Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
beim Blick zurück auf die vergangenen zwei Jahre fällt auf, wie krisenhaft diese Zeit war und besonders jetzt gerade ist: Pandemie, Klimakrise, Ukrainekrieg, Energiekrise. Für uns Journalistinnen und Journalisten hat das bedeutet, dass das Interesse an Informationen und an unserer Arbeit besonders hoch war. Die Krisen haben aber auch gezeigt, wie wichtig es ist, dass es Kolleginnen und Kollegen mit profunder Sachkenntnis gibt, die helfen können, die Dinge einzuordnen.
Die Anforderungen an Journalistinnen und Journalisten haben sich parallel erhöht, viele freuen sich, neue Kanäle nutzen zu können, um die Ergebnisse ihrer Arbeit als Podcast, als Videostory und auf Instagram zu präsentieren. Inhaltlich aber ist es notwendig, dass Redaktionen sich Fachleute leisten, Expertinnen und Experten für Medizin, für den Klimawandel, für Osteuropa, Außenpolitik, Verteidigung und Militär.
Dass der NDR seit 1968 die Hörfunksendung "Streitkräfte und Strategien" zu sicherheitspolitischen Fragen ausstrahlte, und an ihr festhielt, obwohl sie keine hohen Zuhörerzahlen brachte, war ein Gewinn an sich. Jetzt veröffentlichen die Kolleginnen und Kollegen mehrmals wöchentlich einen Podcast zum Krieg in der Ukraine, der einmal mehr zeigt, welch ein Vorteil es ist, wenn sich jemand in seinem Fachgebiet sehr gut auskennt. Das Interesse und die Zugriffszahlen sind hoch.
Redaktionen sollten sich Fachredakteurinnen und Fachredakteure leisten, oder regelmäßig Freie mit entsprechender Expertise beschäftigen und ihnen die Möglichkeit geben, in ihrem Gebiet auf der Höhe zu bleiben.
Viele in unserem Beruf haben eine umfassende Expertise entwickelt, die ganz woanders liegt als in dem, was sie einmal studiert haben.
Es wäre für unsere Branche aber auch gut, es gäbe eine größere Vielfalt an beruflichen Hintergründen: Studierte Sozial- und Literaturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sind überrepräsentiert. Absolventinnen und Absolventen der Medizin, Naturwissenschaften, Agrarwissenschaft, aber auch der Sozialarbeit gibt es zum Beispiel zu wenig. Ebenso würde es unserer Berichterstattung sicher nicht schaden, wenn es mehr Kolleginnen und Kollegen in unseren Redaktionen gäbe, die vor ihrer journalistischen Ausbildung und Tätigkeit Pflegekräfte, Pädagoginnen, Erzieher oder Handwerkerinnen waren.
Es sind noch gut zwei Monate bis zu unserer Jahreskonferenz am 30. September und 1. Oktober unter dem Motto "Hinschauen und dranbleiben! Recherche in Krisenzeiten". Wir freuen uns sehr darauf, wieder in Präsenz zusammenzukommen, voneinander zu lernen und uns auszutauschen.
Es grüßen
Cordula Meyer,
Albrecht Ude