Seit 2003 habe ich jedes Jahr das Weltwirtschaftsforum in Davos besucht. Wer glaubt, hier sei eine geheime Weltregierung am Werk, die die politische Agenda setzt, der sitzt einem grossen Irrtum auf. Oder Verschwörungstheoretikern. Es ist viel einfacher: In Davos kristallisiert sich bei winterlichen Temperaturen der gerade vorherrschende Zeitgeist heraus.
In den vergangenen Jahren war dieser Zeitgeist «woke»: Unternehmen bewarben ihre Diversity-Programme, auf den Podien war viel vom Klimaschutz die Rede – sogar Greta war zweimal da –, und in den Pausen gabs Vegi-Sandwiches. Das hat sich abrupt geändert. Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten wird von vielen «Entscheidungsträgern», wie die WEF-Teilnehmer von Klaus Schwab genannt werden, als Signal auch an die Unternehmen verstanden.
Und so wurde am WEF 2025 viel über Deregulierung und Wirtschaftswachstum gesprochen, und in den Pausen hat man Bündnerfleisch-Sandwiches verteilt. Donald statt Greta! Die Verkörperung dieser Stimmungswende war zwar nicht in Davos anwesend, weil er seine Amtseinsetzungsfeier in Washington hatte, trotzdem schwebte Trumps Geist dauernd über dem Kongresszentrum. Der anti-woke Klimawandel, der aus den USA kommt, dürfte wohl auch in der Schweiz noch einiges bewirken.
Gute Lektüre und ein schönes Wochenende.
Patrik Müller, Chefredaktor
Für Sie zusammengestellt von Alexandra Pavlović, Tagesleiterin Online.
2. Im Jahr 2022 und 2023 wurde publik, dass in Schweizer Psychiatrien Therapeuten arbeiteten, die mit suggestiven Fragen falsche Erinnerungen förderten. Eine ganze Patientengruppe geriet unter Verdacht. Das hat Folgen bis heute.
3. Lange verschmäht, gilt Filterkaffee heute als die Krönung des Kaffeetrinkens. Was steckt hinter dieser Verwandlung? Wir haben Matt Winton, einem der besten Baristas weltweit, über die Schulter geschaut.