesondere die Eintragung, Speicherung und Offenlegung des vollständigen Namens, Geburtsdatums und Wohnorts eines GmbH-Geschäftsführers (…)." Und weiter: "Die Person des Geschäftsführers gehört zu den Grundinformationen über eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, weil er das vertretungsberechtigte Organ der Gesellschaft ist, das im Rechtsverkehr verbindlich für die Gesellschaft als juristischer Person handeln darf (…). Zur Gewährung eines elementaren Mindestmaßes an Sicherheit für diejenigen, die in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit der Gesellschaft treten und die ein Interesse daran haben, dass die für die Gesellschaft abgegebenen oder entgegengenommenen Willenserklärungen einer vertretungsberechtigten Person mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft zugerechnet werden, gehört daher die Möglichkeit der zuverlässigen Kenntnisnahme der Person, die als Geschäftsführer diese Funktion für die Gesellschaft als gleichsam verlängerter "natürlicher" Arm nach außen wahrnimmt. Um das vertretungsberechtigte Organ im Rechtsverkehr identifizieren zu können, werden der Vor- und Familienname nebst Geburtsdatum und Wohnort im Handelsregister eingetragen (…) und gemäß § 10 HGB zusammen mit dem Gesamteintrag der Gesellschaft der Öffentlichkeit bekannt gemacht (…)." | | | | 2. | BGH: Kommanditist hat keinen Anspruch auf Löschung seines Geburtsdatums und Wohnorts aus dem Handelsregister | Ein Kommanditist hat aufgrund der DSGVO keinen Anspruch auf Löschung seines Geburtsdatums und Wohnorts aus dem Handelsregister (BGH, Beschl. v. 23.01.2024 - Az.: II ZB 8/23). Der Kläger, der Kommanditist war, wehrte sich gegen die Eintragung seines Geburtsdatums und Wohnorts in das amtliche Register. Er berief sich auf die DSGVO und machte einen Löschungsanspruch geltend. Zu Unrecht, wie der BGH nun entschied und das Begehren abwehrte. Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung lauten: "1. Der Kommanditist hat keinen Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO auf Löschung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts im Handelsregister. 2. Der Kommanditist hat keinen Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts durch das Registergericht aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. d, Art. 21 Abs. 1 DS-GVO." Als Begründung für die Datenverarbeitung auch gegen den möglichen Willen des Betroffen führen die Richter die durch das Handelsregister begründete Rechtssicherheit an: "Diese rechtlichen Verpflichtungen des Registergerichts verfolgen ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 2 und 4 DS-GVO. Sie sollen den Schutz der Sicherheit, Lauterkeit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs im kaufmännischen und handelsgesellschaftlichen Bereich gewährleisten. Sinn und Zweck des Handelsregisters liegen darin, es der Öffentlichkeit zu ermöglichen, sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu unterrichten, und Umstände zu verlautbaren, die für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sind (…)." | | | | 3. | BFH: Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten verfassungsgemäß | Schweizer Banken können Informationen zu Konten und Depots deutscher Staatsangehöriger an die deutsche Finanzverwaltung übermitteln. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.01.2024 – IX R 36/21 entschieden. Der BFH sieht in der Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten an die deutschen Steuerbehörden keine Verletzung der Grundrechte der inländischen Steuerpflichtigen. Geklagt hatten Steuerpflichtige, die sich durch Übermittlung der Kontostände ihrer Schweizer Bankkonten in ihren Grundrechten, insbesondere in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, verletzt sahen. Nachdem bereits das Finanzgericht diese Ansicht nicht teilte, bestätigte nun auch der BFH die Verfassungsmäßigkeit der Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten an die deutschen Steuerbehörden. Jedenfalls sei die Übermittlung der Informationen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung gerechtfertigt. Die Bundesrepublik Deutschland sowie mehrere andere Staaten haben sich zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung dazu verpflichtet, Informationen zu Bankkonten auszutauschen. Unter anderem werden hierfür die Kontostände ausländischer Bankkonten an die deutsche Steuerverwaltung übermittelt. Der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten dient der Sicherung der Steuerehrlichkeit und der Verhinderung von Steuerflucht. Urteil vom 23.01.2024 - Az.: IX R 36/21 Quelle: Pressemitteilung v. 28.03.2024 | | | | 4. | OVG Berlin-Brandenburg: Presse kann keine Auskunft über Begnadigungen durch den Bundespräsidenten verlangen | Der für das Presserecht zuständige 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hatte sich mit einem Auskunftsbegehren über Begnadigungen durch den Bundespräsidenten zu befassen. Der Kläger ist Projektleiter eines Vereins, der ein Internet-Portal zur Förderung der Informationsfreiheit betreibt. Daneben ist er nach eigenen Angaben als freier Journalist tätig. Er begehrte von der Pressestelle des Bundespräsidialamtes eine Übersicht sämtlicher Begnadigungen durch den Bundespräsidenten in den Jahren 2004 bis 2021 mit den Namen der begnadigten Personen, dem Aktenzeichen der zugrundeliegenden Straf- oder Disziplinarverfahren, der diesen zugrundeliegenden Verfehlungen und dem Datum der Begnadigung. Die auf Erteilung dieser Auskünfte gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der presserechtliche Auskunftsanspruch beziehe sich allein auf behördliches Handeln im funktionalen Sinn. Der Bundespräsident handele bei der Ausübung des Begnadigungsrechts aber nicht als Behörde, sondern nehme als Verfassungsorgan ihm eingeräumte verfassungsrechtliche Befugnisse wahr. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Urteil vom 4. April 2024 – OVG 6 B 18/22 - Quelle: Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg v. 04.04.2024 | | | | 5. | OLG Bremen: Bei Online-Werbung mit Gütesiegel reicht unauffällige Verlinkung nicht aus | Das OLG Bremen hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass es nicht ausreicht, bei einer Online-Werbung mit einem Gütesiegel (hier: “LGA geprüft”) die näheren Inhalte des Tests nur unauffällig zu verlinken. Der Link muss als Link erkennbar sein. Daran fehlt es, wenn der Text weder unterstrichen noch fett noch in sonstiger Weise optisch hervorgehoben ist (OLG Bremen, Beschl. v. 24.01.2024 - Az.: 2 U 60/23). Das verklagte Unternehmen warb online mit dem Siegel "LGA geprüft". Die Klägerin sah hierin einen Wettbewerbsverstoß, weil die Beklagte die näheren Informationen des Tests nicht offengelegt habe, insbesondere keine Verlinkung vorgenommen habe. Die Beklagte hingegen vertrat den Standpunkt, ihre Webseite hätte damals einen Link enthalten. Das OLG Bremen vertrat den Standpunkt, dass selbst nach dem eigenen Vortrag der Beklagten von einer Wettbewerbsverletzung auszugehen sei. 1. Platzierung von “LGA getestet” reicht für Werbung mit Prüfsiegel aus: Zunächst stellen die Richter klar, dass es ausreiche, wenn die Aussage “LGA getestet” irgendwo in einem Fließtext erscheine. Die Worte müssten nicht besonders hervorgehoben werden: "Nichts Anderes kann gelten, wenn statt eines Prüfzeichens bloß mit der Angabe „LGA geprüft" geworben wird. Die Angabe steht in ihrem Informationsgehalt einem entsprechenden Prüfzeichen nicht nach. Auch wenn dem Verbraucher die konkrete Bedeutung des Begriffs „LGA geprüft" unbekannt sein sollte, so erkennt er doch anhand des Wortes „geprüft", dass hier eine Prüfung stattgefunden haben soll. Er geht auch hier davon aus, dass das Produkt von einer neutralen und fachkundigen Stelle geprüft wurde. Genau wie bei einem Prüfzeichen sind auch hier die Prüfkriterien für den Verbraucher von wesentlichem Interesse (…). Ebenso spielt es keine Rolle, dass das Testergebnis in der Produktbeschreibung im Fließtext eingebettet wurde, ohne dass es besonders hervorgehoben wurde. Es ist nicht erforderlich, dass ein Testergebnis besonders herausgestellt wird. Es kommt allein darauf an, dass dem betroffenen Verkehr signalisiert wird, dass eine Prüfung stattgefunden hat (….). Dies ist aufgrund der Angabe „LGA geprüft" schon wegen des Wortes „geprüft" der Fall. Der Verkehr erkennt daran, dass eine Prüfung durch einen Dritten stattgefunden haben soll." 2. Unauffällige Verlinkung nicht ausreichend: Das Gericht konnte die Frage, ob nun ein Link gesetzt worden war, unbeantwortet lassen, da selbst nach den Erklärungen der Schuldnerin ein Wettbewerbsverstoß zu bejahen sei. Denn eine nur unauffällige Verlinkung genüge nicht: "Es kann offenbleiben, ob die Buchstabenfolge „LGA" in der Produktbeschreibung als Link ausgestaltet gewesen ist, der zu einem Prüfzertifikat führe. Die von der Beklagten behauptete Gestaltung gilt jedenfalls als Vorenthalten wesentlicher Informationen. (…) Anhand der seitens des Klägers vorgelegten Screenshots, die aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtlich sind, ist erkennbar, dass die Buchstabenfolge „LGA" keine besondere Formatierung aufweist, insbesondere keine Unterstreichung, keinen Fett- und Kursivdruck und auch sonst keine Merkmale, die typischerweise auf das Vorhandensein eines Links schließen lassen. Die Beklagte behauptet zwar, die Buchstabenfolge habe eine abweichende Farbgestaltung - hellere graue Farbe - gehabt, dies ist auf den mit der Klageschrift in Farbe eingereichten Screenshots jedoch nicht erkennbar. (…) Davon abgesehen ist die Kennzeichnung als Link nicht ausreichend, weil auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht von einer ausreichenden Kennzeichnung auszugehen ist. Zum einen handelt es sich um eine bloß geringfügige Farbabweichung, die nicht ausreicht, um die Gefahr zu beseitigen, dass der Durchschnittsverbraucher die Information nicht wahrnimmt, zum anderen ist bei Kennzeichnung nur des Namens „LGA" zu befürchten, dass ein Verbraucher, selbst wenn er die unterschiedliche Farbgebung erkennen sollte, dies nicht als Link auf das Prüfzertifikat auffassen würde, sondern als Verweis auf eine Internetseite des Prüfinstitutes, auf der lediglich allgemeine Information über das Prüfinstitut zu erlangen sind." | | | | 6. | OLG Oldenburg: Bloßer Kontrollverlust der eigenen Daten begründet noch keinen DSGVO-Schadensersatz (Facebook-Scraping) | Ein bloßer Kontrollverlust der eigenen Daten begründet noch keinen DSGVO-Schadensersatz. Vielmehr bedarf es konkreter Sorgen, Befürchtungen oder Ängste (OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.02.2024 - Az.: 13 U 43/23). Im Rahmen eines Facebook-Scraping-Falls machte der Kläger Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO geltend. Das OLG Oldenburg wies die Berufung zurück. 1. Sorgen, Befürchtungen oder Ängste grundsätzlich ausreichend: Zwar seien Sorgen, Befürchtungen oder Ängste generell ausreichend, so die Richter: "Der Senat folgt dem Kläger darin, dass mit der angeführten Entscheidung des EuGH die Frage, ob Sorgen, Befürchtungen und Ängste des Betroffenen für sich genommen bereits einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellen, im Sinne des Klägers beantwortet ist. Wie sich weiter bereits aus dem Urteil des EuGH vom 04.05.2023, C-300/21, dort Rn. 44 ff. ergibt, setzt eine Ersatzpflicht gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht voraus, dass dabei eine Erheblichkeitsschwelle überschritten werden müsste." 2. Anspruchsteller muss Schaden nachweisen: Der bloße Kontrollverlust sei jedoch nicht ausreichend. Vielmehr müsse der jeweilige Anspruchsteller auch den eingetretenen Schaden nachweisen: "Soweit der Kläger (…) anführt, der erlittene Kontrollverlust stelle bereits für sich genommen einen Schaden dar, ist ihm ebenfalls nicht zu folgen. (…) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem Urteil des EuGH vom 14. Dezember 2023 nichts Anderes. Zwar hat das Gericht dort ausgeführt, dass der Unionsgesetzgeber unter den Begriff des Schadens insbesondere den bloßen „Verlust der Kontrolle“ über die eigenen Daten infolge des Verstoßes gegen die DSGVO habe fassen wollen (EuGH, Urt. v. 14.12.2023, C-340/21, Rn. 82). Weiter hat die Kammer jedoch klargestellt, dass die Person, die einen Anspruch auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO stütze, nachweisen müsse, dass die negativen Folgen eines Verstoßes auch einen immateriellen Schaden darstellen (vergl. EuGH, a.a.O., Rn. 84). Insbesondere müsse das nationale Gericht, wenn sich eine Person auf die Befürchtung berufe, ihre personenbezogenen Daten könnten in Zukunft missbräuchlich verwendet werden, prüfen, ob diese Befürchtung unter den gegebenen Umständen und im Hinblick auf die betroffene Person als begründet angesehen werden könne (EuGH, a.a.O., Rn. 85)." Und weiter: "Danach ist der Verlust der Kontrolle über die eigenen Daten ein Umstand, der zwar grundsätzlich einen Ersatzanspruch begründen kann, der Anspruchsteller bleibt jedoch in der Pflicht, die negativen Folgen in Form eines materiellen oder immateriellen Schadens darzulegen und ggf. zu beweisen. Ohne die Darlegung solcher negativen Folgen kann weder eine Kompensation von materiellen Nachteilen aus einem Datenverlust, noch eine Kompensation immaterieller Nachteile erfolgen. Der Senat sieht sich daher in seiner im Hinweisbeschluss dargelegten Auffassung durch die angeführte Entscheidung des EuGH vom 14. Dezember 2023 bestätigt, die die Notwendigkeit betont, dass der Kläger nachzuweisen habe, dass negative Folgen auch einen immateriellen Schaden darstellen. Ein folgenloser Kontrollverlust stellt hingegen keinen (immateriellen) Schaden dar (ebenso OLG Hamm, Urteil vom 15. August 2023 – 7 U19/23, juris Rn. 151, 159 f; OLG Stuttgart, Urteil vom 22. November 2023 – 4 U 20/23, juris Rn. 294; OLG Dresden, Urteil vom 5. Dezember 2023 – 4 U 1094/23, juris Rn. 45 f; OLG Köln aaO Rn. 41)." | | | | 7. | LG Düsseldorf: Verspätete DSGVO-Auskunft ist Wettbewerbsverletzung, die durch Verbraucherzentrale verfolgt werden kann | Eine verspätete DSGVO-Auskunft ist eine Wettbewerbsverletzung, die durch die Verbraucherzentrale verfolgt werden kann (LG Düsseldorf, Urt. v. 15.03.2024 - Az.: 34 O 41/23). Die Beklagte betrieb den Online-Shop von Peek & Cloppenburg. Das Unternehmen hatte eine Privatperson angeschrieben und offenstehende Forderungen angemahnt. Der Kunde gab an, dass er die Waren nie bestellt habe und Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden sei. Zudem machte er nach Art. 15 DSGVO einen Auskunftsanspruch geltend. Die Beklagte erteilte die gewünschten Informationen erst nach zwei Monaten und somit verspätet. Die klägerische Verbraucherzentrale machte daraufhin gerichtlich einen Unterlassungsanspruch geltend, dass die Beklagte zukünftig innerhalb der gesetzlichen Frist die DSGVO-Auskünfte zu erteilen hat. Das LG Düsseldorf sah in der DSGVO-Verletzung einen relevanten Wettbewerbsverstoß und gab der Klage statt. 1. Verspätete Antwort ist Verstoß gegen DSGVO: "Die Beklagte hat Herrn (…) erst knapp zwei Monate nach seinem Auskunftsbegehren (…) die geforderte datenschutzrechtliche Auskunft (…) erteilt und damit gegen Marktverhaltensregelungen verstoßen. Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die in der Vorschrift nachfolgend aufgezählten Informationen. Gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DSGVO hat der Unternehmer einer betroffenen Person die Auskunft nach Art. 15 DSGVO unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. Diese Frist hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten." 2. DSGVO-Verstoß = Wettbewerbsverletzung Das LG Düsseldorf bejahte zudem einen Wettbewerbsverstoß. "Bei Art. 12 Abs. 3, Art. 15 DSGVO handelt es sich um Marktverhaltensvorschriften im Sinne des § 3a UWG. Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt, die objektiv der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. (…) Dabei genügt, dass die Vorschrift zumindest auch den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezweckt. Datenschutzrechtliche Bestimmungen weisen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug auf, soweit es um die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten geht, etwa zu Zwecken der Werbung, der Meinungsforschung, der Erstellung von Nutzerprofilen, des Adresshandels oder sonstiger kommerzieller Zwecke (…). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei Art. 12, Art. 15 DSGVO um Marktverhaltensregelungen. Die Auskunftspflicht und die diesbezügliche Frist dienen dem Verbraucherschutz. Sie flankieren die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 13 DSGVO, wonach der Verantwortliche im Sinne von Art. 4 DSGVO vor der Entgegennahme personenbezogener Daten des Interessenten über bestimmte Umstände zu informieren hat. Beide Informations- bzw. Auskunftspflichten dienen dem Interesse des Verbrauchers und sonstigen Marktteilnehmers, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Bei den Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO dienen sie dem Verbraucher zur Entscheidung, ob er mit dem Unternehmen überhaupt in Kontakt treten möchte (…). Die Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO und die Frist in Art. 12 DSGVO dienen im Nachgang zur Geschäftsanbahnung der Vertragsabwicklung. Sie ermöglichen damit dem Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung über sein weiteres Handeln in diesem Geschäftskontakt zu treffen." Anmerkung von RA Dr. Bahr: Höchstrichterlich geklärt ist, dass Verbraucherzentralen DSGVO-Verstöße verfolgen können. Noch unklar ist, ob auch Mitbewerber in diesen Fällen aktiv-legitimiert ist. Der BGH hat Anfang 2023 dem EuGH eine entsprechende Vorlage gemacht, die die Europa-Richter aber nicht entschieden haben. | | | | 8. | LG Frankenthal (Pfalz): Architekt haftet für Falschberatung von KfW-Fördermitteln auch in rechtlicher Sicht | Ein Architekt, der bei der Gebäudesanierung seine Kunden nicht nur in technischer Hinsicht berät, sondern auch Ratschläge zum Erhalt von Fördermitteln erteilt, muss für Schäden einstehen, wenn er die Fördervoraussetzungen fehlerhaft einschätzt. Das hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts in einem aktuellen Fall entschieden. Die Richter betonen, der Architekt könne sich nicht im Nachhinein darauf berufen, er arbeite im Rahmen der Energieberatung nur auf technischer Ebene. Sie gaben der Klage einer Frau aus Ludwigshafen statt, der im Nachhinein die Auszahlung von KfW-Fördermitteln für die energetische Sanierung ihres Hauses verweigert wurde. Die Frau hatte sich zusammen mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann dazu entschlossen, ihr Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen energetisch sanieren zu lassen und wollte dafür möglichst auch Fördermittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau („KfW“) erhalten. Sie ließ sich dahingehend von einem Architekten beraten, der auch Leistungen im Bereich der Energieberatung anbietet. Dieser empfahl, das Objekt in Wohnungseigentum umzuwandeln, da dies eine Voraussetzung für die Gewährung von KfW-Fördermitteln im Rahmen des Programms „Energieeffizient Sanieren“ sei. Entsprechend der Beratung des Architekten stellte das Ehepaar den Antrag auf die Fördermittel noch bevor die Umwandlung des Hauses in Wohnungseigentum vollzogen war. Nachdem die Sanierungsarbeiten durchgeführt und die Umwandlung in Wohnungseigentum abgeschlossen waren, rief das Ehepaar die Fördermittel ab. Die KfW verweigerte jedoch die Auszahlung, da nach den Förderbedingungen nur Eigentümer von bestehenden Eigentumswohnungen antragsberechtigt seien; eine Umwandlung in Wohnungseigentum erst nach Antragstellung genüge dagegen nicht. Die nun entgangenen Vorteile verlangten die Eigentümer von dem Architekten ersetzt. Die Kammer gab der Klage statt. Der Architekt habe nicht nur auf technischer Ebene zugearbeitet, sondern mit seiner beratenden Tätigkeit zu den Fördervoraussetzungen der geplanten Sanierungsmaßnahme eine sogenannte Rechtsdienstleistung erbracht. Da die Information über die Voraussetzungen für die KfW-Förderung der geplanten Maßnahme unzureichend gewesen sei, habe er seine Schutzpflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Hätten die Eheleute den Antrag erst nach der Umwandlung in Wohnungseigentum gestellt, hätten sie die Fördermittel erhalten. Den daraus entstandenen Schaden muss der Architekt nun erstatten. Landgericht Frankenthal, Urteil vom 25.01.2024, Az. 7 O 13/23. Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal (Pfalz) v. 28.03.2024 | | | | 9. | LAG Köln: Anspruch auf Domainübertragung, wenn überhaupt, nur gegenüber Domainhaber | Ein Anspruch auf Übertragung einer Domain besteht, wenn überhaupt, allenfalls gegenüber dem Domaininhaber selbst, jedoch nicht gegenüber sonstigen Dritten (LAG Köln, Urt. v. 16.11.2023 - Az.: 6 Sa 240/23). Es ging bei den Streitigkeiten unter anderem um eine Internet-Domain. Die Beklagte hatte gegen den Domain-Inhaber und weitere Dritte wörtlich beantragt, “die Domain XY an die Beklagte zu übertragen und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber der DENIC abzugeben.” Das LAG Köln äußerte bereits Zweifel, ob es überhaupt jemals einen Anspruch auf Domain-Übertragung geben könne: "Die Widerklage ist auch mit dem Antrag zu 4 unbegründet. Die Beklagte hat hinsichtlich der Website beantragt, die Internetdomain „kfztc.“ an die Beklagte zu übertragen und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber der D abzugeben. Soweit dem Grunde nach angenommen werden könnte, ein solcher Anspruch sei denkbar („Ein Anspruch auf Domainübertragung besteht nie, da es keine Anspruchsnorm gibt, die einen solchen Anspruch begründen kann“ vgl. Härting in: Internetrecht, H. Domainrecht, Rn. 1900) (…)" In jedem Fall sei das Begehren gegenüber allen Personen, die nicht Domain-Inhaber sind, unberechtigt: "Soweit dem Grunde nach angenommen werden könnte, ein solcher Anspruch sei denkbar (…), kommt er nur gegen den Inhaber der Domain in Betracht, denn nur dieser kann gegenüber der DENIC die entsprechenden Erklärungen abgeben. Ein Anspruch gegen einen Dritten, der nicht Inhaber der Domain ist, kommt nicht in Frage. Hier ist der Domaininhaber Herr, also der Vater des Klägers und damit Dritter im soeben genannten Sinn. Dass der Kläger der Beklagten die mietweise Überlassung der Domain angeboten hat, ändert nichts, denn der Vermieter einer Sache muss nicht zugleich Eigentümer - oder in diesem Fall Inhaber - sein. Auch der Annahme der Beklagten, die Inhaberschaft des Vaters sei rechtsmissbräuchlich, hilft ihr nicht weiter; den Vortrag des Klägers, sein Vater sei schon seit über 10 Jahren der Inhaber der Domain, hat die Beklagte nicht mit verwertbare Tatsachen bestreiten können. Im Übrigen könnte eine solche Rechtsmissbräuchlichkeit allenfalls zu einem Schadensersatzanspruch führen, den die Beklagte nicht geltend gemacht hat." | | | | 10. | LG Ravensburg: Vertrag über Online-Business-Coaching unterfällt nicht dem FernUSG | Ein Vertrag über Online-Business-Coaching unterfällt nicht dem FernUSG (LG Ravensburg, Urt. v. 11.07.2023 - Az.: 5 O 25/23). Der Beklagte schloss bei der Klägerin einen Vertrag über Business-Coaching ab. In den Vertragsdokumenten hieß es u.a. “Der Verkauf unseres Produkts findet nur an Unternehmer oder Personen statt, die durch den Kauf des Produkts bewusst und bereits entschlossen ihr eigenes Gewerbe oder Unternehmen aufbauen wollen und somit in Existenzgründung handeln. Es findet kein Verkauf an Verbraucher statt, die in Vororientierung handeln. Der Käufer bestätigt, dass er hierüber aufgeklärt wurde und bestätigt seine Unternehmereigenschaft.” In den AGB stand: “(…) schließt Verträge ausschließlich mit Unternehmern nach § 14 BGB. HC schließt keine Verträge mit Verbrauchern iSd § 13 BGB. Der Kunde versichert bei Vertragsschluss als Unternehmer nach § 14 BGB oder Kaufmann iSd HGB zu handeln." Im Laufe der Vertragsdurchführung zahlte der Beklagte nicht weiter, sondern erklärte den Kontrakt für unwirksam, u.a. weil verbraucherschutzbezogene Regelungen, insbesondere das Fernunterrrichtsschutzgesetz (FernUSG), nicht eingehalten wurden. Das LG Ravensburg folgte dieser Ansicht nicht, sondern verurteilte den Beklagten zur Zahlung: 1. Keine Anwendbarkeit des FernUSG: Das FernUSG sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, so das Gericht. Denn es fehle im vorliegenden Fall an der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten: "Das von der Klägerin angebotene Coaching-Programm erfüllt bereits das Tatbestandsmerkmal der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten nicht. Ausweislich des Vertragstexts soll dem Kunden innerhalb der ersten acht Wochen zwar auch einiges an theoretischem Wissen im E-Commerce-Bereich vermittelt werden, wie etwa zu den Grundlagen und fortgeschrittenen Methoden des Marketings über soziale Netzwerke (…). Zudem hat der Kunde auch Zugang zu einem „exklusiven Videokursbereich“. Diese Leistungen sind zwar als Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten einzustufen. Sie stellen jedoch nur einen untergeordneten Teil des Programminhalts dar. So ist der Vertrag in der Hauptsache nicht darauf ausgerichtet, allein abstraktes Wissen über den bzw. Fähigkeiten zum Aufbau eines Online-Shops zu vermitteln, welche der Kunde dann (später) eigenständig anwenden und umsetzen kann. Vielmehr zielt der Vertrag darauf ab, zusammen mit dem Kunden gezielt einen eigenen Online-Shop aufzubauen und ihn in weiterer Folge auch erfolgreich zu betreiben." Es liege auch kein Fernunterricht vor, da es an der räumlichen Trennung fehle: "Darüber hinaus fehlt es an einer überwiegenden räumlichen Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem iSv § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG. (…) Bei den Coaching-Calls und dem WhatsApp-Support allerdings findet ein solcher unmittelbarer Kontakt statt, womit eine räumliche Trennung nicht gegeben ist. Das individuelle Coaching und Mentoring ist aber gerade Hauptbestandteil des Programminhalts. Hierzu hat die Klägerin dargestellt, dass der Videokurs zwar Zugriff auf 235 Schulungsvideos mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Erklärungen zum Aufbau eines eigenen Online-Shops bei einer Gesamtlänge von 40 Stunden Videomaterial erlaube. Dem stehen allerdings die über sechs Monate hinweg dreimal wöchentlich für je zwei Stunden möglichen Coaching-Calls in Form von Zoom-Meetings entgegen, was sich zusammen bereits auf 144 Stunden nicht räumlich getrennt stattfindender Betreuung summiere. Danach ist insgesamt nicht von einer überwiegend räumlich getrennt erfolgenden Wissensvermittlung auszugehen." 2. Kein Widerrufsrecht aus Verbraucherrecht: Ein etwaiges Widerrufsrecht aus Verbraucherrecht scheitere bereits daran, dass der Beklagte im vorliegenden Fall als Unternehmer gehandelt habe: "1. Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht Verbraucherhandeln (§ 13 BGB) liegt schon dann vor, wenn das Geschäft, das Gegenstand der Streitigkeit ist, im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) geschlossen wird; entscheidend hierfür ist die – objektiv zu bestimmende – Zweckrichtung des Verhaltens. (…) Davon abzugrenzen sind allerdings Geschäfte, die die Entscheidung, ob es zu einer Existenzgründung überhaupt kommen soll, erst vorbereiten sollen, indem etwa die betriebswirtschaftlichen Grundlagen hierfür ermittelt werden (…). Diese fallen unter § 13 BGB, weil die Entscheidung über die Eröffnung eines Geschäfts oder einer Praxis eben gerade noch nicht gefallen ist und damit der direkte Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit fehlt (…)." Und weiter: "Objektiv betrachtet zielt das von der Klägerin. zu erbringende Coaching darauf ab, dem Kunden einerseits das nötige Wissen für den Aufbau und den erfolgreichen Betrieb eines eigenen Online-Shops zu vermitteln und ihn andererseits auch bei der praktischen Umsetzung dessen zu begleiten und zu unterstützen. (…) Das Coaching als solches bewegt sich also gerade nicht nur im Vorstadium einer möglichen Existenzgründung etwa mit dem Ziel, den Kunden auf eine Existenzgründung nur vorzubereiten, sondern hat bereits direkten Bezug zu der selbstständigen unternehmerischen Tätigkeit, da der eigene Online-Shop ja während des Coachings schon umsatzgenerierend betrieben werden soll. Derjenige, der ein Rechtsgeschäft über den Erhalt eines solchen Coachings abschließt, handelt also wegen der objektiven Ausrichtung des Rechtsgeschäfts auf eine Existenzgründung als Unternehmer iSd § 14 BGB." | | | | | | Allgemeine Informationen zum Newsletter |
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