wer hat, dem wird gegeben. Das steht so im Matthäus-Evangelium und ist inzwischen ganz offiziell als „Matthäus-Effekt“ ein Fachbegriff dafür, dass es leichter ist, aus viel noch mehr zu machen als aus nichts ein bisschen. In eher handfestem Umfeld beschreibt man das ähnlich treffend, aber unfreundlicher, mit Luzifers Stuhlgang-Gewohnheiten. Dem sagt man schließlich nach, er neige zum Anhäufen.
Gelegentlich erfährt die Öffentlichkeit von faszinierenden, oft historisch begründeten Sonder-Regelungen, die bereits besonders privilegierten Menschen das Leben noch ein bisschen schöner machen. Vor ein paar Jahren zum Beispiel berichtete die MOPO darüber, dass der Unternehmer Michael Otto als Grundstücks-Eigentümer am Elbhang ein verbrieftes Recht auf freien Blick auf den Fluss hat – und der Bezirk deswegen regelmäßig die Bäume unterhalb seines Anwesens beschneiden ließ. Erstaunlich, fanden wir, auch ohne jede Wertung. Aber das allein zu berichten, hielt manch einer damals schon für Majestäts-Beleidigung.
Jetzt wurde bekannt, dass auch Anwohner in Hochkamp, einer ausgesprochen exquisiten Wohnlage in Nienstedten, mit großen Grundstücken und prächtigen Villen, ein ganz spezielles Sonderrecht innehaben. Sie können einfach per Entscheid verhindern, dass die Stadt auf einem Parkplatz (!), der der Stadt gehört (!) eine vergleichsweise kleine Flüchtlingsunterkunft baut. Es wäre die erste in der Gegend. Man fürchte bei Zugeständnissen langfristig negative Folgen für das ästhetische Gesamtbild des Ensembles, hieß es sinngemäß. Und nur vorsorglich: Sollte jetzt der Deichkind-Song „Auch im Bentley wird geweint" in Ihrem Kopf kreisen – bitte wieder sachlich werden!
Auch in diesem Fall kochen aber die Emotionen hoch. Diesmal bei der SPD, die empört ist und das Verhalten der wohlhabenden Hochkamp-Clique als unsolidarisch brandmarkt. Was wiederum die CDU den gescholtenen Villenbewohnern beiseite springen und über „haltlose Beschimpfungen“ schimpfen lässt.
Als Bibel-Laie hab ich mal zu „Großzügigkeit“ gegoogelt und stieß auf diesen Satz, der für den Banausen ein bisschen nach „Kaffeebecher kippt in den Schritt“ klingt, aber eigentlich natürlich toll formuliert ist: „Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben!“
Na also. Ein schönes Wochenende, am besten mit der aktuellen WochenMOPO, wünscht Ihnen
Maik Koltermann
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