Wahrheitsbehauptungen, egal ob wahr oder falsch, sind totalitär, denn sie töten Freiheit und Individualität, schrieb der Philosoph Alexander Grau am Samstag in seiner Kolumne – anlässlich der Pläne der künftigen schwarz-roten Koalitionäre, verschärft gegen die „Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen“ vorzugehen. Heute entgegnet Grau Cicero-Redakteur Volker Resing: Die Suche nach Wahrheit ist der Kern aufklärerischen Denkens und das Herz westlicher Zivilisation. Wer den Wahrheitsanspruch aufgibt, öffnet dem Totalitären Tür und Tor – nicht umgekehrt. Um Wahrheit und ihr Verhältnis zum Recht geht es auch in einem langen und lesenswerten Essay des Rechtswissenschaftlers Jörg Benedict: Nicht die Corona-Maßnahmen als solche, sondern das mit diesen verbundene Unrecht hat sich tief in die Seelen der betroffenen Menschen gebrannt. Eine Aufarbeitung der Corona-Zeit braucht daher eine ehrliche Betrachtung auch der juristischen Zustände und Zumutungen. Benedict erklärt, warum Juristen bei der Aufarbeitung der Corona-Politik versagen. Es handelte sich nämlich um „epistemisches Unrecht“: Recht, das auf Lügen gebaut ist. Heute ist Marine Le Pen, Präsidentschaftskandidatin des Rassemblement National, wegen Veruntreuung von Geldern durch Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament verurteilt worden. Neben einer Geld- und Bewährungsstrafe verhängte das Pariser Gericht mit sofortiger Wirkung die Strafe der auf fünf Jahre befristeten Unwählbarkeit für politische Ämter. Die Verurteilung Marine Le Pens ist – ganz unabhängig von ihrem Vergehen – ein Desaster für Frankreich. Der Ruch eines politischen Urteils, der im Gesetz selbst angelegt ist, wird die politische Kultur vergiften. Mit Fernwirkungen über die Landesgrenzen hinaus. Dieses Urteil verschärft Frankreichs Krise, meint mein Kollege Ferdinand Knauß – und nicht nur die. Vielleicht muss man einfach ein paar tausend Kilometer nach Osten fliegen, um die Strukturkrise Europas als das zu erkennen, was sie ist: ein permanent scheiternder Lösungsversuch. Fernab dieses Kontinents leben die Menschen nach völlig anderen Regeln. Dominik Pietzcker berichtet von seinen Beobachtungen des chinesischen Alltags: Schlaflos in Schanghai. Donald Trump tritt auf wie der globale Hegemon – doch seine Gegner wissen, wo sie ihn am besten treffen können: beim Dollar. Die überbordende Verschuldung der Vereinigten Staaten bringt das große Land in Bedrängnis. Cicero-Mitherausgeber Dirk Notheis über Amerikas wunden Punkt. In Syrien wurden Angehörige religiöser Minderheiten Opfer gezielter Tötungen. Im Interview mit Ilgin Seren Evisen wirft die Generalsekretärin der Alevitischen Union Europa, Gülay Kurtyiğit, der deutschen Politik Doppelmoral und Ignoranz gegenüber islamistischen Bewegungen vor – auch in Deutschland. Was in Syrien stattfinde, sei, so Kurtyiğit, ein „ethnisch-konfessioneller Vernichtungsfeldzug“. Ihr Ingo Way, Chef vom Dienst Cicero Online |