Liebe Frau Do, wenn Worte des Mitgefühls über einen Anwalt veröffentlicht werden, ist eigentlich schon alles gesagt. Die russische Sängerin Anna Netrebko hat den Krieg in der Ukraine nun doch deutlich verurteilt. Ihre Gedanken seien bei den Opfern dieses Krieges und ihren Familien, ließ sie über ihren deutschen Anwalt erklären. Zudem lässt sie die Öffentlichkeit wissen, dass sie weder Mitglied einer politischen Partei noch mit irgendeinem Führer Russlands verbunden sei. Präsident Putin habe sie nur „eine Handvoll Mal getroffen“. Dass öffentliche Kritik und Auftrittsabsagen Netrebko zu dieser Stellungnahme bewegt haben dürften, ist kein Geheimnis. Tragisch ist es schon. Denn Kunst von Rang ist nie unpolitisch. Und je sturer Künstler das behaupten, desto leichter lassen sie sich vereinnahmen. Ihrer Kunst unbefangen zu begegnen, wird dann fast unmöglich. Netrebko kämpft um ihr Publikum. Doch das wichtigste Gut einer Künstlerin hat sie wahrscheinlich schon verloren: ihre Glaubwürdigkeit. Heute wichtig: Ukraine I: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht noch keine konkreten Ergebnisse der Gespräche mit Russland über ein mögliches Kriegsende. Die Ukraine meldet auch weiter Angriffe. Alle wichtigen Entwicklungen lesen Sie in unserem Newsblog. Ukraine II: Die russische Journalistin Marina Owsjannikowa protestierte mit einer Störaktion im Staatsfernsehen gegen den Krieg – und wurde so weltbekannt. Gestern erzählte sie bei Markus Lanz, was danach passierte. Corona: Trotz der vielen Infektionen fallen am 2. April auch in NRW fast alle Corona-Regeln weg. Die Maskenpflicht gilt nur noch in wenigen Bereichen, auch 3G oder 2G-plus entfallen ersatzlos. Staatssekretär Edmund Heller machte im Gesundheitsausschuss des Landtags deutlich, was er von dieser Entwicklung hält. Recht wenig nämlich. Mehr Hintergründe lesen Sie hier. Gaslieferungen: Aus Moskau gibt es Signale, die darauf hindeuten, dass ein Lieferstopp doch nicht unmittelbar bevorstehen könnte. Putin sicherte Kanzler Scholz in einem Telefonat zu, dass die Bezahlung weiterhin in Euro erfolgen könne, den Umtausch in Rubel solle die Gazprom-Bank übernehmen. Doch wie verlässlich sind solche Zusagen? Wie sich NRW auf einen möglichen Lieferstopp vorbereitet, haben Antje Höning und Kerstin Münstermann recherchiert. Meinung am Morgen: Notfallplan: Dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angesichts der Eskalation des Ukrainekriegs den Notfallplan Gas aktiviert, sei kein Grund zur Panik, schreibt Antje Höning in ihrem Kommentar. Die Ausrufung der Frühwarnstufe bringe Behörden und Versorger an einen Tisch und zwinge die Bundesnetzagentur, Kriterien für die Abschaltung von Industriekunden zu entwickeln. Welche Zweige als erstes betroffen sein könnten, dürfe aber keine Frage von Lobbyarbeit sein, sondern müsse die industrielle Verflechtung berücksichtigen. In jedem Falle steht für Höning fest, dass der Ukrainekrieg den Bürgern noch viel abverlangen werde. Ungarn: Vor der Wahl in Ungarn tritt die Opposition endlich geschlossen auf. Nützen wird ihr das womöglich wenig, schreibt Ulrich Krökel in seiner Analyse. Die dramatische Weltlage stärke Amtsinhaber Viktor Orbán. Der müsse nur abwarten – und werde womöglich schon gewinnen. Reisen: Zu Ostern sind am Flughafen Düsseldorf lange Abfertigungsschlangen zu erwarten. Dass die Bundespolizei es erneut versäumt habe, die Sicherheitskontrollen reibungslos zu organisieren, nennt Reinhard Kowalewsky in seinem Kommentar ein Armutszeugnis. Dass es auch in Krisenzeiten überhaupt wieder Reiselust gibt, sei dagegen positiv. Vor allem, wenn die Menschen verstärkt Ziele in Europa buchten und damit zur wirtschaftlichen Stabilisierung beitrügen. So gesehen: Jeder Mensch hat neben der genetischen auch eine kulturelle DNA. Das ist der verdrehte Stapel an Büchern, die man im Leben so gelesen hat und die mit ihren Einsichten und Fantasien prägen, wie man in die Welt blickt. Dass selbst große Künstler beim Reden über ihren biografischen Kanon gelegentlich bluffen, hat Klaus Maria Brandauer jetzt bekannt. Der Schauspieler ist gerade Gastprofessor an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und erzählte Lothar Schröder im Interview, dass er als Bub einmal vorgab, Heinrich Heine zu lesen, während er in Wahrheit eher Abenteuerromane verschlang. Man hat‘s dem kleinen Brandauer abgekauft. Wie später so viele Rollen. Mogeln Sie sich beherzt durch diesen Tag! Herzlich, Ihre Dorothee Krings Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |