was so Absurditäten-Dauerfeuer angeht, ist derzeit ja global Hauptsaison. Im Ranking meines privaten Anekdoten-Repertoires an Groteskem rangiert eine Begegnung auf dem Spitzenplatz, die auf dem Bahnsteig der S-Bahn-Station Neugraben stattfand. Während ich dort mit meiner Frau wartete, hörte ich, wie sich ein Mann näherte, der einem schwarzen Mann vor ihm wüste rassistische Beschimpfungen hinterherrief. Weil ich, wenn ich hohen Puls habe, die Klappe nicht halten kann, rief ich in die Richtung des Grölenden, weniger sachlich formuliert, aber sehr sinngemäß, er möge gefälligst damit aufhören. Drei Sekunden später stand sehr dicht vor mir ein sehr großer, sehr tätowierter, sehr breiter Mann in einer grünen Tarnjacke und erwiderte: „Sonst was?!“ Ich wiederum, inzwischen sicher, in wenigen Sekunden einen Einschlag verdauen zu müssen, sagte: „Sonst rufe ich die Polizei." (Ich gestehe: Ich sagte „Bullen", ein kläglicher Versuch „Street Credibility“ vorzutäuschen). Inzwischen war die Bahn eingefahren – und wir, also Hulk, meine Frau und ich, stiegen ein. Er setzte sich mir gegenüber, beugte sich vor, starrte mir in die Augen. „Oh, jetzt hab ich aber Angst“, höhnte er. Ich hatte tatsächlich Angst, aber wollte das natürlich keinesfalls zeigen. Es entwickelte sich ein Dialog, der sich immer weiter hochschaukelte und auf das Unvermeidbare zuzulaufen schien, bis ... ich plötzlich stutzte und fragte: „Was hast du da eigentlich für eine Badekappe auf?“ Es war für eine Sekunde, als würde die Zeit stehen bleiben, dann griff der Mann unter die Kapuze auf seinem Kopf, zog eine rosa Mütze hervor und sagte, plötzlich fröhlich: „Die Mütze? Solche Mützen häkele ich und verkaufe sie auf Goa-Partys!“ Selten in meinem Leben war ich so perplex. In der WochenMOPO, die ab heute für Sie druckfrisch am Kiosk liegt, berichten drei Hamburgerinnen und Hamburger von brutalen Begegnungen im Hamburger Alltag, die nicht glimpflich ausgingen. Geschichten aus der Bahn, dem Supermarkt, von einer Hadag-Fähre. Betroffene berichten: Die Fälle solcher Übergriffe häufen sich. Die Erzählungen der Scharfmacher haben schon längst ihre Wirkung entfaltet, Kristian Meyer hat zum Themenfeld einen treffenden Kommentar geschrieben, schauen Sie mal hier. Meine Geschichte übrigens liegt sechs Jahre zurück, meine Frau und ich waren damals auf dem Weg zu einem Konzert des großartigen Hamburger Rapper-Urgesteins Dendemann. Heute Abend spielt er wieder. Meine Frau und ich fahren mit der Bahn hin. Nadine Rinke hat bereits am Mittwoch eines seiner drei Konzerte besucht, hier finden Sie ihren Bericht. Der ist Danke, gut. Einen guten Freitag wünscht Ihnen: Maik Koltermann [email protected] | |
Die WochenMOPO – jeden Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt! Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
🟥 Rassistische Attacken in S-Bahn und Supermarkt: „Der Hass ist normal geworden” 📦 1000 Stellen in Gefahr: Alarm bei Otto 👍👎 Die Gewinner und Verlierer der Hamburg-Wahl 🧩 Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag ⚽ 20 Seiten Sport: HSV-Trainer im Duell mit dem Lehrmeister 🎨 20 Seiten Plan7: Prachtstücke im Barlach-Haus & die besten Kultur-Events der Woche | | |
⚓ Hamburg und der Norden 🛳 | |
1. Alarm bei Otto: Bis zu 1000 Arbeitsplätze in Gefahr | |
Personal-Kahlschlag bei Otto. Kaum wurde Mitte Februar bekannt, dass der Hamburger Internethändler bundesweit acht seiner 13 Kundenzentren schließen und bis zu 480 Mitarbeiter:innen entlassen will, da rollt schon die nächste Kündigungswelle an. Unter dem Namen „Elevate“ entwickelt der Konzern derzeit ein beispielloses Sanierungsprogramm, mit dem er jährlich 80 Millionen Euro Kosten einsparen will. | |
2. Müll bleibt liegen: Wann jetzt wieder gestreikt wird | |
3. Mann will sechs Stunden SM-Sex – dann ist er plötzlich tot | |
Sonst wird lieber darüber geschwiegen, was hinter den verschlossenen Zimmertüren von Sexarbeiterinnen passiert. In einem aktuellen Gerichtsprozess muss die Domina Jacqueline S. jedoch komplett die Hosen runterlassen. Denn vor zweieinhalb Jahren starb ein Kunde in der Gewalt der 38-Jährigen. Fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge wird ihr vorgeworfen. Und sie selbst macht sich noch mehr Vorwürfe. | |
4. Nach Unfall-Drama in Volksdorf: Riesenspende für trauernde Eltern | |
5. Historischer Ortskern abgebrannt: Millionen-Schaden | |
Der Himmel war mit Qualmwolken bedeckt, der Feuerschein kilometerweit zu sehen: In der Nacht zu Donnerstag sind in Dollern bei Hamburg drei zum Teil historische Fachwerk-Bauernhäuser abgebrannt. Mehr als 200 Kräfte waren im Einsatz. | |
Adornos Erben: Buchvorstellung und Diskussion mit Jörg Später Theodor W. Adorno ist der geistige Vater der Studentenbewegung und der Neuen Linken von 1968, deren Erbe bis heute wirkt und sich in einer liberalen, aufgeklärten Gesellschaft zeigt, die den Kapitalismus bändigen will. Zu einem Zeitpunkt, wo gesellschaftlicher Fortschritt gestoppt werden soll, kann es nützlich sein, sich bei der Buchvorstellung im ROTEN SALON HAMBURG über die Denkschule der „Kritischen Theorie“ einen Überblick zu verschaffen – zum besseren Verständnis der heutigen Zeit. | | |
Zahl des Tages: 24.999.999 … | |
6. Keine Sorge, HSV-Fans, diese Zahlen machen vorm Topspiel Mut | |
Samstagabend, Volkspark, Flutlicht und ein ausverkauftes Haus: Das Zweitliga-Spitzenspiel des HSV gegen Düsseldorf (20.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) wirft seine Schatten voraus. Die wohl spannendste Frage: Schüttelt der HSV die Enttäuschung der Niederlage in Paderborn (0:2) sofort wieder ab? Oder deutet sich womöglich wie so oft in den Vorjahren eine neuerliche Frühjahrs-Depression an? Nimmt man die Statistik als Gradmesser, muss den HSV-Fans nicht bange sein – denn vor allem ein Wert macht richtig Hoffnung! | |
7. Wolfsburgs gefährlichster Mann schwärmt von St. Paulis Trainer | |
🇩🇪 Deutschland und die Welt 🌍 | |
8. Macron warnt vor Krieg mit Russland – und will Atom-Schutzschirm prüfen | |
9. Renten sollen im Sommer kräftig steigen – das ist der Grund | |
🎸 Kultur und Stadtleben 🎬 | |
10. HipHop-Legende Dendemann: Verblüffung bei der ersten Hamburg-Show | |
Sobald es um Dendemann geht, schwingt Ehrfurcht mit. Ehrfurcht und Bewunderung. Bei Kritikern, Kollegen, Fans. Seit den 90ern macht er Musik, mit Eins Zwo, solo, dazwischen und immer wieder auch mit Jan Böhmermann. HipHop-Ikone, der begabteste Rapper der Republik, Wortakrobat, Iron Man der Reimketten, Dende-Legende und ja, auch das: der Mann mit der Pferdelunge. Jetzt – sechs Jahre nach seinem letzten Album – hat er seine aktuelle Tour in Hamburg gestartet. Kann er’s noch? Meine Kollegin Nadine Rinke hatte nach der ersten von drei Hamburger Shows eine eindeutige Meinung dazu ... | |
Kultur-Tipp für Freitag: Fantastische Welten – surreal und schauderhaft | |
Was sind das denn für fantastische Bilder? Der 2012 verstorbene Pariser Künstler Jacques Henri Roger ist einer jener Meister der Zeichnung, der grafischen Kunst, der eine ganz eigene, versponnene, surreale Welt zu erschaffen verstand. Bereits 2018 hat die Galerie Beim Schlump zwischen Sternschanzenpark und Grindelviertel sein Werk präsentiert – jetzt ist es wieder so weit. Galerie beim Schlump: bis 5.4., Mi-Fr 11-18 Uhr, Sa 10-14 Uhr, Dieser Tipp kommt aus Plan7, der Kultur- und Veranstaltungsbeilage in der aktuellen WochenMOPO (jeden Freitag neu am Kiosk, hier im günstigen Kennenlern-Abo). Plan7 – das sind 28 Seiten voll mit Kultur und Inspiration für Ihre Freizeit: Kultur-Tipps für jeden Tag der Woche, Tipps für Gastro-Fans und für Hamburg- und Umland-Entdecker. | | |